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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Überall sind Fotos, Kameras, Leuchten. Baroni und er liegen mitten im Raum, eine geblümte Decke über ihnen, ein Polster mit einem aufgedruckten Tiger neben Max. Er richtet sich auf, schaut sich um. Im ersten Moment weiß er nicht, wo er ist, wie er hierher gekommen ist. Er versucht sich zu erinnern, nur stückweise kommt es zurück, was gewesen ist, August am Tisch, er und Baroni im Auto, dann Kattnig.
    Sie haben Augusts Haus durchsucht, Baroni und Max, betrunken in jedem Zimmer, Hand in Hand über die Stiegen wankend. Sie haben jeden geheimen Ort im Haus aufgespürt, kichernd, rülpsend. Betrunken suchten sie nach Marga. Max sagte, sie müssten jede Möglichkeit ausschließen, aus diesem Grund wären sie schließlich gekommen. Und so suchten sie überall, wo sie hätte sein können, im Keller, am Dachboden, überall waren sie, Max und Baroni, im Lager, sogar im Schlafzimmer von Augusts Mutter. Schnarchend lag sie da und rührte sich nicht. Sie öffneten Schränke, wühlten in Laden herum, dass sie die alte Frau beinahe geweckt hätten, war ihnen egal, der Alkohol entfesselte sie. Sie stolperten weiter, durch den Laden, in die Werkstatt, doch nirgends war sie, Marga, keine Spur von Emmas toter Schwester.
    Baroni rief nach ihr. Er schmetterte ihren Namen durch das Haus. Es war ihnen egal, ob sie August wecken würden, ob sie der Alten im Stiegenhaus begegnet wären, sie waren außer Kontrolle, Baroni schrie, aber da war keine Spur von ihr, alles war ordentlich, alles war sauber, da war nichts, das darauf gewartet hätte, entdeckt zu werden. Nichts. Nur August in der Küche, mit seinem betrunkenen Kopf auf der Tischplatte. Max und Baroni setzten sich wieder zu ihm.
    – Wieso sollte er seine Frau ausgraben? Er hat keinen Grund. Warum sollte er das tun, Max? Warum?
    – Warum erschießt ein Schüler seine Klassenkameraden? Warum vergewaltigt ein Vater seine vierjährige Tochter?
    – Max.
    – Was?
    – Du redest Scheiße.
    – Ich bin völlig klar im Kopf. Ich versuche nur, dieses Verbrechen aufzuklären.
    – Bravo, Herr Kommissar, bravo.
    – Ich gebe mein Bestes.
    – Glaubst du, dass sich der noch mehr holt?
    – Alles ist möglich.
    – Du glaubst wirklich, der holt sich noch eine Leiche vom Friedhof?
    – Was weiß ich, Baroni, ich will nur, dass das alles endlich aufhört.
    – Vielleicht war das ja alles nur ein Versehen, könnte doch sein.
    – Bestimmt, Baroni. Jemand hat versehentlich eine Leiche mitgenommen.
    – Alles ist möglich, hast du gesagt.
    – Wenn ich den erwische, ich verdresch den, den mach ich fertig, verstehst du, kaputt, kaputt, peng, peng.
    – Peng, peng?
    – Ja. Peng, peng.
    – Du willst ihn erschießen?
    – Ach, leck mich, Baroni. Das ist mein Ernst. Ich hätte das bemerken müssen, das ist meine Schuld, ich muss dem armen Schwein seine Frau wieder ins Grab legen.
    – Du bist mein Held, Max Broll, du bist der Beschützer der Witwen und Waisen, der Grabeshüter, der Rächer, ich steh auf dich, Max.
    – Gut so.
    – Was machen wir mit dem da?
    – Ich bin froh, dass er jetzt still ist.
    – Du bist herzlos.
    – Ist doch wahr, was der für Scheiße redet.
    – Du bist nur sauer auf ihn, weil er das mit Emma gesagt hat.
    – Bin ich nicht.
    – Du lallst.
    – Ich lalle nicht.
    – Du lallst.
    – Tu ich nicht.
    – Max?
    – Was?
    – Was hättest du getan, wenn wir Marga im Keller gefunden hätten? Ich meine, wenn der wirklich seine Frau ausgegraben hätte und die da unten gelegen wäre. In seiner Tiefkühltruhe oder im Heizraum, im Lager zwischen den Bierkisten. Was hättest du getan?
    – Ich hätte sie wieder eingegraben.
    – Max. Eine richtige Leiche. Du, ich und die Leiche, stell dir das einmal vor.
    – Und?
    – Sie ist tot, Max, richtig tot, sie bewegt sich nicht mehr, atmet nicht mehr, obwohl sie noch alles hat. Ihr Gesicht, die Hände, alles, Max, aber sie rührt sich nicht mehr, sagt nichts mehr, sie kann nichts mehr tun, wie ein Stück Holz oder Metall, eine Puppe, Max, tot.
    – Ja, Baroni, sie ist tot. Und du bist sehr, sehr betrunken. Wir sollten jetzt besser gehen, wir sollten dich ins Bett bringen.
    – Ich habe noch keinen Toten gesehen, noch nie, verstehst du?
    – So etwas Besonderes ist das nicht, das ist nur ein Körper, Haut, Fleisch. Am Ende sind es nur noch Knochen, auf denen ich herumsteige beim Graben.
    – Stummes Fleisch.
    – Baroni?
    – Was ist?
    – Stummes Fleisch?
    – Ja, genau, Fleisch, das nichts mehr sagt, sich nicht mehr bewegt. Das ist

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