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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Lächelnd rührte sie weiter. „Sehr schön. Hast du den Walfänger schon kennengelernt?“
    „Den Walfänger?“
    „Also nicht.“ Ihr Gesicht wurde unvermittelt so hart, als hätte sie in jener ihm noch unbekannten Figur den hassenswertesten Menschen ihres Lebens verewigt.
    „Pass auf. Du brennst mit deinem Laserblick gerade Löcher in den Topf.“
    Sie gab als Antwort nur ein Knurren von sich.
    „Hüte dich, einen Schriftsteller zu ärgern“, scherzte Kjell. „Er könnte dich in ein Buch hineinschreiben und dir unbeschreibliche Dinge antun.“
    „Nein.“ Fae schüttelte den Kopf. „Es ist anders. Oder andererseits …“ Sie schien den Faden zu verlieren und starrte eine Weile ins Leere. Ihr blasses Gesicht spiegelte sich in den dunkelgrünen Fliesen, die die Wand über dem Herd verkleideten.
    „Wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein“, fuhr sie leise fort, „dann ist es das auch. Ich wünschte, du müsstest nie von Breac erfahren. Aber wenn du auf das Meer schaust und denkst, dass es wunderschön und befreiend ist, dann sollst du auch wissen, was hinter dem Horizont liegt. Du sollst wissen, was dort auf dich wartet. Das Hässliche und Gierige. Der Gestank nach Blut. Scharfe Klingen. Herausgerissene …“
    Sie keuchte auf, ließ den Holzlöffel in den Topf fallen und griff sich mit beiden Händen an die Schläfe.
    Wieder und wieder schüttelte sie den Kopf. „Ich will nicht daran denken. Nie, nie wieder!“
    „Mum …“
    „Es ist gut.“
    Sie hielt ihn mit einer abwehrenden Geste auf Abstand, nahm den Löffel wieder in die Hand und rührte weiter.
    „Tut mir leid. Im Alter wird man ein bisschen sentimental.“
    „Es ist nur eine Figur.“ Kjell berührte sie an der Schulter, spürte ihre Knochen unter der Haut und das weiche, weiße Haar unter seinen Fingern. „Nur eine Figur in einem Buch.“
    „Ich wünschte, es wäre so.“
    „Mum, du wirst mir langsam unheimlich.“
    „Nein, nein.“ Sie schüttelte traurig den Kopf. „Es tut mir leid. Ich wollte dir keine Angst machen.“
    „Dann hör auf, so seltsam zu sein.“
    „Seltsam?“ Sie schien nicht zu begreifen, wovon er redete. „War ich nicht schon immer ein bisschen seltsam?“
    „Ein bisschen seltsam“, bestätigte er liebevoll. „Aber gerade bist du mehr als ein bisschen seltsam.“
    Sie zuckte mit ihren knochigen Schultern. „Das Leben ist eine Strömung, mein Junge, und wir sollten uns darauf treiben lassen. Sie bringt uns dorthin, wo unser Schicksal auf uns wartet, ob wir nun dagegen ankämpfen oder nicht. Alles wird gut. Lass dir das gesagt sein. Am Ende wird alles gut.“
    Das Dunkle verschwand aus ihrem Blick und ihre Miene wirkte plötzlich so gelöst wie zuvor. Hoffnung leuchtete im Grün ihrer Augen, als sie hinüber zum Fenster sah. Was immer mit ihr los war, sie sah glücklich aus, und das war das Wichtigste.
    Nach einem Kuss auf die Stirn, den Fae mit einer Umarmung erwiderte, wandte er sich um und ging wieder in sein Zimmer. Verheißungsvoll lag das Buch auf der Bettdecke, als warte es nur darauf, wieder in die Hand genommen zu werden. Breac, der Walfänger.
    Das Hässliche und Gierige. Der Gestank nach Blut. Scharfe Klingen. Herausgerissene was-auch-immer.
    Kjell zog den Morgenmantel aus, legte ihn auf den Boden und ließ seinen Schlafanzug folgen. Nackt kroch er ins Bett, griff nach dem Buch und genoss die weiche Kühle der Bettwäsche an seinem Körper.
~ Kjell, Juni 1982 ~
    Das erste, was er hörte, war dumpfes Grunzen. Er war nicht in seinem Zimmer. Er lag nicht auf seinem Bett und er hockte auch nicht auf dem Fensterbrett, wo er manchmal, den Kopf an die Scheibe gelehnt, über seinen ewig kreisenden Gedanken einschlief.
    Ihm war kalt. Er hatte Schmerzen. Jeder Knochen in seinem Leib tat weh, als er sich bewegte. War er krank? Aber er war nie krank gewesen, hatte nur davon in Büchern und Zeitungen gelesen.
    Kjell blinzelte.
    Er spürte Wind auf seiner Haut, brennende Nässe und Frost. Unter ihm war harter Stein, überall um ihn herum erklang dieses schreckliche Stöhnen und Blöken.
    Wie immer, wenn er aus einem Albtraum erwachte, rollte er sich zusammen und bewegte sich nicht. Wartete einfach still und stumm, bis der Traum vorbei war. Aber dieser hier wollte und wollte nicht enden.
    Stattdessen schälten sich Umrisse aus der Dunkelheit. Er war draußen, und er war allein. Etwas bewegte sich in der Finsternis. Viele, viele Schatten. Große Schatten. Schreckliche Wesen. Kjell sprang auf, stolperte und

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