Die schönsten Erzählungen
her?«
»Von draußen. Ich bin mit der Lina und der Christiane gewesen.«
»So.«
»Und du?«
»Ich hab drunten gewartet. Ich muß was mit dir reden.«
»Auch schon wieder! Also red.«
»Wegen meinem Meister, du. Ich glaub, er lauft dir nach.«
»Der? Der Haager? Liebe Zeit, so laß ihn laufen.«
»Das laß ich ihn nicht, nein. Ich will wissen, was damit ist. Er geht jetzt immer selber, wenn’s bei euch zu tun gibt, und heut war er wieder den halben Nachmittag bei dir an der Maschine. Jetzt sag, was hat er mit dir?«
»Nichts hat er. Er schwätzt mit mir, und das kannst du ihm nicht verbieten. Wenn’s auf dich ankäme, müßt ich immer in einem Glaskasten sitzen!«
»Ich mache keinen Spaß, du. Gerade was er schwätzt, wenn er bei dir ist, möcht ich wissen.«
Sie seufzte gelangweilt und setzte sich aufs Bett.
»Laß doch den Haager!« rief sie ungeduldig. »Was wird’s mit ihm sein? Verliebt ist er ein bißchen und macht mir den Hof.« »Hast du ihm keine Maulschelle gegeben?«
»Herrgott, warum soll ich ihn nicht lieber gleich zum Fenster rausgeworfen haben! Ich laß ihn halt reden und lach ihn aus. Heut hat er gesagt, er wolle mir eine Brosche schenken –«
»Was? Hat er? Und du, was hast du ihm gesagt?«
»Daß ich keine Broschen brauche, und er solle zu seiner Frau heimgehen. – Jetzt aber Punktum! Ist das eine Eifersucht! Du glaubst doch selber nicht im Ernst an das Zeug.«
»Ja, ja. Also denn gut Nacht, ich muß heim.«
Er ging, ohne sich mehr aufhalten zu lassen. Aber er war nicht beruhigt, obwohl er dem Mädchen eigentlich nicht mißtraute.Allein er wußte nicht, fühlte es aber dunkel, daß ihre Treue zur Hälfte Furcht vor ihm sei. Solange er da war, konnte er vielleicht sicher sein. Aber wenn er wandern mußte, nicht. Maria war eitel und hörte gern schöne Worte, sie hatte auch gar jung schon mit der Liebe angefangen. Und Haager war Meister und hatte Geld. Er konnte ihr Broschen anbieten, so sparsam er sonst war.
Niklas lief wohl eine Stunde lang in den Gassen herum, wo ein Fenster ums andre dunkel ward und schließlich nur noch die Wirtshäuser Licht hatten. Er suchte daran zu denken, daß ja noch gar nichts Schlimmes geschehen war. Aber es war ihm angst vor der Zukunft, vor morgen und vor jedem Tag, an dem er neben dem Meister stehen und mit ihm arbeiten und reden mußte, während er wußte, daß der Mensch Maria nachstellte. Wie sollte das werden?
Müde und verstört trat er in eine Wirtschaft, bestellte eine Flasche Bier und trank Kühlung und Linderung mit jedem rasch geleerten Glase. Er trank selten, meistens nur im Zorn oder wenn er ungewöhnlich heiter war, und er hatte wohl ein Jahr lang keinen Rausch mehr gehabt. Jetzt überließ er sich halb unbewußt einem rechenschaftslosen Kneipen und war stark betrunken, als er das Wirtshaus wieder verließ. Doch hatte er noch so viel Besinnung, daß er es vermied, in diesem Zustand ins Haagersche Haus zu gehen. Er wußte unterhalb der Allee eine Wiese, die gestern geschnitten worden war. Dorthin ging er mit ungleichen Schritten und warf sich in das zur Nacht in Haufen getürmte Heu, wo er sogleich einschlief.
III
Als Niklas am folgenden Morgen müde und bleich, doch pünktlich zur rechten Zeit in die Werkstatt kam, war der Meister mit Schömbeck zufällig schon da. Trefz ging still an seinen Platz und griff nach der Arbeit. Da rief der Meister ihm zu:
»So, kommst auch endlich?«
»Ich bin auf die Minute dagewesen wie immer«, sagte Niklas mit mühsam gespielter Gleichgültigkeit. »Da droben hängt die Uhr.«
»Und wo bist die ganze Nacht gesteckt?«
»Geht’s dich was an?«
»Ich will’s meinen. Du wohnst bei mir im Haus, und da will ich Ordnung haben.«
Niklas lachte laut. Jetzt war es ihm einerlei, was kommen würde. Er hatte Haager und sein dummes Rechthabenwollen und alles satt.
»Was lachst du?« rief der Meister zornig.
»Ich muß eben lachen, Haager. Das kommt mir so, wenn ich was Lustiges höre.«
»Hier gibt’s nichts Lustiges. Nimm dich in acht.«
»Vielleicht doch. Weißt du, Herr Meister, das mit der Ordnung hast du gut gesagt. ›Ich will Ordnung im Hause haben!‹ Schneidig hast du’s gesagt. Aber es macht mich halt lachen, wenn einer von Ordnung redet und hat selber keine.«
»Was? Was hab ich?«
»Keine Ordnung im Haus. Mit uns zankst du und tust wüst um jedes Nichtslein. Aber wie ist’s denn mit deiner Frau zum Beispiel?«
»Halt! Hund du! Hund, sag ich.«
Haager war herbeigesprungen und
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