Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
gewöhnlichen Honorar lediglich einen Hungerlohn dar. Doch selbst jemand wie ich betätigt sich gelegentlich zum Nutzen der Allgemeinheit.
Ich ließ die Hälfte des Geldes verschwinden und schob dann die Serviette über den Tisch zurück. Der Inhaber blickte verstört drein – und ein wenig ängstlich. Ich nippte an meinem Brandy. »Verwende den Rest für das Mädchen«, sagte ich mit einer Sanftheit, die aufgrund meiner eigenen Erinnerungen bitter gefärbt war. »Eine Schwarze Witwe ist die einzige Art Hexe, die zu heilen vermag, was vom Geist deiner Tochter übrig ist, und die ihr vielleicht so etwas wie ein Leben wiedergeben kann. Eine Schwarze Witwe von solcher
Macht wird aber auch erwarten, für ihre Dienste gut bezahlt zu werden.«
»Das hat nichts mit deinem Honorar zu tun«, widersprach er.
Ich musterte das Hexenblut. Die Pflanze wächst an jedem Ort, an dem das Blut einer Hexe gewaltsam vergossen wurde oder an dem eine Hexe begraben liegt, die eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Es stimmt tatsächlich, dass es sich durch nichts zerstören lässt, sobald es einmal Wurzeln geschlagen hat.
Es stimmt außerdem, dass die Blütenblätter, sachgemäß getrocknet, ein süßlich schmeckendes, unversöhnliches Gift abgeben; wie eine Blume, die sich der Sonne öffnet und ihre ganze Kraft nur langsam erahnen lässt, bevor sie schließlich zu unerbittlichem Schmerz aufblüht. Das Gift ist äußerst bösartig und macht sich erst bemerkbar, wenn es längst viel, viel zu spät ist.
In diesem Augenblick würde der Krieger nichts als leichte Bauchschmerzen verspüren, und wenn er, wie ich vermutete, längst mit einer jungen Hure beschäftigt war, würde es ihm nicht einmal auffallen.
Nervös räusperte sich der Restaurantbetreiber. Sein Sohn, der darauf bestanden hatte, an diesem Abend den Kellnerjungen darzustellen, stellte zwei weitere Kognakschwenker auf den Tisch und trat dann von einem Bein auf das andere. Er blickte von seinem Vater zu mir und sagte: »Was soll ich mit dem Messer tun?«
»Reinige es, wie ich es dir gezeigt habe«, sagte ich, »und dann vergrabe es tief.«
Der Jüngling eilte davon.
In Wahrheit hatte sich auf dem Messer des Kriegers nichts als eine Glasur befunden, die ich aus Wurzeln und Kräutern hergestellt hatte, und die ihm leichte Magenschmerzen verursachen würde. Doch Vater und Sohn hatten mit ansehen wollen, wie der Tod hergestellt wurde. Verständlicherweise hatte ich ihnen nichts von dem pulverisierten Hexenblut erzählt, das ich heimlich in die Schüssel mit den gefärbten
Garnelen gemischt hatte. Das Durcheinander, das ich am Nachmittag in der Küche beim Zusammenbrauen der Glasur veranstaltet hatte, hatte die beiden jedoch hinreichend beeindruckt. Der Krieger würde das Bauchweh auf den übermäßigen Essensgenuss zurückführen und nicht weiter darüber nachdenken. Wenn das Hexenblut blüht, wird niemand mehr an diesen Ort denken … oder an mich.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf den Besitzer. »Was mein Honorar betrifft, behalte ich genug, um meine Ausgaben zu decken. Den Rest will ich nicht.«
»Aber …«
»Scht«, sagte ich und lächelte ihn an, während ich das Glas zu einem Toast erhob. »Ich war auf einer Vergnügungsreise, als du an mich herangetreten bist. Und« – ich lachte von Herzen – »wie ich schon meinem arroganten Begleiter während des Essens gesagt habe, halte ich Geschäft und Vergnügen streng voneinander getrennt.«
Danksagung
Mein Dank geht an Blair Boone, weil er immer noch mein erster Leser ist, an Debra Dixon, weil sie meine zweite Leserin ist, an Doranna Durgin, weil sie sich um die Website kümmert und für die Aufklärung über Welpen, an Candice Cavanaugh und Julie Green, weil sie mir helfen, fit zu bleiben, an Pat Feidner einfach weil , und an all die Freunde, die mich auf dieser Reise begleiten.
Titel der amerikanischen Originalausgabe
THE BLACK JEWELS SERIES:
TANGLED WEBS
Deutsche Übersetzung von Ute Brammertz
Verlagsgruppe Random House
Deutsche Erstausgabe 10/2008
Redaktion: Natalja Schmidt
Copyright © 2008 by Anne Bishop
Copyright © 2008 der deutschsprachigen Ausgabe by
Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagillustration: Dirk Schulz
Gesetzt aus der Slimbach
eISBN : 978-3-641-02648-6
www.heyne.de
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