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Die Schule der Robinsons

Die Schule der Robinsons

Titel: Die Schule der Robinsons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht mehr darum, ruhig einer Reise um die Erde – sondern dem drohenden Tode entgegenzusehen. Voll Vertrauen und Muth erhob sich dabei sein Gedanke zur Vorsehung, welche selbst für das Schwächste ihrer Geschöpfe Alles vermag, wenn dieses selbst aller Hilfe aus eigener Kraft beraubt ist.
    Godfrey selbst aber konnte in diesem Falle nichts Anderes thun, als zunächst den Tag abwarten, ruhig Verzicht leisten, wenn sich eine Rettung als unmöglich erwies, wollte jedoch Alles versuchen, wenn sich ihm nur die geringste Aussicht zu einer solchen bot.
    Beruhigt durch den Ernst seines Gedankengangs, hatte Godfrey sich auf den Felsblock niedergesetzt. Einen Theil seiner von Meerwasser durchtränkten Kleidung, die Wollenjacke und die schwer gewordenen Stiefel hatte er abgelegt, um, wenn es nothwendig würde, im Schwimmen nicht gehindert zu sein.
    Sollte denn wirklich Niemand außer ihm den Schiffbruch überlebt haben? Wie, keiner der Leute des »Dream« wäre an das Land getragen worden? Wären sie wirklich Alle verschlungen von dem unwiderstehlichen Wirbel, den ein versinkendes Schiff um sich zieht? Der Letzte, den Godfrey gesprochen, der Capitän Turcotte, hatte sein Schiff nicht verlassen wollen, so lange sich noch ein Mann von der Besatzung auf demselben befand. Der Capitän war es auch gewesen, der ihn, eben als das Verdeck des »Dream« dem Verschwinden nahe war, eigenhändig in’s Wasser geworfen hatte.
    Aber die Anderen und der unselige Tartelett, der bedauernswerthe Chinese, beide ohne Zweifel durch den Wasserschwall überrascht, der Eine unter oder auf dem Oberdeck, der Andere in der Tiefe des Kielraumes, was war aus diesen geworden? Sollte er von allen lebenden Wesen, die der »Dream« trug, der einzige Gerettete sein? Der Dampfer schleppte ja glücklicher Weise die Barkasse hinter sich – nach dieser konnten doch wohl einzelne Passagiere oder Seeleute noch zur rechten Zeit gelangt sein, um dem Ort des Schiffbruches zu entfliehen. Ja, aber war nicht vielleicht zu fürchten, daß die Barkasse mit dem Schiffe in den Abgrund gezogen worden sei und jetzt vielleicht in zwanzig Faden tiefem Wasser liege?
    Godfrey sagte sich dann, daß er, wenn ihm die finstere Nacht auch das Sehen unmöglich machte, sich doch wenigstens durch die Stimme bemerkbar machen könne. Nichts hinderte ihn ja zu rufen, ein lautes Halloh in das tiefe Schweigen hinauszusenden. Vielleicht antwortete der seinigen die Stimme irgend eines Gefährten.
    Er rief also wiederholt, stieß einen langgedehnten Schrei aus, der weithin vernehmbar sein mußte….
    Kein Ruf erschallte als Antwort.
    Er fing mehrmals von Neuem an, indem er sich dabei nach allen Himmelsrichtungen wandte.
    Ringsum Todtenstille.
    »Allein! Allein!« murmelte er.
    Es hatte nicht nur kein anderer Ruf dem seinigen geantwortet, nicht einmal ein Echo hatte den Ton seiner Stimme zurückgeworfen. Befand er sich in der Nähe einer hohen Uferwand, unsern einer Felsengruppe, wie sie ja viele Strandlinien aufweisen, so hätten seine an dem Hindernisse sich brechenden Rufe doch zu ihm zurückschallen müssen. Oestlich von dem Riff verlief also entweder nur eine sehr flache, zu Erzeugung eines Echos ungeeignete Küste, oder – was noch mehr Wahrscheinlichkeit für sich hatte – es befand sich überhaupt kein weiteres Land in der Nachbarschaft – die zerstreuten Felsen, auf welchen der Schiffbrüchige Schutz gefunden, lagen gänzlich isolirt. Drei bange Stunden schlichen dahin. Halb erstarrt, bemühte sich Godfrey, auf dem Plateau des Felsens umhergehend, die Wirkung der Nachtkälte einigermaßen auszugleichen; endlich färbten einige bleiche Strahlen die Wolken im Zenith, es war der Reflex des ersten Lichtscheines am Horizont.
    Sich nach dieser Seite wendend – der einzigen, wo ein Land zu vermuthen war – suchte Godfrey zu erkennen, ob sich nicht ein hoher Uferabhang im Schatten hervorheben würde. Wenn die Sonne dessen Kanten färbte, mußten sich seine Umrisse desto deutlicher abzeichnen.
    In der unbestimmten Morgendämmerung war jedoch nichts zu unterscheiden. Aus dem Meere stieg ein leichter Nebel empor, der ihn sogar hinderte, nur die Ausdehnung der Klippenreihe zu überblicken.
    Er konnte sich also keinen Illusionen hingeben. War Godfrey wirklich auf einen isolirten Felsen im Stillen Ocean geworfen, so bedeutete das den Tod in kürzester Frist, den Tod durch Hunger und Durst, oder wenn nöthig, als letztes Hilfsmittel, den schnelleren Tod im Wasser.
    Inzwischen lugte er immer hinaus

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