Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ein Tropfenfänger, um den Tisch sitzend, wie Pflöcke, mit hohlem Kreuz, die Familie Holtmann, der Apfelkuchen duftete warm, vor dem Fenster gackerten die Hühner. Die Zeiten hatten sich geändert, aus grünem Plüsch war brauner Mohair geworden, aus Samtvorhängen einfarbiger Diolen, aus gestickten Decken bunte Leinendrucke, aus Eckenkragen atmungsaktive Perlonhemden – aber im Grunde war es wie bei Großvater in Hamm. Der Mensch, der innere Mensch war der gleiche geblieben. Ein Mensch, den diese Landschaft geformt hatte und in der jede Generation mit dem gleichen Rhythmus aufwuchs, wie die vorherige.
    »Es ist schön hier«, sagte Dr. Sassen und lehnte sich auf dem Sofa zurück. »Es ist saugemütlich.«
    »Herr Direktor …« Elsi Holtmann wurde rot. »Unser Haus ist eben nur ein kleines Arbeiterhaus, und –«
    Hans Holtmann legte seine breiten Hände auf den Tisch.
    »Jeder Stein ist mit denen zusammengetragen worden, Herr Direktor. Damals, als ich baute, gab es noch keine Arbeiter-Kredite oder 7c-Darlehen oder wie das heißt. Um aus der Kolonie rauszukommen, mußte man sich krumm arbeiten. Natürlich gab's Geld, wenn man in der Partei war. Ich war Blockwart bei der Arbeitsfront, aber das war zu wenig. Und um Politik hab ich mich nie viel gekümmert. Uns ging's nur darum, daß im Pütt alles in Ordnung war.«
    Dr. Sassen sah sich suchend um. »Wo ist denn Ihr Sohn?«
    »Auf Schicht!« Hans Holtmann wedelte mit der Hand durch die Luft. »Das gibt's nicht bei mir, daß er 'ne Schicht schwänzt, nur weil Besuch kommt. Auch wenn Sie's sind, Herr Direktor. Die Kumpels unten vor Ort haben da nichts von, sie hätten nur mehr Arbeit, wenn der Kurt einfach hierbleibt und Kaffee trinkt!«
    »Sie sind ein harter Vater, Herr Holtmann.«
    »Es muß alles seine Richtigkeit haben, Herr Direktor.«
    Elsi schnitt den Kuchen an, Barbara schenkte den Kaffee ein. Aus dem Kühlschrank holte Hans Holtmann die Sahne. Er hatte sie fluchend am offenen Fenster mit dem Schneebesen selbst geschlagen.
    »Sie haben auch Tauben?« fragte Dr. Sassen, als er das erste Stück Kuchen gegessen hatte.
    »Und was für welche! Drei sind prämiert! Ich habe da einen Kröpfer bei –«
    »Die sehen wir uns gleich mal an, was?«
    »Sie wollen unters Dach in'n Schlag kriechen, Herr Direktor?« rief Elsi entsetzt. »Mit dem guten Anzug?«
    »Warum nicht?« Dr. Sassen lachte laut und nahm sich noch ein Stück Apfelkuchen. »Als Junge hatte ich auch vier Tauben. Mein Gott – wie lange ist das her –«
    Er fühlte sich zufrieden und irgendwie aus einer Beengung befreit. Mit dem Vorsatz, endgültig Schluß zu machen zwischen Sabine und Kurt Holtmann war er gekommen. Er wollte diese Lösung etwas vergolden, er wollte jovial sein und noch einmal in aller Ruhe die Unmöglichkeit klarlegen, daß die Tochter eines Bergassessors einen Hauer heiratet.
    Was war nun daraus geworden? Er fühlte sich wohl im Kreis dieser biederen Familie. Hier gab es keine Intrigen, keine Überspanntheiten, keine Sorgen um neue Kostüme von Dior, keine schlaflosen Nächte, weil der Ruhrbergbau in einer Absatzkrise steckte, keine nervenzerreibenden Tarifverhandlungen. Hier war das Leben rund.
    Dr. Sassen schob seinen Teller etwas von sich weg. In vier Jahren werden wir Emma II schließen, dachte er. Sie alle wissen es noch nicht. Was wird aus ihnen werden? Die kleine, zufriedene Welt der Buschhausener wird zerstört werden. Konjunktur und Wettbewerb fraßen sie auf … die Kohle, ihr Lebensspender, wurde unrentabel. Es lohnte sich nicht mehr, neue, tiefer liegende Flöze zu erschließen und noch mehr Millionen zu investieren. Unter der Woge des Wohlstandes würde Buschhausen ertrinken und untergehen. In vier Jahren vielleicht –
    »Wir müssen mal über alles reden, Holtmann«, sagte Dr. Sassen langsam. Hans Holtmann nickte. Er stopfte seine Pfeife. Ein Blick zur Seite, und Elsi und Barbara gingen in die Küche, um das Geschirr zu spülen.
    Es wurde ernst. Zwei verschiedene Welten versuchten, zueinanderzufinden.
    Beim Fußballverein Buschhausen war man äußerst erstaunt, als Pater Paul Wegerich in das Vereinshaus kam und Willi Korfeck wie auch Theo Barnitzki wie alte Freunde begrüßte. Man hatte gerade eine Sitzung hinter sich gebracht und war dabei, die Beschlüsse zu begießen. Der Pächter der Vereinswirtschaft, der Altinternationale Bruno Buldaski, hatte gerade die Runde Bier auf sein Tablett gestellt und wollte sie an die Tische bringen, als Pater Wegerich hereinkam und ihm

Weitere Kostenlose Bücher