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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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blödes Wort mehr.
    – Natürlich.
    – Was willst du noch?
    – Wie viel verdient man als Model?
    – Ich sagte, dass es reicht.
    – Aber wir müssen doch herausfinden, was passiert ist, August, du willst sie doch auch wieder zurück, oder? Wir müssen jetzt zusammenarbeiten, August. Sonst ist sie für immer weg.
    – Das ist kein Spiel hier. Meine Frau hat sich umgebracht, und irgendjemand hat sie aus ihrem Grab gestohlen. Kein Spiel und keine Fragen mehr, keine Antworten. Ihr geht jetzt.
    – Wir wollen doch nur helfen.
    – Deine Hilfe brauche ich nicht. Du solltest nicht hier sitzen und mir Fragen stellen, du solltest besser auf deinen Friedhof aufpassen, irgend so ein perverses Schwein hat meine Frau ausgegraben. Meine Frau, meine Marga, einfach ausgegraben und mitgenommen. Haut ab.
    August schreit, seine mächtigen Hände schlagen auf den Tisch. Wie sein Gesicht rot wird, wie Baroni aufspringt und ihn beruhigen will, ihn am Arm berührt. Wie August Baronis Hand abschüttelt, weiter schreit, wie er durch die Küche rennt, immer wieder auf etwas schlägt, auf den Kühlschrank, auf den Herd, immer wieder auf den Tisch mit seiner Faust. Wie Augusts Mutter beginnt, den Rosenkranz zu beten. Wie Max sich entschuldigt, laut, zweimal, dreimal. Er will nicht, dass es eskaliert, dass er und Baroni blutig aus dieser Küche gehen müssen, er bleibt ruhig auf seinem Stuhl sitzen und entschuldigt sich, er wiederholt sich immer wieder. Er bemüht sich, auch Baroni, gemeinsam bringen sie ihn dazu, sich wieder zu setzen, während Augusts Mutter zur heiligen Mutter Gottes betet.
    Langsam wird es wieder still in der Küche. Max füllt vier Gläser. Auch Augusts Mutter trinkt, sie setzt sich zu ihnen an den Tisch, den Rosenkranz fest in der Hand schweigt sie, hört nur zu und schaut. Weil sonst niemand redet, fängt Baroni wieder von den Schweinen an.
    Er will wissen, wie das mit dem Blut geht, wie man es aus dem Schwein holt, ob es wirklich stimmt, dass man es ausrinnen lässt, und ob sie tatsächlich so kreischen, bevor sie betäubt oder getötet werden, ob sie wirklich um ihr Leben schreien, wenn man sie zum Schlachten führt. Eine ehemalige Bekannte habe ihm das erzählt, eine, die auf einem Bauernhof aufgewachsen sei, eine mit blonden Haaren und einem unheimlich süßen Hinterteil. Das Schreien sei ihr durch Mark und Bein gegangen, sagt Baroni. August lässt sich ablenken, von seiner Wut, von seinem Schmerz, er beginnt zu erzählen, erklärt, wie Schweine ausbluten, er demonstriert den Stich in den Hals, er bittet Max, sich hinzulegen, das Schwein zu spielen. Er zeigt, wie man mit dem rechten Fuß den Kopf des Schweins zurückzieht und das linke Knie in den Nacken setzt. August zeigt, wo genau die Einstichstelle sein muss, in welche Richtung man stechen muss, wo das Blut herausrinnt. Er hat einen Stift in der Hand, er sticht zu. Max stöhnt.
    August erzählt von Blutschüsseln, von Kübeln, die gerührt werden müssen, von kaltgestelltem Blut, von dem geschundenen Tier, dem das letzte Blut aus dem Körper gepumpt wird. Max rollt die Augen, er hasst Baroni dafür, dass er damit angefangen hat, er hasst es, ein Schwein sein zu müssen, am Boden zu liegen und mit einem Kugelschreiber abgestochen zu werden. Schweineschlachten in Augusts Küche. Schnaps am Tisch, August schenkt nach.
    Max trinkt und fragt August nach dem Hof. Irgendwo muss Geld sein, viel Geld, das ergibt sonst keinen Sinn, irgendjemand wird sich in den nächsten Tagen bei August melden und ihn erpressen. Warum hat er den Hof verkauft? Warum ist sie nicht zu ihm gezogen, warum er zu ihr? Ein Bauernhof muss mehr wert sein als ein kleiner Greißlerladen, als ein altes Haus in einem Dorf am Ende der Welt.
    Marga wollte bei ihrer Mutter bleiben, antwortet August. Ihr zuliebe hat er auf sein altes Leben verzichtet, ist mit ihr hierher gekommen, um Wurst zu verkaufen, um bei Marga zu sein, um auf sie zu warten, wenn sie in der Welt herumfuhr, um schön zu sein. Er war der Mann, der alles für seine Frau tat, der Mann, der freiwillig in der zweiten Reihe stand.
    Weil ich sie geliebt habe, sagt er.
    Schwachsinn, denkt Max.
    Er spürt den Schnaps warm in sich, wie er sich in ihm ausbreitet, wie er durch seinen Körper rinnt, wie er ihn wild macht, zornig. Er will nichts wissen über Liebe und Opfer, nichts von Dingen, die einfach funktionieren, er will das Gesülze dieses Bauern nicht, keine rosaroten Luftballons, keine Seifenblase über dem Küchentisch, die platzt,

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