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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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reich, vielleicht auch nicht. Sie sind alt oder jung, ehrlich oder nicht. Aber sie haben eines gemeinsam. Sie wollen sich besser fühlen. Diese Frau, die dir heute Geld gegeben hat, ist mit hoch erhobenem Kopf weitergegangen. Vielleicht hat sie sich besser gefühlt als Mutter, die ihre Kinder nie allein in die Stadt lassen würde. Oder sie hat ihren Freundinnen von dir erzählt und sich für ihre Großzügigkeit loben lassen. Zehn Dollar sind kein hoher Preis dafür, dass du bei dieser Frau Mitgefühl geweckt hast, Della. Du hast ihr ein Geschenk gemacht. Vergiss das nie.«
    Ich sah meinem Vater in die weisen Augen, dann senkte ich den Blick auf das Geld in meiner Hand. Behutsam legte ich es auf den Schreibtisch neben die Steine.
    Â»Du kannst es haben«, sagte ich. »Es kann in den Pott zu dem Geld von den anderen.«
    Â»Natürlich kommt es in den Pott.« Ruby kam mit ausgestreckter Hand um den Schreibtisch.
    Mein Vater schloss kurz die Augen und schürzte die Lippen. Während Ruby wartete, legte er die Smaragde zurück in das Säckchen, bog meine Finger auf und drückte mir den Schein in die Hand.
    Â»Dieses eine Mal darfst du es behalten. Kauf dir etwas, in das du dich verliebst, Della. Wir bestimmen über die schönen Dinge, die wir besitzen. Aber ich möchte, dass du über etwas gut nachdenkst. Vergiss nicht, wer macht in dieser Gesellschaft die Gesetze?«
    Â»Die Reichen und Herzlosen«, antwortete ich.
    Â»Und warum machen sie die Gesetze?«
    Â»Um ihre privilegierte Stellung zu schützen, die sie ihrer Herkunft und der Unterdrückung von Generationen schwacher Menschen verdanken.«
    Â»Und was halten wir von diesen Gesetzen?«
    Â»Wir verabscheuen sie«, sagte ich. »Zutiefst.«
    Dann stand er auf, stellte mich auf den Boden und ging zu Ruby, um ihre leere Hand zu drücken. »Du hast dich gut geschlagen, Della. Heute Nachmittag fällt der Unterricht aus.«
    Als Ruby Anstalten machte zu widersprechen, rannte ich, so schnell ich konnte, hinaus und nach oben in die Küche, falls er es sich noch anders überlegte. Mittlerweile war es schon spät am Nachmittag, aber ich hielt mich nicht mit einem Keks auf. Ich lief durch den Flur zum Eingang und die breite Treppe hinauf bis zu meinem Zimmer unter dem Dach. Auch ohne mich umzublicken, konnte ich mir vorstellen, wie Ruby mir nachsah, eine Hand in die Hüfte gestemmt, überzeugt, mein Vater sei zu nachsichtig mit mir. Mit einem Mal war ich völlig erschöpft. In meinem Zimmer angekommen, rollte ich mich auf dem Bett zusammen. Ich schlief beinahe sofort ein.
    Am nächsten Tag fuhr Ruby mich zu Felix, einem Freund meines Vaters. In seinem Garten stand ein lang gezogener Wellblechschuppen, in dem auf zahllosen Reihen von Tapeziertischen alles Mögliche aufgehäuft war: Fernseher, Schmuck, Spielzeug. Kein Müll aus zweiter Hand, den Junkies Leuten geklaut hatten, während sie bei der Arbeit waren, sondern neue Sachen, noch frisch verpackt, aus aufgebrochenen Lastern, Frachtcontainern oder Kaufhäusern.
    Während sich Felix und Ruby unterhielten und Tee tranken, schritt ich mit Felix’ Sohn die Reihen ab. Timothy war in Sams Alter und blieb immer einen halben Schritt hinter mir, die Hände hinter dem Rücken. Er trug einen Kittel in Kindergröße mit Stiften in den Taschen und nickte wie ein kleiner Verkäufer, wenn ich mir etwas aussuchte. Immer wieder nahm ich etwas in die Hand oder strich darüber und überlegte, wie ich meine zehn Dollar am besten ausgeben konnte, welches schöne Ding mich wohl bestimmen könnte. Am Ende wählte ich Malbücher mit Märchenprinzessinnen und eine violette Dose mit importierter Schokolade, jedes Stück einzeln eingewickelt in smaragdgrüne Folie.

W ir haben uns im Esszimmer unseres Hauses in der Cumberland Street zu unserem üblichen Familientreffen am Donnerstagabend versammelt, bei dem alle der Reihe nach erklären, woran sie gerade arbeiten und welche Aufgaben wir anderen dabei übernehmen sollen. Mein Vater sitzt am Kopfende eines Tisches, der dem in der Metcalf-Villa ähnelt, aber unser Haus hat nichts Unnahbares oder Protziges. Es ist ein Teil von uns, es gehört zur Familie. Dieses Haus ist schon länger unser Heim, als wir denken können, auch wenn es jetzt alt ist und seine besten Zeiten hinter sich hat. Das Ganze war früher eine kleine Apfelplantage, die Ruhe und viel

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