Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
Vom Netzwerk:
Beschimpfungen. Dass einer der beiden Polizisten ihn geschlagen hatte. Er beschrieb Max die Hand, die mit Wucht von oben nach unten kam. Der andere Polizist hatte zugeschaut, nichts gesagt, die harte Hand im Gesicht von Dennis.
    Ich war satt, sagte er zu Max. Alles andere war egal.
    Als Hanni verständigt wurde, saß sie mit Max zusammen. Beide waren betrunken, lachten ins Telefon. Hanni hatte Geburtstag, Max hatte für sie gekocht, geröstete Knödel und Milch, danach Bier auf der Terrasse. Einbruch im Würstelstand, hieß es. Den Täter habe man bereits gestellt, man erwarte sie dringend. Hanni bat Max mitzukommen. Gemeinsam spazierten sie fröhlich die Kirchgasse entlang, hielten einander, beruhigten einander, so schlimm würde es schon nicht sein, außer Würsten gab es ja nichts zu stehlen dort. Auf dem Weg über den Dorfplatz schauten sie sich den Schaden an, der entstanden war, eine Glasscheibe, Debreziner, Frankfurter, das alte Brot vom Vortag und fünfundvierzig Euro Wechselgeld.
    Man hat den Täter gestellt, lachte sie.
    Den schauen wir uns an, sagte Max.
    Sie torkelten in die Wachstube. Die Stimmung war eisig, das Lachen verschwand aus ihren Gesichtern, sie bemühten sich, ernst zu bleiben, schön zu sprechen. Dennis saß klein auf einem Sessel und schaute in den Boden, sagte nichts, schämte sich laut.
    – Das ist er. Wir haben drei Zeugen, die ihn gesehen haben, wie er die Scheibe zerschlagen hat, wie er verschwunden ist im Würstelstand und wie er dann geflohen ist. Wie er sich mit der Beute beim Konditor eine Torte gekauft hat. Es besteht kein Zweifel. Er war es, das ist glasklar, das gibt eine wunderbare Vorstrafe für den Herrn.
    – Dennis also.
    – Ja. Kein Wunder, oder? Das war klar, dass so etwas passieren würde, alles nur eine Frage der Zeit.
    – Dennis?
    – Sie sollten ihn nicht angreifen, er ist gefährlich.
    – Dennis, du musst dir keine Sorgen machen, das regeln wir schon irgendwie. Verstehst du mich? Wir bekommen das hin.
    – Die Herrschaften reden mit dir. Hallo. Du sollst antworten. Entweder du machst jetzt den Mund auf, oder es geht gleich ab in die Zelle.
    – Moment mal, ja, alles mit der Ruhe, Herr Hauptmann.
    – Polizeiinspektionskommandant, nicht Hauptmann.
    – Jetzt halt den Mund, Lusser, sonst bekommst du bei mir keine Wurst mehr.
    Max gräbt und erinnert sich. Wie Hanni geschrien hat, wie Lusser plötzlich still war. Hannis Stimme war weich, sie lallte. Lusser brauste auf, sprach von Diebstahl, von einem Verbrechen, von Zucht und Ordnung, von Verharmlosung und Bestrafung. Hanni sprang auf, sie wollte das nicht hören, sie schrie Lusser an, wollte auf ihn losgehen.
    Dann fing Max an zu singen.
We will rock you
, einfach so, laut, sehr laut im Wachzimmer. Er begann seine Hüften zu bewegen, seine Arme, mit seinen Händen umfasste er ein unsichtbares Mikrofon, in das er mit Hingabe sang, während Hanni sich beruhigte, zu lachen begann, von Lusser abließ, der mit offenem Mund dastand. Lusser begann zu schreien, er wollte Max stoppen, er drohte, zog sogar seine Pistole, fuchtelte mit ihr herum. Der zweite Polizist rührte sich nicht, schaute nur zu. Max sang. Bis Hanni Dennis an der Hand nahm und einfach mit ihm zur Tür ging.
    – Wir gehen jetzt.
    – Der Junge bleibt da.
    – Der Junge kommt mit.
    – Ja, was glaubt ihr denn, wer ihr seid? Ich habe hier das Sagen, und ich sage, dass er hierbleibt.
    – In meinen Würstelstand wurde eingebrochen und nicht in deinen, und ich werde keine Anzeige erstatten, geht das in deinen Kopf? Keine Anzeige, keine Zelle, kein Lusser. Wir regeln das anders.
    – Aber.
    – Nichts aber.
    Max machte ihnen die Tür auf. Er war stolz auf Hanni, sie hatte das Herz in der Hand und trug es stolz vor sich her. So war sie schon immer, auch als er mit ihr zusammen gewesen war, hatte es nichts gegeben, was sie nicht getan hätte für ihn, nichts, das ihr zu schwer, zu mühsam, zu unmöglich war. Immer noch ist sie so, Hanni Polzer, lächelnd, liebevoll.
    Er denkt an sie, während die Erde nach oben fliegt. Er denkt daran, wie sie den Jungen mitnahmen, sich um ihn kümmerten, mit seiner Großmutter redeten, mit dem Bürgermeister. Dennis wurde Gemeindearbeiter. Und von dem Tag an, an dem sie betrunken die Polizeiinspektion verließen, war er Dennis ein Freund. Dennis und Max auf dem Friedhof. Dennis und Max, wie sie Gräber schaufeln, Gehwege reinigen, Gräber zuschütten, wie sie auf der Terrasse sitzen und ein Bier trinken nach der Arbeit.
    Max

Weitere Kostenlose Bücher