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Die Schwarze Schwesternschaft

Titel: Die Schwarze Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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die Kraft zu husten. Nichts war zu vernehmen außer dem Schreien des verletzten Tiers und den schrillen Rufen der in der Luft kreisenden aufgeschreckten Vögel.
       Endlich würgte Vanessa hervor: »Es heißt, die Lawine, auf der dein Name steht, hörst du nicht. Wenn du sie hörst, bist du noch am Leben.« Vorsichtig stieg sie über das Geröll, das den Weg ganz verschüttet hatte, und kniete sich neben Camilla zu dem erbarmungswürdig schreienden Pony.
       »Bein zermalmt«, stellte sie fest. »Nichts mehr zu machen.«
       Über Jaelles Gesicht liefen schnell gefrierende Tränen. Sie tastete nach ihrem Messer. »Lass mich es tun.« Camilla legte ihre freie Hand über Jaelles. Es war fast eine Liebkosung. »Halte seinen Kopf, Shaya.«
       Jaelle nahm den Kopf des Ponys in ihren Schoß. Das wild um sich schlagende Tier wurde für einen Augenblick ruhig; Zeit genug, um zu handeln. Camillas Dolch fuhr hinunter und durchschnitt schnell die große Arterie im Hals. Ein paar Spritzer Blut, ein letzter Kampf, und es war vorbei. Mit zusammengepressten Lippen versuchte Camilla, das Blut von ihrem Reitumhang zu wischen.
       »Nimm ihm den Sattel ab. Du bist doch schon auf einem Chervine geritten. Das mit dem weißen Gesicht ist das sanfteste und vertrauenswürdigste.« Camilla sprach kurz angebunden, aber Magda wusste, dass sich dahinter echte Teilnahme verbarg. Während Vanessa dem schnell erstarrenden Kadaver den Sattel abnahm (ein Wunder, dass Jaelle nicht abgeworfen und getötet worden war), trat Magda zu Jaelle, die wie gelähmt dastand. Magda drückte Salbe aus einer Tube und strich sie über die gefrorenen Tränen auf dem Gesicht ihrer Freipartnerin. Mit den Blutspritzern vermischt, ergab das einen grotesken Anblick. Nun, wenigstens würden ihre Wangen dann nicht erfrieren.
       »Bist du verletzt, Breda?«
       »Nein.« Aber Jaelle hinkte und stützte sich schwer auf Magda. »Etwas hat mich am Schienbein getroffen, als das Pony fiel. Ich glaube nicht, dass die Haut aufgeplatzt ist, das gibt nur einen blauen Fleck.« Sie begann von neuem zu weinen. »O Tänzerin!« Das war der Name ihrer kleinen Stute. »Damon schenkte sie mir in dem Jahr, als Dori geboren wurde. Als Füllen lief sie mir nach wie ein Hündchen. Ich habe sie selbst an den Sattel gewöhnt. O Magda, Damon wird böse sein, dass ich nicht besser auf sie aufgepasst habe.«
       Die Worte waren bedeutungslos, sie war hysterisch. Magda erkannte, dass Jaelle einen Schock erlitten hatte.
       »Nimm allen die Sättel ab, Camilla, dann kochen wir Tee. Jaelle braucht ihn. Wir brauchen ihn alle.«
       Auf ihr Drängen hin entfernten sie sich bergauf ein Stück von dem Kadaver des Ponys, um den sich die Kyorebni bereits stritten. Vanessa zündete ein Feuer an. Magda setzte Jaelle auf eine Satteltasche und betrachtete das, was einmal ein Weg gewesen war. Er war spurlos verschwunden. Trotzdem konnten sie von Glück sagen, dass sie noch am Leben waren und nur ein Reittier verloren hatten.
       Jetzt musste das Gebiet vor ihnen erst erkundet werden. Weder Jaelle noch Cholayna waren in einer Verfassung, dass sie hätten weiterziehen können. Tee wurde gekocht und getrunken. Camilla nahm dem toten Pferd den Sattel ab und versuchte, ihn dem kleinsten und fügsamsten Chervine aufzulegen. Aber Unterschiede in Größe und Gestalt machten das zu einem fast unmöglichen Vorhaben, auch als der Rücken des Tiers mit einer Decke ausgepolstert wurde.
       »Ich bin als Kind ohne Sattel auf einem Chervine geritten, aber ich habe nicht vor, das zu versuchen, solange es eine andere Möglichkeit gibt. Dies vorstehende Rückgrat reißt mich entzwei«, beklagte sich Jaelle. Der heiße Tee und ein paar Süßigkeiten aus den Packlasten hatten wieder etwas Farbe in ihr Gesicht gebracht, aber von ihrem Schienbein war die Haut abgeschunden, und der Bluterguss ging bis auf die Knochen.
       »Im nächsten Dorf versuchen wir ein Reit-Chervine oder wenigstens einen richtigen Sattel für das hier zu kaufen«, sagte Camilla. Magda war mit dem Essen fertig und stand müde auf.
       »Vanessa, uns beiden fällt die Aufgabe zu, die Pfadfinder zu machen und nachzusehen, ob es irgendwo da oben einen Weg gibt.« Sie sah sich die Karte an. Es war Mittag, und das Wetter war noch gut. Doch schon bildeten sich lange, schmale, am Ende gekrümmte Wolken im Norden, und Magda wusste, sie alle wussten, was das bedeutete: zumindest heftigen Wind, vielleicht Sturm und dichten Schneefall.
     

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