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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gewährt, als eine solche Fahrt auf friedlichem Meere? Und dennoch klärte sich unter so günstigen Umständen das Gesicht des Professors Tartelett nur sehr lückenhaft auf. Er versuchte wohl zu essen, aber ohne Geschmack und Appetit. Godfrey schlug ihm vor, wenigstens den Rettungsgürtel abzulegen, der ihm die Brust beengte; er verweigerte es unbedingt. Schwebte diese Verbindung von Holz und Eisen, welche man Schiff nennt, nicht jeden Augenblick in Gefahr, sich unter seinen Füßen zu öffnen?
    Der Abend kam heran. Es bildeten sich dichte Nebelwolken, ohne bis auf die Meeresfläche herabzusinken. Dadurch wurde die Nacht immerhin dunkler, als man es nach der schönen Witterung am Tage vorausgesetzt hätte.
    In dieser Meeresgegend, deren Lage Capitän Turcotte genau bestimmt hatte, war ja kein tückischer Fels zu fürchten; ein Zusammenstoß mit anderen Schiffen ist jedoch immer möglich, und ein solcher wird durch dunstige Nächte natürlich besonders begünstigt.
    So wurden also die Schiffslichter sorgfältig in Ordnung gebracht, sobald die Sonne untergegangen war; ein weißes Licht stieg nach der Spitze des Fockmastes empor, und die Positionslichter, ein grünes rechts und ein rothes links, leuchteten von ihren Gestellen unterhalb der Wanten. Wenn der »Dream« einen Zusammenstoß erlitt, so war es wenigstens nicht sein Fehler, was freilich nur ein unzulänglicher Trost ist. Untergehen, selbst wenn man allen internationalen Vorschriften bezüglich der Schiffsführung auf dem Meere nachgekommen ist, bleibt eben immer – untergehen, und wenn irgend Jemand sich mit derartigen Gedanken trug, so war es ganz gewiß Professor Tartelett.
    Inzwischen hatte der würdige Mann, immer rollend, immer schlingernd, die Cabine aufgesucht, ebenso wie Godfrey die seinige, dieser mit der Ueberzeugung, jener nur mit der leisen Hoffnung, eine gute Nacht vor sich zu haben, denn der »Dream« bewegte sich kaum auf den langen Wellen.
    Capitän Turcotte begab sich, nachdem er das Comando an den zweiten Officier abgetreten, ebenfalls unter Deck, um einige Stunden der Ruhe zu pflegen. Alles war in bester Ordnung. Das Schiff konnte in voller Sicherheit weiter dampfen, obwohl das neblige Wetter anzuhalten schien.
    Nach zwanzig Minuten schlief Godfrey schon fest, und die Schlaflosigkeit Tartelett’s, der sich wie gewöhnlich in voller Kleidung niedergelegt hatte, verrieth sich nur durch einige langsam hinsterbende Seufzer.
    Plötzlich – es mochte gegen ein Uhr Morgens sein – wurde Godfrey durch einen furchtbaren Lärm erweckt.
    Er sprang vom Lager, zog binnen einer Secunde die Beinkleider an, warf eine Art Seemannskittel über und fuhr eiligst in die Stiefel.
    Fast gleichzeitig hörte er vom Verdeck her schon den Schreckensschrei:
    »Wir sinken! Wir sinken!«
    In einem Augenblick stürmte Godfrey aus seiner Cabine in den Achterdecksalon. Da stieß er gegen eine unförmliche Masse, welche er nicht erkannte. Das mußte der Professor Tartelett sein.
    Die ganze Mannschaft befand sich auf Deck und lief nach den Befehlen des Capitäns und des zweiten Officiers hier-und dorthin.
    »Eine Strandung? fragte Godfrey.
    – Ich weiß nicht… ich weiß nicht… dieser vermaledeite Nebel… erwiderte der Capitän, aber jedenfalls sind wir im Sinken!
    – Wir sinken wirklich?«… rief Godfrey.
    In der That ging der »Dream«, der unzweifelhaft auf eine Klippe gerathen war, langsam unter. Schon erreichte das Wasser fast die Höhe des Decks. Das Feuer unter den Kesseln mochte in der Tiefe des Maschinenraumes schon längst verlöscht sein.
    »In’s Meer, in’s Meer, Herr Godfrey! rief der Capitän; jetzt ist kein Augenblick zu verlieren. Das Schiff sinkt sichtlich! Es würde Sie in den Strudel mit hinabziehen!…
    – Und Tartelett?…
    – Den überlassen Sie meiner Sorge… wir befinden uns kaum eine halbe Kabellänge von einer Küste…
    – Aber Sie selbst?…
    – Meine Pflicht ist es, bis zuletzt an Bord auszuhalten, und ich bleibe hier, erklärte der Capitän. Aber Sie müssen fliehen… fliehen!«
    Godfrey zögerte noch, sich in’s Meer zu stürzen; jetzt spülte das Wasser jedoch bis an die Schanzkleidung des »Dream« heraus.
    Da packte Capitän Turcotte, welcher recht gut wußte, daß Godfrey wie ein Fisch schwimme, den jungen Mann an den Schultern und erwies ihm den Liebesdienst, ihn über Bord zu werfen.
    Es war die höchste Zeit! Wäre der Nebel nicht gewesen, so hätte man gewiß an der Stelle, wo der »Dream« sich eben befand, einen

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