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Die schöne Ärztin

Die schöne Ärztin

Titel: Die schöne Ärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fest, als er nun zur ganzen Versammlung sagte:
    »Ich war Hauer, meine Herren. Ich stand bis vor zwei Wochen noch vor Ort. Ich habe gesehen, was dem Kumpel fehlt, ich kenne seine Sorgen, denn es sind auch meine Sorgen. Ich habe kein Gymnasium besucht, ich habe kein Abitur, ich war nicht auf der Bergschule oder Universität. Ich habe keinen Doktortitel und bewohne nur ein Siedlungshaus, zusammen mit meinen Eltern. Aber eines weiß ich: Von Ihnen kann die Rettung des Ruhrbergbaus nicht kommen. Ihre Gesichter sagen mir das mit vollkommener Deutlichkeit. Ich will Ihnen das gar nicht näher erklären, es hätte keinen Zweck. Hier ist es um jede Minute schade, die ich noch länger bliebe. Gestatten Sie deshalb, daß ich mich verabschiede. Guten Tag.«
    Er stieß seinen Stuhl zurück und verließ in eisiger Stille den Sitzungssaal. Dr. Vittingsfeld wartete, bis sich die Tür hinter Holtmann geschlossen hatte. Dann klappte er seine Mappe auf und sagte ohne jede Erregung:
    »Meine Herren, nach diesem Intermezzo, das es nicht wert ist, im Gedächtnis behalten zu werden, gehen wir zum Punkt 1 der Tagesordnung über. Herr Dr. Brunnen wird den Wortlaut des Memorandums an die Bundesregierung verlesen …«
    Es war, als habe es nie einen Kurt Holtmann gegeben.
    In diesen Tagen kam auch die kleine, arme Krankenschwester Carla Hatz in die Krankenstation von Emma II zurück. Der Schock war abgeklungen, man hatte ihr eine andere Stelle in Bochum angeboten, aber sie hatte darauf bestanden, wieder zu Emma II zurückzukehren. Alle Vorhaltungen, daß sie unmöglich wieder an der Stelle arbeiten könne, wo sie dieses schreckliche Erlebnis gehabt habe, alle Mahnungen, daß ihre Nerven das nicht aushielten, wischte sie tapfer weg mit dem Satz: »Ich bin stark genug. Ich möchte nach Buschhausen zurück.«
    Nun war sie wieder da, es hatte sich auf der Zeche herumgesprochen, Blumensträuße der Kumpels wurden abgegeben, Pralinenschachteln, Schokolade. Es war eine rührende Begrüßung, die ausdrücken sollte: Wir verurteilen die gemeine Tat. Von uns war es keiner!
    Von der schrecklichen Vergewaltigung in der alten Materialhütte an den Halden sprach sie nicht mehr. Zuverlässig wie vordem tat sie ihren Dienst auf der Unfallstation, tupfte Jod auf die Schrammwunden, verband die aufgerissenen Hände, gab Tabletten aus und versorgte die schwärenden Entzündungen.
    Nur zu Waltraud Born sprach sie noch einmal über ihr Erlebnis. Es war an einem Abend, bevor die Station geschlossen wurde und für den Nachtdienst ein ausgebildeter Zechensanitäter die Wache übernahm.
    »Man könnte herauskriegen, wer es war«, sagte sie ohne Vorankündigung plötzlich. Waltraud Born stieß hervor:
    »Was sagen Sie da, Carla? Man könnte es herauskriegen? Wie denn?«
    »Ich habe ihn verletzt. Daran würde man ihn erkennen. Ich habe, als er über mir lag, beide Hände in seine Hüften gekrallt, Fräulein Doktor. An allen zehn Fingernägeln hatte ich nachher Blut. Er muß noch heute die Narben an den Hüften haben.«
    »Haben Sie das der Polizei gesagt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil die Polizei mit dieser Aussage doch nichts hätte anfangen können. Sie kann doch nicht ganz Buschhausen nackt an sich vorbeiziehen lassen!« Carla Hatz band das Schwesternhäubchen ab und schüttelte ihr schönes, schwarzes langes Haar. In langen Wellen floß es über ihre schmalen Schultern. »Aber Sie können es, Fräulein Doktor.«
    »Ich?« Waltraud Born sprang auf. »Mein Gott, ja, Sie haben recht, Carla. Ich kann es. Ich kann diesen Lumpen finden. Ich weiß, was Sie meinen. Gut, das machen wir. In einer Woche werden wir den Schuft haben.«
    »Ich danke Ihnen, Fräulein Doktor.« Carla Hatz lächelte Waltraud Born an. »Ich habe immer daran denken müssen, wie es sein wird, wenn ich ihm gegenüberstehe.«
    Zwei Tage später hing in der Waschkaue am Schwarzen Brett eine Verfügung der Zechenleitung: »Alle Bergleute unter und über Tage haben sich zu einer Reihendurchleuchtung zur Feststellung von Staublungen oder anderen inneren Schäden im Krankenbau von Emma II einzufinden. Beginn der Röntgendurchleuchtung 15 Uhr und von da ab täglich von 10-12 und 13-17 Uhr. In alphabetischer Reihenfolge und zwar pro Buchstabengruppe zwei Tage lang, um alle Schichten zu erfassen.«
    In Buschhausen wurde darüber heftig diskutiert, aber man erkannte auch an, daß die Zechenleitung etwas für die Gesundheit der Belegschaft tat.
    Und so zogen am Dienstag die ersten Bergmänner, nackt bis

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