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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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hatte ich gar nicht gedacht. Die Tatsache, dass die wenigsten Menschen einen Roman innerhalb von ein bis zwei Tagen hinunterschlingen, ließ meinen angeblichen Erscheinungsgrund so löchrig wie ein Stück Schweizer Käse wirken.
    »Aber du liegst richtig. Ich habe es natürlich schon durch. Gestern gab es nichts anderes zu tun«, sagte sie und hielt mir die Tür auf. Als ich an ihr vorbeiging, konnte ich ihren Duft erschnuppern. Eine Mischung aus Parfüm, Körpergeruch und Haarshampoo, die die kleinen Nymphen in mir zu lautem Gekicher animierte. Ich legte eine Hand auf meinen Bauch, um sie zu beruhigen. Es würde nichts weiter geschehen, sagte ich mir, in der Hoffnung, mit dieser Vermutung falsch zu liegen.
    Wir gingen ins Wohnzimmer, und sie bot mir einen Platz auf dem Sofa an.
    Dort störte mich der aufdringliche Geruch von Aftershave. Hier hatte sie also mit Volker gesessen. Sein Männerparfüm wirkte wie die Urinmarkierung eines Tigers. Ich spürte, wie sich meine Nackenhaare aufstellten. Befand ich mich hier womöglich doch in einem fremden Revier? Ich rutschte nach vorn auf die Sofakante.
    Angela reichte mir das Buch, das im Regal gelegen hatte, und setzte sich mir gegenüber, den Couchtisch als unüberwindbares Hindernis zwischen uns. Ich schob das Buch auf dieser Hürde hin und her, weil ich vergessen hatte, eine Tasche mitzubringen.
    »Hat es dir gefallen?«, fragte ich. Ich wollte sie unbedingt küssen.
    »Ja und nein«, sagte sie. »Es hat mir gefallen, weil es humorig ist, lebendig geschrieben und interessant für eine neugierige Frau, wie ich es in letzter Zeit bin.« Sie lächelte über ihren eigenen feinfühligen Witz. »Es hat mir nicht gefallen, weil ich gemerkt habe, was ich alles nicht weiß. Das Buch vermittelt mir das Gefühl, als sei ich nur halb. Das alles ist eine andere Welt. Neu. Fremd. Und ich stelle mir vor, dass sie dir so vertraut ist, Lena auch. Alle diese Verwicklungen und Verstrickungen, diese Nähe, die zugleich eine Enge sein kann. Lesbenszene. Das war für mich ein schwammiger Begriff. Ich wusste doch nichts davon. Ich hatte auch nie das Gefühl, dass das eine Wissenslücke sein könnte. Es war nicht wichtig. Was ging mich das an?« Sie machte eine Pause. »Aber jetzt plötzlich frage ich mich, ob ich nicht etwas verpasst habe.«
    »Glaub mir, von Verpassen kann hier wirklich nicht die Rede sein. Es ist nicht immer so lustig, wie Frederike es in ihrem Buch beschreibt. Im tatsächlichen Leben fehlt dir der ironische Abstand, und du findest manche Dinge gar nicht mehr zum Lachen.«
    »Es sind die Erfahrungen«, erklärte Angela. »Du hast sie gemacht. Ich nicht. Und ich bezweifele, dass ich sie mit über vierzig noch nachholen kann.«
    »Würdest du das gern?«, wollte ich wissen. Sollte ich ihr sagen, dass es genug Frauen in der Szene gab, die ihr mit Freude diese Erfahrungen zu Füßen legen würden?
    Angela schüttelte den Kopf. »Ach, Michelin, du kannst manchmal Fragen stellen. Als ob das möglich wäre! Du kannst doch nicht losgehen und beschließen, jetzt eine gewisse Art von Erfahrungen zu sammeln.«
    »Die Szene wirkt wie ein Brunnen des Vergessens«, versprach ich ihr. »Wenn du dich erst einmal darauf eingelassen hast, merkst du gar nicht mehr, was du ursprünglich geplant hattest, glaub mir.« Ich merkte selbst, wie ironisch mein Tonfall klang. Dabei enthielten meine Worte durchaus einen hohen Anteil an Wahrheit.
    Der Rehbock von damals fiel mir ein. Das wilde Tier und ich auf einer Lichtung im Wald. Was wäre geworden, wenn er nicht wieder fortgegangen wäre? Wenn er sich einfach neben mich gelegt hätte, mit dem Kopf auf meinem Arm? Es wäre eine gewiss sehr ungewöhnliche Beziehung gewesen, aber bestimmt eine wunderschöne.
    »Wollen wir den Abend miteinander verbringen?«, sprudelte es aus meinem Mund, bevor ich selbst über diesen Vorschlag nachdenken konnte.
    »Tut mir leid, aber ich bin schon verabredet. Mit Jana. Wir bekommen scheinbar nicht genug davon, über alte Zeiten zu quatschen.« Sie lachte etwas zu laut.
    Jana. Der Name saß mir sofort wie ein Dutzend Kaktusstacheln unter der Haut. Ihr Gift wirkte schnell. Ich fühlte mich innerhalb von Sekunden taub.
    Volkers Leitwolfgebaren fand ich lästig, bestenfalls amüsant, aber er konnte mich nicht wirklich schrecken. Gegen ihn kam ich mit Leichtigkeit an. Aber Jana?
    Angela schob ihre Hand vorsichtig näher und fuhr leicht damit über meine. Ich wollte den Tisch beiseite stoßen und sie in meine Arme ziehen oder

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