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Die Schwarze Schwesternschaft

Titel: Die Schwarze Schwesternschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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andere sich einen bezahlten Urlaub erschleichen, Vanessa?«
       Es war ein Vergnügen, auf das Magda gern verzichtet hätte, aber sie wollte Vanessa die Freude nicht verderben. Sie befanden sich jetzt unter den Bäumen, von denen manche in verrückten Winkeln von dem Hang unter ihnen emporwuchsen und manche über den Pfad hingen und das helle Sonnenlicht verdunkelten, dadurch jedoch etwas Schutz vor dem Wind boten. Rakhaila, Camilla und Jaelle waren außer Sicht. Marisela drehte sich um und winkte den drei Terranerinnen, sich zu beeilen. Magda sah, wie ihr fröhlich lächelndes Gesicht zu einer Maske des Entsetzens gefror und dann von einem Blutstrom ausgelöscht wurde. Ihre Augen starrten immer noch. In ihrem Schock schoss es Magda durch den Kopf, dass sie irgendwo gelesen hatte, die Augen einer Leiche könnten noch zwanzig Sekunden nach dem Tod sehen.
       Von irgendwoher ertönte Acquilaras triumphierendes Gelächter und hallte in ihren Ohren wider. Magda wurde zurückgerissen und zu Boden geworfen, ohne sich wehren zu können. Cholaynas ersticktes Keuchen war alles, was sie hörte - Marisela war gestorben, ohne die Chance zu einem Aufschrei zu erhalten.
       Ich hatte auch keine Chance, dachte sie in wahnsinnigem Kummer. Dann wurde die Welt dunkel und still.

26. Kapitel
    Das Erste, an das sie sich erinnerte, war: Das Sterben tut weh, aber der Tod nicht. Falsch, er tat weh, dachte sie. Ihre Arme und Beine fühlten sich zerschlagen an, und sie war sicher, dass zumindest von dem einen Bein die Haut abgeschunden war.
       Ich dachte, wenn ich tot bin, würde ich mich in der Überwelt wiederfinden. Cleindori sagte, sie sei dort gewesen, bevor sie geboren wurde. War das nur der Traum eines Kindes?
       Zu schade. Es war eine so schöne Vorstellung. Sie war sich sicher, dass die Wirklichkeit weniger angenehm sein würde. Aber wo war Marisela? Wenn sie zusammen getötet worden waren, müssten sie dann jetzt nicht auch zusammen sein?
       Nach langer Zeit tauchte ein orangefarbenes Glühen auf, und aus der Ferne hörte sie eine Stimme.
       »Du hast wieder einmal alles verkehrt gemacht. Ich wollte vor allem die andere, die Hebamme, lebendig haben.«
       Acquilaras Stimme. Natürlich. Was sonst?
       »Dann sollen wir die hier töten?«
       »Nein. Ich werde eine Verwendung für sie finden.«
       Es dauerte eine Weile, bis Magda aufging: Sie sprechen von mir. Der nächste Gedanke ließ wieder auf sich warten. Wenn sie überlegen, ob sie mich töten sollen, dann bin ich offenbar nicht tot. Und dann erinnerte sie sich wieder lange Zeit an nichts mehr.

    * * *

    Als sie das zweite Mal wach wurde, fürchtete sie, erblindet zu sein. Dunkelheit umgab sie und Stille, ausgenommen das ferne Tropfen von Wasser. Magda horchte angestrengt und vernahm leise, rasselnde Atemzüge. Neben ihr lag jemand und schlief. Schlief, dachte sie entrüstet, wenn Marisela getötet und ich gefangen genommen und zusammengeschlagen worden bin. Wie kann man da schlafen! Dann fiel ihr ein, dass sie selbst beträchtliche Zeit geschlafen hatte oder bewusstlos gewesen war. Vielleicht war sie nicht blind. Vielleicht war es dunkel hier, wo sie und die schlafende Person lagen. Sie wusste es nicht… ihre Augen waren geschlossen.
       Sobald sie das merkte, öffnete sie die Augen.
       Sie lag in einer Höhle. Über ihr stachen große helle Stalaktiten vom Dach herunter und beschatteten einander, so weit sie sehen konnte, wie die Säulen eines großen Tempels. In der Ferne flackerte ein Feuer und warf seltsame Bilder an die Wände.
       Eine dicke Pelzdecke hüllte sie ein, doch so viel sie feststellen konnte, war sie nicht gefesselt. Warum auch? Niemand konnte in diesem Klima weglaufen.
       Sie drehte sich um. In dem trüben, wabernden Licht sah sie zwei in Decken gewickelte Gestalten, die neben ihr auf dem Fußboden schliefen. Ihre Besieger? Oder Mitgefangene? Es war nicht hell genug, um sie zu erkennen. Sie betastete ihren Gürtel und stellte fest, dass ihr Dolch fehlte.
       »Shaya?«, flüsterte sie, und eins der Bündel regte sich.
       »Wer ist das? Ist sonst noch jemand hier?«
       »Ich bin es, Vanessa. Haben sie uns alle erwischt?«
       »Sie haben Cholayna. Sie hat sich noch nicht geregt, vielleicht haben sie zu hart zugeschlagen.« Die Stimme verriet, dass Vanessa geweint hatte. »Ich kann sie nicht atmen hören. O Magda, sie haben Marisela getötet!«
       »Ich weiß. Ich habe es gesehen.« Magda wurde die Kehle eng.

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