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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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rutschte auf etwas Glitschigem aus. Hart schlug er auf dem Felsen auf. Ein wilder Schmerz raste von seinem Handgelenk aus durch den ganzen Körper, stärker als alles, was er je zuvor gespürt hatte. Wieder rollte er sich zusammen und wartete darauf, dass das Brennen und Reißen abflaute. Um ihn herum lagen Tang und Algen, Muschelschalen und stinkende, glitschige Haufen. Eine Insel! Er lag auf einer kleinen, felsigen Insel. Warum? Was war passiert? Und was war das dort in der Dunkelheit, das sich grunzend bewegte?
    Monster. Ungeheuer. Es gab sie wirklich. Nicht nur in Büchern und auf Bildern. Kjell rollte sich noch fester zusammen. Wenn er sich nicht bewegte und ganz still blieb, wie einer der Felsen, dann würden sie ihn im Dunkeln vielleicht nicht sehen. Doch sein Flehen wurde nicht erhört. Eines der großen Wesen kam näher. Plump und schwerfällig rutschte es über die Steine, und dann erkannte er, was sich auf ihn zubewegte.
    Nur ein Seehund. Kein Monster. Nur eine Herde Seehunde.
    Kjell fühlte Erleichterung, aber nur kurz. Denn er war auf einer Insel, und er war allein. Um ihn herum gab es nur Steine, finstere Nacht und aufgewühltes Meer. Gischtkämme leuchteten im Dunkeln, wurden vom stürmischen Wind zerfetzt und besprühten als feiner Nebel seinen nackten Körper. Er war so weit draußen, dass Angus ihn nicht finden würde.
    Ich habe ihm die Hand zerquetscht. Einfach so. Sein Blut ist auf die Dielen getropft. So viel Blut, dass es wie ein Bach aus ihm herausgeplätschert ist. Diesmal habe ich ihm wehgetan.
    Kjell begann zu weinen.
    Der Schmerz in seinem Körper brannte und loderte und wollte nicht weniger werden. Er erinnerte sich an seine wilde Verzweiflung, die ihn dazu getrieben hatte, einen erneuten Fluchtversuch zu wagen. Wut hatte ihn überwältigt. Er erinnerte sich an eine Holzschachtel, an das zersplitterte Fenster und an Angus’ zornrotes Gesicht.
    Einfach nur frei sein. Nur raus, irgendwohin. Dieses winzige Zimmer mit seinen dunklen Wänden hatte ihn wahnsinnig gemacht.
    Ich habe seine Knochen zerquetscht, als wären sie aus Glas.
    Und dann? Was war dann? Ich bin gerannt. Einfach nur gerannt. Immer weiter, immer weiter. Und auf einmal war ich am Meer. Aber es war nicht so, wie ich dachte. Überhaupt nicht so, wie ich dachte.
    Kjell hob die Hand und starrte auf seine Finger. Er hatte seinem Vater wehgetan, obwohl dieser ihn immer beschützt und umsorgt hatte. Angus hatte ihm einen Teller mit Milch, Käse, Brot und Schinken gebracht, ihm über das Haar gestrichen und sanft mit ihm geredet.
    Nein! Er stieß ein wütendes Knurren aus. Vor allem hat er mir wehgetan. Er hat es verdient. Es war seine Schuld. Wenn er mich nur rausgelassen hätte …
    Kjell sank gegen einen Felsen und schluchzte. Verzweiflung klaffte in ihm auf wie ein tiefes Loch. Er kauerte unter der schrecklichen Weite des Nachthimmels, und um ihn herum gab es keine Wände, die ihn schützten. Es gab keine Stimme, die ihm sagte, was er tun oder lassen musste. Niemand war bei ihm, nur die grunzenden Seehunde, die ihn aus dem Dunkeln anstarrten. Hätte er doch nur eine Decke. Wäre er doch nur in seinem warmen Bett. Sein Vater würde ihn nicht suchen, denn er hatte ihm die Hand zerquetscht, und wenn er ihn doch suchte und fand, würde er ihn totschlagen.
    Das Gefühl der Verlorenheit war sogar noch schlimmer als die endlose Langeweile. Kjell presste sich an den Felsen. Er zog die Beine an seinen Körper, schlang die Arme darum und zitterte.
    Was sollte er tun? Wohin gehen?
    Er war auf einer Felseninsel mitten im Meer. Das Wasser war eiskalt, er würde sterben, ehe er ein paar Meter geschwommen war.
    „Hilf mir“, flüsterte er. „Bitte hilf mir. Es tut mir leid. Ich wollte das nicht. Ich wollte es nicht, bitte …“
    Ein schreckliches Brennen breitete sich auf seinen Beinen aus. Seine Haut fühlte sich an, als stünde sie in Flammen, aber er spürte an seinen Händen, wie kalt sie war. Ein silberner Schimmer überzog seine Füße, kroch an seinen Waden empor und erreichte die Schenkel. Dieser Schimmer wurde immer heller, immer deutlicher, und als Kjell sah, wie sich kleine, ovale Erhebungen auf seiner Haut abzeichneten, brach ein neuer Schmerz über seinen Rippen auf. Er tastete danach – und stieß ein ungläubiges Keuchen aus. Sein Fleisch klaffte auf, als hätte jemand ein Messer gegen ihn gerichtet. Zweimal, dreimal, viermal. Vier tiefe Schnitte auf jeder Seite, in denen sich zarte, federartige Dinger bewegten. Beinahe wie

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