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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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Bewegungen der Fluke hielt Kjell sich an der Oberfläche und sah seinen Atemwolken nach. Wie still es heute war. Aber es war nicht die reine, ursprüngliche Stille des Meeres an ruhigen Tagen. Dieses Schweigen war wie Frost. Wie das schwarze Wasser unter einer dicken, erstickenden Eisschicht. Und doch war es schön. Der silbergraue Spiegel des Sees, der Nebel, in dem sich die Silhouetten der Inseln wie blasse Schatten abzeichneten. Die lautlos fliegenden Möwen und die Schwäne, die langsam über das Wasser schwebten. Eine Geisterwelt. All das passte zu dem Gefühl, das ihm der See gab. Wie sehr vermisste er die raue, wilde Kraft des Meeres, die ihn längst nicht mehr erfüllte. Stattdessen fühlte er sich müde und unwirklich. Es war nicht unangenehm, aber er begann, sich wie ein Schatten zu fühlen. Blass und kraftlos. Wie der See im Vergleich zum Ozean.
    Als Kjell zum Ufer hinüberblickte, sah er Alexander am Rande eines Schilfgürtels stehen. Er hob einen Arm und winkte ihm zu, Kjell erwiderte die Geste. Es fiel ihm nicht schwer, die Tiefen des Sees hinter sich zu lassen. Inzwischen kannte er jeden Flecken darin, jeden Baumstamm, jede Wasserpflanze und jede sandige Stelle, auf der man ausruhen und nachdenken konnte. Er hatte das Gewässer viele Male durchquert, umrundet und erforscht. In der ersten Zeit, nachdem er sich an das Süßwasser gewöhnt hatte, war er oft sogar tagelang fort gewesen. Nicht weil es in seiner Absicht gelegen hatte, sondern weil er in der unbekannten Welt des großen Sees vollkommen vergessen hatte, dass Zeit existierte. Fae war außer sich gewesen. Zu viert hatten sie das gesamte Gewässer per Boot nach ihm abgesucht, und als er irgendwann an Bord geklettert war, zufrieden und glücklich, hatte Fae ihm die erste Ohrfeige seines Lebens verpasst.
    Heute würde er sie nicht warten lassen. Kjell sehnte sich nach ihr, so sehr, dass es in seinem ganzen Körper zog und schmerzte, und wenn er sich fragte, wie viele Gefühle er wohl noch ertragen konnte, wurde ihm flau im Magen. Er musste endlich etwas tun. Seit Wochen versteckten sie sich und lebten in ständiger Vorsicht. Aber wie sollte er etwas daran ändern? Der Narwal war tot, die Lichtwesen erloschen.
    Ein Monster zu töten, lag nicht in seiner Macht.
    Sicher würden ihm noch einmal die Wale zu Hilfe kommen, wenn er sie darum bat, aber der Gedanke, ihr Leben erneut zu riskieren, war ihm unerträglich. In seinen Erinnerungsfetzen sah er, wie erbittert sie für ihn gekämpft hatten, und er bezweifelte keinen Augenblick lang, dass nicht alle Wale diese wilde Schlacht überlebt hatten.
    Aber blieb ihm eine Wahl? Allein war er machtlos, und er konnte dieses grauenvolle Wesen nicht unbehelligt durch die Meere ziehen lassen. Es hatte den uralten Narwal gefressen, es brauchte Unmengen an Fleisch und bestand nur noch aus Hunger, Wut und Gier.
    In Kjell formte sich ein Entschluss. Er würde die Wale rufen, und dieser Ruf würde so laut sein und so weit reichen wie niemals zuvor. Er würde ihnen seine Erinnerungen übermitteln, ihnen sagen, wie gefährlich es war. Dann konnte jedes Tier selbst entscheiden, ob es zu ihm kam und sich dem Kampf stellte, oder ob es ihm fernblieb. Keinem würde er seinen Willen aufzwingen.
    Aber um diesen Plan zu verwirklichen, brauchte er seine alte Kraft, und die würde erst zurückkehren, wenn er im Meer war.
    Sein Blut begann zu brennen. Morgen würde er es tun. Für Fae. Er hatte es satt, die Angst in ihren Augen zu sehen, und er hatte es satt, sich nicht völlig fallenlassen zu können.
    „Hier.“ Alexander reichte ihm ein Handtuch, als er aus dem Wasser kam. Niemand war weit und breit zu sehen. Menschen mochten weder Kälte noch Regen. Hastig trocknete er sich ab, zog die Jeans und das weiße Hemd an, das Fae am liebsten an ihm sah, stieg in das Auto und schnallte sich an.
    „Wo ist Ukulele?“
    „Noch was Privates erledigen.“ Alexander ließ sich in den Fahrersitz fallen und startete den Motor. „Irre ich mich, oder ist dir eine Laus über die Leber gelaufen?“
    Kjell seufzte. Musste dieser Mensch so aufmerksam sein?
    „Schon klar.“ Alexander schnalzte mit der Zunge. Ein Laut, den er nach wie vor merkwürdig fand. Es erinnerte an die Klicklaute, mit denen er sich orientierte, mit dem Unterschied, dass diese Geräusche vollkommen sinnlos waren. „Du planst etwas, habe ich recht? Ich sehe es dir an der Nase an. Raus mit der Sprache, Kjell. Ich bin nicht blind.“
    Er stieß ein leises Knurren aus. „Ich

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