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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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als wäre er sein Leibeigener. Da waren ihm sogar die ständigen Sticheleien Megins oder die kalte Ablehnung Ragins, des Jüngsten, noch lieber – die beiden kommandierten ihn wenigstens nicht andauernd herum.
    Brant sah ihm ärgerlich entgegen, als Lluigolf herantrödelte. »Drückst du dich wieder vor der Arbeit«, sagte er knurrig. »Die Mutter sucht nach dir. Eil dich, nimm die Beine in die Hand!« Er wandte sich um und ging zum Holzstapel. Lluigolf sah ihm nach. Brant war einen guten Kopf größer als er und breit wie ein Schrank. Seine Muskeln spielten unter der sonnenverbrannten Haut der Arme, als er nach der Axt griff und sie auf einen Scheit niedersausen ließ. Er war nun der Herr über Haus und Hof, sein Vater, der das Alter zu spüren begann, überließ ihm inzwischen klaglos die Herrschaft. Die Frauen im Dorf machten dem stattlichen Mannsbild schöne Augen, aber Brant war ein Hagestolz, der keine Neigung zur Heirat zeigte, obwohl seine jüngeren Brüder und sogar seine nachgeborene Schwester Kaija schon längst Familien gegründet und ihrer Mutter Enkelkinder geschenkt hatten.
    Brant, der Jahre jünger war als er. Alle seine Stiefgeschwister waren so viel jünger als er – und sie alle behandelten ihn wie ein Kind, wie den Jüngling, der er noch immer war. In Elbenjahren und Menschenaugen.

    Seine Mutter saß in ihrer Kammer und spann Flachs. Lluigolf konnte sie sich nicht mit untätigen Händen vorstellen. Sie blickte auf, als er eintrat, und lächelte. Er setzte sich auf den Hocker zu ihren Füßen und stützte das Kinn in die Hände. Die schöne Rialinn, so wurde seine Mutter einst genannt, als sie noch Kammerfrau der Markgräfin auf Burg Raakus war. Schön war sie auch jetzt noch, auch wenn ihr Haar inzwischen weiß und ihr Gesicht voller Falten war. Ihre dunklen Augen blickten noch immer so jung und strahlend wie die ihrer Tochter. Wenn Lluigolf sie ansah, erblickte er die junge Frau, die ihn geboren und aufgezogen hatte – das war, bevor Alfried, sein Stiefvater, Rialinn geheiratet und ihren Bankertsohn wohl oder übel mit in Kauf genommen hatte. Die Schönheit seiner Mutter war jedoch ganz sicher nicht der Grund, warum Alfried sie zur Frau genommen hatte. Nein, die Markgräfin hatte Rialinn mit einer schönen Mitgift versorgt, als sie sie aus ihrem Dienst entließ.
    Lluigolf wusste, dass Rialinn den Hof damals hatte wegen ihm verlassen müssen. Sie hatte das Leben dort geliebt, und die Markgräfin war ihr eher eine Freundin als eine Herrin gewesen. Aber ein Sohn wie er bedeutete einen zu großen Makel für ihre Stellung am Hof. Dem jung verwitweten Freisassen Alfried kam die Mitgift gut zupass, und dass die ehemalige Kammerfrau sich nicht zu schade war, bei der Arbeit auf dem Hof kräftig mit anzupacken, sorgte dafür, dass ihre Ehe so glücklich wurde, wie es unter diesen Umständen möglich war.
    Rialinns einzige Sorge in all der Zeit galt ihrem Erstgeborenen. Alfried, ebenso wie die anderen Dorfbewohner und später auch seine Geschwister, begegneten Lluigolf mit Misstrauen und Ablehnung. Lluigolf wäre schon längst aus dem Haus gegangen und in die Fremde gezogen, wenn seine Mutter ihn nicht immer wieder zurückgehalten hätte. Er wusste nicht, wen Rialinn in Wirklichkeit sah, wenn sie ihn wie jetzt mit einem versunkenen Lächeln anblickte. Über seinen Vater wusste er nichts, denn Rialinn hatte sich immer geweigert, über ihn zu sprechen.
    Unwillkürlich hob Lluigolf die Hand und schob seine Locken beiseite. Rialinns Augen weiteten sich, sie seufzte und berührte sein entblößtes Ohr zart mit einer Fingerspitze.
    Â»Du wolltest mich sprechen, Mutter?«, fragte er und beugte den Kopf zur Seite. Sein Haar fiel zurück und verdeckte das verräterische Ohr.
    Sie nahm seine Hände. »Bist du glücklich, Lluis?«
    Er nickte zögerlich. »Wirklich?«, drängte sie wieder.
    Â»Warum fragst du mich das?«
    Sie senkte die Augen. Ihre Daumen strichen über seinen Handrücken. »Dein Vater …«
    Â»Er ist nicht mein Vater«, sagte Lluigolf heftig. Rialinn schüttelte mahnend den Kopf. »Entschuldige«, lenkte er ein.
    Â»Alfried hat sich gestern lange mit mir unterhalten«, begann sie erneut. »Er sorgt sich um dich, genau wie ich. Wir fragen uns, ob du hier glücklich bist. Deine Brüder … was wird aus

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