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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schöne Schweinerei!« sagte Cravelli.
    Er hatte Dr. Berwaldt aus dem Bett geholt und saß nun vor ihm in ziemlich erregtem Zustand. »Ihre hübsche Kleine hat die Mappe im Hoteltresor eingeschlossen!«
    Dr. Berwaldt nickte freundlich. »Ich weiß. Mein Wagnerchen ist ein kluges und gut geschultes Mädchen. Ihr Husarenritt war eine Attacke gegen Windmühlen. Ich hätte Ihnen nicht diese Don-Quichotterie zugetraut, Cravelli.«
    Der Italiener schluckte diesen Spott mit ernster, unbeweglicher Miene. Er rauchte eine Zigarette und sah auf die glühende Spitze.
    »Sie verkennen anscheinend Ihre Lage, Dottore.«
    »Durchaus nicht. Sie ist trostlos. Aber Ihre auch!«
    »Eben! Ich habe Prof. Panterosi versprochen, ihm morgen mittag einige neue Ampullen zu geben, weil Sie angeblich aus Florenz zurückkommen.«
    »Das war dumm. Ebenso dumm und dilettantisch wie Ihr Einbruch bei meiner Sekretärin. Sie haben einen großen Fehler, Cravelli: Sie können nicht warten!«
    »Reden wir keine Lebensweisheiten, Dottore! Ich brauche das Mittel! Für die Kranken nebenan, für den Professor, für die Millionen Krebskranken –«
    »Hören Sie auf, Cravelli! Ihre triefende Menschenfreundlichkeit ekelt mich an!«
    »Ich werde Ihnen heute einen neuen Fall bringen. Die Nummer 3 Ihrer ›Privatstation‹. Ein Kind, Dottore. Ein 7jähriges Mädchen. Claretta Valconi. Es hat eine Lymphogranulomatose.«
    Dr. Berwaldt rannte erregt hin und her. »Auch das bekommen Sie noch fertig, Sie Satan!« schrie er.
    Cravelli nickte.
    »Ich habe das Kind bereits, Dottore. Ich hole es morgen früh ab! Die Eltern, arme Handwerker, sind glücklich, daß ich ihnen ihr Mädchen retten will. Es ist ihr einziges Kind. Die Mutter hat – als ich ihr versprach, Claretta durch Sie heilen zu lassen – sofort der Madonna zwei dicke Kerzen gestiftet –«
    »Hören Sie auf!« brüllte Dr. Berwaldt.
    »Sie werden Ihr Mittel herausgeben müssen, Dottore! Sie werden sich nicht des Mordes an einem unschuldigen Kind schuldig machen. Denn es ist Mord, weil Sie genau wissen, daß Sie helfen können!«
    »Gehen Sie!« sagte Berwaldt dumpf. »Ich höre Ihnen einfach nicht mehr zu.«
    »Sie werden mir morgen einen Brief mitgeben und Ihre Sekretärin zu mir bitten.« Cravelli erhob sich. »Dann geben Sie mir die Formel, eine Stunde später sind Sie frei, können Ihre Krebskranken behandeln, sich zum Retter der Menschheit erheben lassen.«
    »Und Sie?«
    »Auf mich wartet eine Privatmaschine außerhalb Venedigs. Ich werde längst in der Luft sein mit unbekanntem Ziel, wenn Sie wirklich so einfältig sein sollten, die Polizei zu verständigen.«
    »Und meine 25 Millionen Dollar?« fragte Berwaldt spöttisch. Cravelli nickte eifrig.
    »Der Scheck wird vor Ihnen liegen, bevor ich abfliege.«
    »Und wer garantiert mir, daß er echt ist?«
    »Erlauben Sie mal!« Cravelli war sehr beleidigt. »Schließlich bin ich ein Ehrenmann –« Er verließ hocherhobenen Hauptes den Dachboden.
    Dr. Berwaldt wartete eine halbe Stunde, bis er gewiß war, daß Cravelli sich wirklich in den unteren Räumen befand. Dann ging er in das Laboratorium, das neben dem Krankenzimmer lag. Die beiden Frauen schliefen fest. Berwaldt hatte ihnen das einzige gegeben, was er konnte, um ihre Schmerzen zu lindern: Morphium. Mit einem Perkussionshammer klopfte er die Decke des fensterlosen Raumes ab. Es klang hohl und dünn, als befände sich über dem Deckenputz nur eine dünne Holzlagenschicht und darüber Dachpappe oder Ziegel. Nirgendwo traf er auf den harten Klang von Mauerwerk oder festen Stoffen. Dr. Berwaldt kletterte vom Stuhl und rannte in das Ordinationszimmer. Er holte einen Hammer und einen Knochenmeißel und schüttelte den Kopf über die Korrektheit, mit der Cravelli ihm einen Operationssaal mit allen notwendigen Instrumenten eingerichtet hatte, als wolle er eine Musterschau eines gut eingerichteten OP demonstrieren. Dann stieg er wieder auf den Stuhl und begann, leise, mit kleinen, schnellen Schlägen, die sofort verklangen, ein Loch in die Decke zu stemmen. Zuerst staubte der Putz über ihn und fiel in größeren Stücken herab, dann kam eine geschlossene Holzdecke. Darüber muß Teerpappe liegen, dachte er. Anders ist es nicht erklärlich, daß der Klopfton so resonanzreich ist. Holz, Pappe und darüber der freie Himmel … Er trieb den Knochenmeißel immer tiefer in das Holz und splitterte die Späne heraus. Dann, nach einem wuchtigen Schlag, fuhr der Meißel ins Freie. Der Durchstoß war gelungen. Dr.

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