Die Séance
sie nicht öffnete. Aber dann glaubte sie, drinnen etwas zu hören.
“Ana?”, rief sie.
Nichts.
Sie ging um das Haus herum. Ana muss zu Hause sein, dachte sie, denn sie konnte den Fernseher hören; irgendwo hinten im Haus lief ein Fernseher.
“Ana?”, schrie sie und bemerkte, dass Anas Wagen hinter dem Haus parkte. Ihre Freundin war eindeutig zu Hause, wieso ging sie dann nicht an die Tür oder reagierte auf ihren Namen?
Christinas Herz fing plötzlich an, viel zu schnell zu schlagen, aber im Geiste schüttelte sie sich selbst, um einen klaren Kopf zu behalten.
Es gab überhaupt keinen Grund, Angst um Ana zu haben. Ihr Haar war dunkel, nicht rot. Sie war eine attraktive Frau, schön und gut, aber sonst hatte sie mit den Mordopfern nicht die geringste Ähnlichkeit.
Mit rasendem Herzen und pochenden Schläfen rannte Christina zur Hintertür. Sie stand nicht gerade sperrangelweit auf, aber sie war offen.
Sie wollte schon hineingehen, als ihr klar wurde dass, wenn da drin jemand lauern sollte, sie keine Chance gegen ihn hätte; keine Chance, Ana zu retten, die noch am Leben sein musste. Musste einfach. Sie musste so schnell wie möglich zurück zu ihrem eigenen Haus kommen und die Polizei rufen.
Sie rannte über Tonys Rasen zurück zu ihrem Eingang und fragte sich, ob sie gerade von einem Mörder beobachtet wurde. Sie sah sich um, suchte nach irgendwelchen Anzeichen, dann stoppte sie mitten im Schritt, zu erschüttert, um sich überhaupt bewegen zu können.
Da stand Dans Wagen. Nicht vor Anas Haus geparkt, sondern die Straße runter, teilweise verdeckt von einer großen Eiche.
Sie fühlte sich krank.
Entsetzt.
Nein, das konnte nicht wahr sein.
Christina wollte weiterrennen, zu ihrem eigenen Haus, zu einem Telefon.
Aber sie stand bloß da, und Anas Haustür ging auf, und Dan kam heraus. Er hatte ein Stück Papier in der Hand, sah es aber nicht an. Er blieb einfach da stehen und zerknüllte das Papier in seiner Faust.
Selbst aus der Entfernung konnte sie erkennen, wie die Venen an seinem Arm hervortraten.
Sie wartete, wie eingefroren, als eine kalte Oktoberbrise über sie hinwegstrich und ihr Haar gegen ihre Kehle wehte.
Wie eine Warnung.
Sie merkte, dass sie hinter einem großen Busch teilweise vor Dans Blicken verborgen war, aber wenn sie nicht aufpasste, konnte er sie entdecken.
Sie sah sich verzweifelt um und versuchte herauszufinden, wo sie sich in Sicherheit bringen konnte.
Anas Haus?
Tonys Haus?
Ihr eigenes?
Sie fasste einen Entschluss und lief los.
Adam Harrison ließ nicht etwa ein Pendel vor Katherines Gesicht schwingen und suggerierte ihr dabei, sie würde jetzt schläfrig werden. Stattdessen sollte sie sich in einen bequemen Sessel setzen und die Augen schließen. Dann beschrieb er mit einschmeichelnder Stimme eine so ruhige und friedvolle Szenerie, dass Jed beinahe selbst eingeschlafen wäre.
Schließlich erzählte ihr Adam, sie wäre jetzt wieder ein Kind, zu Hause bei ihren Eltern, und obwohl ihr Bruder bei der Polizei arbeitete und eine eigene Wohnung hatte, kam er oft hier vorbei. Manchmal nahm er sie und ihre Freundinnen mit ins Kino oder in eins der örtlichen Spaßbäder.
“Beau trifft sich mit einem Mädchen namens Grace Garcia, Katherine. Erinnerst du dich an sie?”
“Ja. Sie kommt aus Ybor City. Ihre Familie stellt Zigarren her. Sie stammen eigentlich aus Kuba.”
Jed merkte, dass Katherines Stimme sich verändert hatte. Sie klang tatsächlich wie dreizehn, nicht wie die fünfundzwanzig, die sie doch war.
“Also hast du Grace gekannt.”
“Ja.”
“Und was hat Beau über sie gesagt?”
“Er mochte sie gern. Aber er hat sich erschrocken, als er sie zum ersten Mal gesehen hat.”
“Weißt du, wo das gewesen ist?”, fragte Adam.
Katherine lächelte. “Das weiß ich. Das weiß ich, weil ich dabei war.”
“Und wo war das?”
“Im Pub.”
Jed spürte, wie sich seine Muskeln anspannten.
“Was für ein Pub?”
“Der O’Reilly’s Pub. Da gingen jede Menge Leute hin. Beau sagte, alle echten Iren würden immer dahingehen.”
Alle echten Iren.
“Ich kann Beau jetzt sehen”, wisperte sie.
Jed war völlig reglos. Er konnte schwören, dass er den Mann selbst sehen konnte. Er stand neben seiner Schwester – und blickte Jed direkt in die Augen.
Und dann begann der Geist zu sprechen, und Jed dachte, er würde den Verstand verlieren.
“Das ist es”, sagte Beau. “Jetzt passt alles zusammen. O’Reilly’s. Das ist der Dreh- und Angelpunkt von
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