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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Er ist so, wie er immer war, wie in alten Zeiten, als Anne seine Favoritin war.«
    |685| Catherine nickte. »Ich gehe jetzt besser«, sagte sie und blickte sich zu dem Wachtposten um.
    »Sag Anne …« Ich unterbrach mich. Es gab viel zuviel zu sagen für eine einzige kurze Botschaft. Lange Jahre der Rivalität, dann eine erzwungene Einigkeit und immer wieder, verborgen unter unserer Liebe füreinander, auch das Gefühl, die andere übertreffen zu müssen. Wie konnte ich ihr in einem einzigen Satz all das sagen und ihr gleichzeitig mitteilen, daß ich sie immer noch liebte, daß ich froh war, ihre Schwester zu sein, wenn ich auch wußte, daß sie sich selbst in diese Lage gebracht und George mit hineingezogen hatte? Daß ich ihr zwar niemals vergeben konnte, was sie uns allen angetan hatte, daß ich sie aber trotzdem von ganzem Herzen verstand?
    »Was soll ich ihr sagen?« Catherine wartete ungeduldig, wollte zurückkehren.
    »Sag ihr, daß ich an sie denke«, erwiderte ich einfach. »Immer, jeden Tag. Wie immer.«
     
    Am nächsten Tag wurde mein Bruder neben seinem Geliebten, Sir Francis Weston, enthauptet, zusammen mit Henry Norris, William Brereton und Mark Smeaton. Man vollstreckte das Urteil auf dem Rasen vor Annes Fenster, und sie schaute zu, wie ihre Freunde und ihr Bruder starben. Ich ging mit meiner kleinen Tochter auf dem Arm am schlammigen Ufer des Flusses spazieren und versuchte, nicht daran zu denken, was gerade geschah. Eine Brise wehte sanft vom Fluß herauf, und über mir schrie traurig eine Möwe. Ich schnupperte die salzige Meerluft, wiegte mein Kind und versuchte zu begreifen, was mit uns Boleyns geschehen war, die wir am einen Tag das ganze Land beherrscht hatten und am nächsten als Verbrecher verurteilt wurden.
    Ich machte mich auf den Heimweg und merkte, daß mein Gesicht tränenfeucht war. Ich hätte niemals gedacht, daß ich George verlieren würde. Ich hätte niemals gedacht, daß Anne und ich ohne George weiterleben müßten.
     
    |686| Man ließ einen Henker aus Frankreich kommen, der Anne hinrichten sollte. Der König plante wohl eine Begnadigung in letzter Minute und wollte das Drama voll auskosten. Man baute ein Schafott für ihre Enthauptung auf dem Rasen draußen vor dem Beauchamp Tower.
    »Der König wird sie doch begnadigen?« fragte ich William.
    »Euer Vater hat das gesagt.«
    »Er wird es wie ein großes Maskenspiel inszenieren«, überlegte ich, weil ich Henry kannte. »Im letzten Augenblick schickt er seine Begnadigung, und alle werden so erleichtert sein, daß sie ihm den Tod der anderen verzeihen.«
     
    Der Henker war unterwegs aufgehalten worden. Es würde noch einen Tag dauern, bis er auf dem Schafott stand und dort auf die Nachricht von Annes Begnadigung wartete. An jenem Abend wirkte Catherine am Tor des Towers wie ein kleines Gespenst. »Heute ist Erzbischof Cranmer mit den Papieren gekommen, in denen die Ehe für nichtig erklärt wird. Sie hat sie unterschrieben. Man hat ihr versprochen, sie würde freigelassen, wenn sie unterschriebe. Sie kann jetzt in ein Kloster gehen.«
    »Gott sei Dank«, seufzte ich und merkte, wie groß meine Angst um Anne gewesen war. »Wann wird sie freigelassen?«
    »Vielleicht morgen«, antwortete Catherine. »Dann muß sie in Frankreich leben.«
    »Das wird ihr gefallen«, meinte ich. »In weniger als fünf Tagen ist sie bestimmt schon Äbtissin, du wirst sehen.«
    Catherine warf mir ein dünnes kleines Lächeln zu. Die Haut unter ihren Augen schimmerte violett vor Müdigkeit.
    »Komm jetzt mit nach Hause!« sagte ich plötzlich besorgt. »Es ist so gut wie vorüber.«
    »Ich komme, wenn es vorüber ist«, erwiderte sie. »Wenn sie nach Frankreich reist.«
     
    In jener Nacht lag ich schlaflos da und starrte auf den Betthimmel. Ich sagte zu William: »Der König wird sein Wort halten und sie freilassen, nicht wahr?«
    |687| »Warum sollte er das nicht tun?« fragte William zurück. »Er hat, was er wollte. Eine Anklage wegen Ehebruchs gegen sie, so daß niemand behaupten kann, er hätte ein Ungeheuer gezeugt. Die Ehe ist für nichtig erklärt, als wäre sie niemals geschlossen worden. Jeder, der seine Männlichkeit in Zweifel gezogen hat, ist tot. Warum sollte er sie noch töten lassen? Es wäre sinnlos. Und er hat es ihr versprochen. Sie hat die Nichtigkeitserklärung unterzeichnet. Er ist durch sein Ehrenwort gebunden und muß sie in ein Kloster schicken.«
     
    Am nächsten Tag führte man sie vor neun Uhr zum Schafott. Ihre Hofdamen,

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