Die Seele des Feuers - 10
dem Finger durch den Staub. »Er brach mit zweien seiner Männer, Walsh und Bollesdun, auf, um, wie er sagte, Richard seinen Titel als Lord Rahl zurückzugeben. Verna erklärte er, sie solle sich die Mühe sparen, ihm zu folgen. Er meinte, es würde ihr ohnehin nicht gelingen.«
Kahlan sah auf und blickte in Anns plötzlich sorgenvolle Augen. »Ich glaube, Nathan brach auf, um zu vergessen, was immer in jener Nacht endete. Um die Person zu vergessen, die ihm geholfen und dabei ihr Leben gelassen hatte. Ich glaube nicht, daß ihr ihn findet, solange er das nicht will.«
Zedd schlug sich mit der Hand auf die Knie und brach sein Schweigen. »Ich will alles wissen, was seit unserem letzten Zusammensein geschehen ist, Richard, seit Anfang letzten Winters. Die ganze Geschichte, laß nichts aus – jedes Detail ist wichtig. Du verstehst das vielleicht nicht, aber Einzelheiten können von entscheidender Bedeutung sein. Ich muß alles wissen.«
Richard hob lange genug den Kopf, um den gespannt erwartungsvollen Gesichtsausdruck seines Großvaters zu bemerken. »Ich wünschte, wir hätten die Zeit, dir davon zu erzählen, Zedd, aber das ist leider nicht der Fall. Kahlan, Cara und ich müssen zurück nach Aydindril.«
Ann nestelte an einem Knopf ihres Kragens. Kahlan fand, daß die Fassade ihrer gespielten Nachsicht die ersten Risse bekam. »Wir könnten jetzt beginnen und uns morgen unterwegs weiter unterhalten.«
»Du weißt gar nicht, wie gerne wir bei euch bleiben würden, aber leider ist für eine solche Reise keine Zeit«, sagte Richard. »Wir müssen uns beeilen und werden deshalb durch die Sliph reisen müssen. Tut mir leid, wirklich, aber durch die Sliph könnt ihr uns nicht begleiten. Ihr werdet euch allein auf den Weg nach Aydindril machen müssen. Gleich nach eurem Eintreffen können wir uns weiter unterhalten.«
»Die Sliph?« Zedd rümpfte die Nase, als er das Wort aussprach. »Wovon redest du überhaupt?«
Richard antwortete nicht, schien ihn nicht einmal zu hören. Er beobachtete das mit einem Tuch verhängte Fenster. Kahlan antwortete an seiner Stelle.
»Die Sliph ist eine…« Sie hielt inne. Wie erklärte man so etwas? »Nun, sie ist so etwas wie lebendiges Quecksilber. Sie kann mit uns kommunizieren. Sprechen, meine ich.«
»Sprechen«, wiederholte Zedd tonlos. »Und was erzählt sie so?«
»Das Sprechen ist nicht wichtig.« Kahlan fuhr mit dem Daumennagel an ihrer Hosennaht entlang, während sie in Zedds haselnußbraune Augen blickte. »Die Sliph wurde während des Großen Krieges von den Zauberern erschaffen; diese machten Menschen zu Waffen, und auf ebendiese Weise schufen sie auch die Sliph. Früher war sie eine Frau. Sie benutzten ihr Leben dazu, die Sliph zu erschaffen, ein Wesen, das mit Hilfe von Magie etwas ermöglicht, was man Reisen nennt. Sie wurde dafür benutzt, rasch große Entfernungen zurückzulegen, wirklich große Entfernungen, zum Beispiel von hier nach Aydindril oder an zahlreiche andere Orte in weniger als einem Tag.«
Zedd dachte über ihre Worte nach, so erstaunlich sie ihm auch – Kahlan war sich dessen sicher – erscheinen mußten. Ihr war es anfangs ebenso ergangen. Normalerweise dauerte eine solche Reise viele Tage, selbst zu Pferd, unter Umständen sogar mehrere Wochen.
Kahlan legte ihm eine Hand auf den Arm. »Tut mir leid, Zedd, aber du und Ann, ihr könnt nicht mitkommen. Wie du gerade erklären wolltest, unterliegt die Magie der Sliph zu ihrem eigenen Schutz gewissen Regeln. Aus diesem Grund mußte Richard auch sein Schwert zurücklassen, seine Magie ist mit der Magie der Sliph unvereinbar.
Um in der Sliph reisen zu können, muß man außer der Additiven auch über einen kleinen Anteil Subtraktiver Magie verfügen. Ein Teil davon ist in meine Konfessorenkraft eingebunden, und Cara fängt mit Hilfe ihrer Fähigkeiten als Mord-Sith die Gabe eines Andoliers ein, der ein Element davon besitzt, wodurch sie ebenfalls reisen kann. Und Richard verfügt ohnehin über die Gabe der Subtraktiven Magie.«
»Du hast Subtraktive Magie benutzt! Aber … aber, wie … was sollen … wo…« stammelte Zedd, der nicht mehr wußte, welche Frage er zuerst stellen sollte.
»Die Sliph lebt in diesem steinernen Brunnen. Richard hat die Sliph herbeigerufen, und jetzt können wir in ihr reisen. Wir müssen allerdings vorsichtig sein, denn sonst gelingt es Jagang, seine Günstlinge hindurchzuschleusen.« Kahlan schlug die Innenseiten ihrer Handgelenke leicht gegeneinander. »Wenn wir
Weitere Kostenlose Bücher