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Die Seele des Ozeans

Die Seele des Ozeans

Titel: Die Seele des Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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gelesen?“
    Er nickte schmerzerfüllt. Der Klumpen in seiner Kehle schnürte ihm die Luft ab.
    „Es ist alles wahr“, sagte Fae. „Du bist das Kind, das er gerettet hat, und jetzt ist er gekommen, um mich nach Hause zu bringen.“
    „Nein.“ Das Wort war nur ein heiseres Krächzen. Er wollte seine Mutter packen und sie schütteln, wollte ihr diesen Irrsinn austreiben, aber er konnte sich nicht rühren. Ein Instinkt flüsterte ihm ein, dass nichts sie aufhalten konnte. Wenn er sie über die Schulter warf und ins Haus trug, würde sie im nächsten unaufmerksamen Moment wieder zum Strand flüchten. Es sei denn, er fesselte sie und rief jemanden an, der ihr besser helfen konnte als er selbst. Seine Mutter in einem Heim? Festgebunden wie eine Gefangene? Unter Drogen gesetzt, um sie gefügig zu machen?
    „Gottverdammt“, stieß er hervor, „warum tust du mir das an?“
    „Erfülle mir zwei letzte Bitten.“ Faes Blick war hart und entschlossen. Oh nein, sie war nicht verrückt. Sie wusste, was sie wollte. So, wie sie es immer gewusst hatte. „Schwöre es mir!“
    Er presste in ohnmächtiger Wut die Lippen zusammen.
    „Schwöre!“
    „Nur, wenn du wieder mit ins Haus kommst.“
    „Das werde ich nicht. Schwöre!“
    „Ich sehe nicht zu, wie du dich umbringst.“
    „Kjell!“ Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre knochigen Hände und starrte ihn an. Liebevoll, verzweifelt, fordernd und zornig. Sie durchbohrte so lange seine Seele, bis er willenlos nickte.
    „Bleib ein Mensch, mein Sohn! Gehe nicht ins Meer. Der Mörder deines Vaters wird auch dich finden, wenn du dich verwandelst. Er wird dir das Herz herausschneiden und deinen Körper dem Monster vorwerfen. Oder er wird dich einsperren, vielleicht Jahrhunderte lang, bis er zu altern anfängt und ein neues Herz braucht. Wehre dich gegen das, was mit dir passiert. Ich weiß, der Ruf des Meeres ist berauschend schön, aber wenn du ihm zuhörst, wird er dich töten.“
    Hör auf damit!, wollte er schreien. Hör auf, mir solchen Unsinn zu erzählen. Hör auf, barfuß vor mir zu stehen und auszusehen wie eine Leiche. Hör auf, dich umbringen zu wollen.
    „Die zweite Bitte …“ Sie löste ihren Griff und trat zurück. Zwei Schritte, drei Schritte. Das Wasser reichte ihr bis zu den Knöcheln, dann bis zu den Waden. Als es ihre Knie umspülte, fuhr sie leise fort: „Die zweite Bitte ist, dass du mich gehen lässt.“
    „Nein!“
    „Ich habe lange genug gelebt, Kjell. Dein Vater wird mich nach Hause bringen. Es gibt nichts, wovor ich mich fürchten müsste. Es ist alles gut. Das musst du mir glauben.“
    „Bitte …“
    Aber sie ging weiter. Schritt für Schritt für Schritt.
    „Bitte, Mum …“
    „Ich liebe dich“, flüsterte sie. „Hab keine Angst.“
    Das Wasser erreichte ihre Hüfte, als sie sich nach hinten sinken ließ. Es ging so schnell, als trüge sie eine starke Strömung hinaus, kaum dass sie sich selbst aufgegeben hatte. Das Nachthemd bauschte sich um ihren dünnen Körper, die Wellen spielten mit ihren Haaren, ließen sie wogen wie Tang, und dann versank sie, glitt ins tiefe Wasser, breitete ihre Arme aus und verschwand.
    Kjell fühlte, wie alle Kraft seinen Körper verließ. Er ging in die Knie, spürte seine Finger über den nassen Sand kratzen. Ein dünner, grüner Streifen im Osten brachte das Meer zum Schimmern. Er saß da, bis sein Körper in der Kälte erstarrte. Bis alles Denken eingefroren war und er keinen Willen mehr besaß.
    Irgendwann stand seine leere Hülle auf und flüsterte Worte in den Wind. „Leb wohl, Mum. Ich liebe dich.“
    Etwas in seinem Herzen zerriss, als er sich umwandte und durch die Dünen zum Haus zurückging. Dort setzte er sich auf die Ofenbank und starrte vor sich hin. Stunden vergingen. Draußen schrien die Möwen, sie klangen genauso wie gestern und genauso wie morgen.
    Kjell wusste nicht, warum er irgendwann zur Anrichte hinübersah. Es war, als hätte eine Stimme gesagt: „Sieh, was ich für dich habe.“ Verwirrt stand er auf, ging zur Küchenzeile hinüber und blickte auf die schwarze Schachtel hinunter, die dort stand. Daneben lag ein zugeklebter Briefumschlag, auf dem Fae mit ihrer altmodischen Handschrift „Für dich“ geschrieben hatte. Der Schmerz in seiner Brust spottete jeder Beschreibung. Er ignorierte den Brief, denn ihre Abschiedsworte zu lesen, wäre zu viel gewesen. Stattdessen öffnete er die Schachtel. Einer dieser altmodischen Speichersticks aus schwarzem und rotem Plastik lag darin.
    Die

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