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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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ihres Mieders zu lösen. Siiran ließ ihn gewähren, aber als seine Küsse fordernder und seine Hände gieriger wurden, rückte sie ein wenig ab und zog ihr Mieder über den Brüsten zusammen. Ihr Zopf hatte sich gelöst, helle Haarsträhnen fielen über ihre Schultern. »Lluis, Liebster, was hast du?«, fragte sie und tastete nach seiner Hand. Er hockte auf seinen Fersen und starrte in die Dunkelheit.
    Â»Lass uns fortgehen«, sagte er unvermittelt. »Ich habe Geld von Alfried bekommen. Es ist nicht viel, aber für den Anfang wird es reichen.« Er kniete sich neben sie und forschte in ihrem Gesicht. »Willst du mit mir gehen? In die Residenz? Meine Mutter hat mir so viel davon erzählt, mir ist, als wäre ich selbst schon dort gewesen.«
    Siiran schaute verwundert drein. »Aber darüber haben wir noch nie gesprochen. Ich möchte nicht fortgehen.«
    Â»Siiran«, rief er gequält aus. »Deine Eltern wollen nicht, dass wir zusammen sind. Wir können uns nur heimlich treffen, und irgendwann werden sie dir einen Ehemann suchen, und das werde ganz sicher nicht ich sein!«
    Siiran zog ihn an ihre Brust und streichelte seinen Kopf. Ihre Finger spielten mit seinen dunklen Locken und ihre Lippen strichen über sein Ohr. Er umarmte sie, zog sie ins Gras, und sie liebten sich heftig und wortlos, ohne die gewohnten Neckereien und Tändeleien, zärtlichen Worte und das Lachen, das sonst ihr Liebesspiel begleitete.
    Dann lagen sie Arm in Arm im Dunkeln und blickten in den Himmel. Siiran fröstelte, und Lluigolf deckte sein Hemd über sie.
    Â»Liebst du mich?«, fragte er. Sie sah ihn an, und ihre Augen glänzten gespenstisch im schwachen Licht der Sterne. Katzenaugen. Elbenaugen.
    Â»Ich liebe dich«, sagte sie zärtlich.
    Â»Warum?«
    Sie lachte auf und zauste sein Haar. Er hielt ihre Hand fest und wiederholte: »Warum, Siiran?«
    Â»Weil du …«, sie dachte nach und kraulte gedankenverloren seinen Nacken, fuhr mit den Fingern seine Schulter und seinen Arm hinab, verflocht ihre Finger mit seinen. Lluigolf spürte mehr, als er sehen konnte, dass sie lächelte. »Du bist anders als die anderen«, sagte sie schließlich. Er zuckte zusammen, und sie schüttelte den Kopf. »Nein, das meine ich nicht. Ich meine, dass du freundlich bist und klug und kein Schwätzer oder Aufschneider. Du denkst nach, ehe du etwas sagst – jedenfalls meistens. Und ich liebe deine niedlichen weichen Haare – du weißt schon«, fügte sie verlegen hinzu.
    Lluigolf lächelte wider Willen. Das war ein Erbteil seiner menschlichen Seite – kein Elbe hatte auch nur einen Hauch von Körperbehaarung oder Bartwuchs.
    Â»Jetzt du«, forderte sie ihn auf und stupste ihn an.
    Aber ehe Lluis ihr sagen konnte, wie sehr er ihre Augen liebte, ihr Lächeln, ihre sanfte Stimme und ihren Dickkopf, sprang Siiran auf und suchte ihre Kleider zusammen. »Mein Vater«, flüsterte sie. »Er ruft nach mir.«
    Lluigolf hatte zwar schärfere Ohren und bessere Augen als ein Mensch, aber die Sinne der reinblütigen Elben waren den seinen weit überlegen. Er stellte Siirans Wahrnehmung also nicht in Frage, sondern half ihr beim Schnüren ihres Mieders. Dann küsste sie ihn hastig, aber fest auf die Lippen und flüsterte: »Bis morgen?«
    Â»Bis morgen«, erwiderte er und hielt sie noch einmal zurück. »Denkst du darüber nach? Mit mir fortzugehen?«
    Sie nickte, ungeduldig, und er ließ sie gehen.

    Der nächste Tag schleppte sich dahin, als wäre er in zähen Sirup gebettet. Lluigolf glaubte zu spüren, wie er zwischen der Morgendämmerung und dem schläfrigen Ruf des Rußschwanzes, der die sinkende Sonne verabschiedete, zum silberhaarigen Greis schrumpelte. Seine Unruhe trieb ihn, früher als nötig aufzubrechen. Die kleine Laube, die er unter einer jungen Buche errichtet hatte, war einer ihrer liebsten Treffpunkte. Er lag nicht allzu weit von Siirans Elternhaus entfernt in einem Teil des Waldes, in dem sich selten ein Mensch oder Elbe blicken ließ. Wenn ihnen dort jemand begegnete, dann war es ein Reh, ein Fuchs oder ein Eichhörnchen, das sie von einem Baum herab misstrauisch beäugte.
    Der Tag war ungewöhnlich warm und ein wenig gewittrig gewesen. Selbst im Schatten des Laubes, zwischen Farn, Moos und silbrigen Buchenstämmen hing dick wie Mehlsuppe die feuchte Luft und

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