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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und es schien, als ob die Schärfe seiner Sehkraft unendlich zunehme, so concentrirte sich sein ganzer Wille in diesem Sinne.
    Endlich begann der Morgennebel zu schwinden. Godfrey erkannte nun, wie die einzelnen Felsen, welche einen Klippengürtel bildeten, Seeungeheuern gleich aus dem Wasser emporragten. Es war eine lange, unregelmäßig angeordnete Reihe schwärzlicher, verschiedengestalteter Steine aller Größen und Formen, welche ziemlich genau von Westen nach Osten verlief. Der große Block, auf dem Godfrey sich befand, lag am westlichen Rande dieser Bank, wenigstens dreißig Faden entfernt von der Stelle, wo der »Dream« versunken war. Das Meer mußte hier sehr tief sein, denn von dem Dampfer war gar nichts wahrzunehmen, nicht einmal die Spitze seiner Masten. Vielleicht war er auch auf abschüssigem Felsengrund noch weiter nach der offenen See zu hinuntergeglitten.
    Ein Blick hatte genügt, Godfrey über diese Verhältnisse aufzuklären. Nach dieser Seite konnte seine Rettung nicht liegen. Er wandte seine Aufmerksamkeit also dem anderen Ende der Klippenreihe zu, welche der sich erhebende Nebel allmählich zu Tage treten ließ. Hierzu muß auch bemerkt werden, daß das Meer gerade jetzt, bei tiefster Ebbe, die Felsen weniger als vorher bedeckte. Man sah sie fast von ihrer nassen Basis aus aufwachsen. Hier trennten dieselben ziemlich ausgedehnte Wasserflächen, dort wieder nur einfache Pfützen. Wenn dieselben bis an ein Ufer reichten, konnte es nicht schwer sein, nach demselben zu gelangen.
    Von einer Küste war vorläufig freilich nichts zu sehen; nichts verrieth in dieser Richtung auch nur die Nähe eines höher ansteigenden Landes.
    Der Nebel schwand mehr und mehr und vergrößerte damit das Gesichtsfeld, an dem Godfreys Auge unbeirrt hing. Allmählich wurde ein Raum von etwa einer halben Meile frei. Schon erschienen einige Sandflächen zwischen den Felsen, welche mit zähem Varec bedeckt waren. Deutete dieser Sand nicht wenigstens auf das Vorhandensein eines Vorlandes hin, und, wenn ein solches existirte, konnte man daran zweifeln, daß dasselbe sich an das Ufer eines ausgedehnteren Landes anschloß?
    Endlich schien eine lange Linie niedriger Dünen, welche mit größeren Felsen untermischt deutlicher sichtbar wurden, den Horizont im Osten abzuschließen. Die Sonne hatte alle Dünste der frühen Morgenstunden weggetrunken und ihre Scheibe brannte jetzt in vollem Feuer.
    »Land! Land!« rief Godfrey.
    Er streckte die Hand aus nach dem festen Boden und fiel, getrieben von inniger Dankbarkeit gegen Gott, auf die Kniee.
    Ja, das war das Land! Die Klippen bildeten hier nur eine vorspringende Spitze, wie etwa die Landspitze einer Bucht, die sich in der Tiefe von höchstens zwei Meilen vor ihm ausdehnte. Der Hintergrund dieser Ausbuchtung zeigte sich als flaches Vorland, umringt von einer Reihe kleiner Dünen, auf denen sich verschiedene Linien niedriger Gewächse hinzogen.
    Von der Stelle, die Godfrey einnahm, konnte er das ganze Bild dieser Küste überblicken.
    Im Norden und im Süden von zwei ungleichen Vorbergen begrenzt, zeigte sie eine lange Entwicklung von mehr als fünf bis sechs Meilen. Danach war es wenigstens möglich, daß sie einem größeren Landcomplexe angehörte. Doch abgesehen davon, bot sie doch für den Augenblick rettende Zuflucht. Ueber einen Punkt konnte Godfrey nun nicht mehr in Zweifel sein: er war nicht auf ein ganz vereinzeltes Riff geworfen und er durfte hoffen, daß dieses ihm noch unbekannte Fleckchen Land wenigstens seine ersten Bedürfnisse decken werde.
    »An’s Land! An’s Land!« rief er erfreut.
    Doch vor dem Verlassen der Klippe sah er sich noch zum letzten Male um; seine Augen schweiften weit hinaus über das glänzende Meer. Konnte nicht irgend etwas auf dessen Wellen schwimmen, einige Trümmer vom »Dream« oder gar Einer, der den Unfall überlebt hatte?
    Nichts!
    Auch die Barkasse war nicht sichtbar. Sie mußte in den allgemeinen Strudel mit hinabgerissen sein.
    Da kam Godfrey der Gedanke, daß auf einer anderen Klippe möglicher Weise einer seiner Gefährten Zuflucht gefunden haben könnte, der wie er selbst den Tag erwartete, um eine Rettung nach der Küste zu versuchen.
    Niemand! Weder auf den Felsen, noch am Strande! Das Riff erschien eben so leer wie der Ocean.
    Doch wenn auch keine Lebenden, sollten denn die Wellen nicht wenigstens einzelne Leichname angespült haben?
    Sollte Godfrey am Rande der Klippenreihe auch nicht den leblosen Körper irgend eines seiner

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