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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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eingetreten war. Manchmal hatten sich Träumer, zu denen man Kontakt suchte, so rettungslos in der Landschaft ihrer eigenen Fantasie verirrt, dass sie nicht erkannten, wenn jemand von außerhalb zu ihnen sprach. In solchen Fällen wurden wahrscheinlich alle Mitteilungen zusammen mit den eigenen Fantasien beim Aufwachen vergessen.
    Obwohl sich an ihrer Umgebung nichts veränderte, blickte sie plötzlich auf und erhob sich, als sie ihn erkannte. Er sah sofort, dass sie unter einem Druck stand, der sie zu zerreißen drohte; nachdem sie so viele Jahre erfolgreich mit Danton und seinen Launen zurechtgekommen war, ein wahrhaft bedrohliches Zeichen.
    Sie ist nicht mehr deine Königin , ermahnte Ramirus sich selbst. Du hast keine Veranlassung mehr, dich um sie zu sorgen.
    »Ramirus!« Die Erleichterung ging rasch in Verwirrung über. »Dann habt Ihr mir diesen Traum gesandt?«
    »Nein, Protektorin. Es ist Euer Traum. Ich verwende nur, was ich vorfinde.« Er zeigte ihr das Unterpfand, das ihre Dienerin ihm gegeben hatte – einen goldenen Ring, um den ein Seidenschal geknüpft war – und sah sie vorwurfsvoll an. »Es war unverantwortlich, einen so persönlichen Gegenstand ins Unbekannte zu schicken. Mit einem solchen Fokus kann selbst eine Hexe genügend Energien binden, um Euch zu schaden.«
    »Ich wusste nicht, wie ich Euch anders erreichen konnte …«
    »Dann wäre es besser gewesen, es gar nicht zu versuchen«, beschied er sie schroff. »Euer Gemahl hat mich als Feind Eures Hauses bezeichnet – mit genau diesen Worten. Er hat mich aus Eurem Reich verbannt und mir jeden Kontakt zur königlichen Familie verboten. Ist es denn klug, nach einem solchen Feind nicht nur zu suchen, sondern auch noch den Kern Eures Wesens in seine Hände zu geben?«
    »Ihr seid nicht mein Feind, Ramirus«, sagte sie leise.
    »Euer Gemahl sähe das anders.«
    »Mein Gemahl …« Sie biss sich auf die Unterlippe. »Ist manchmal ein Dummkopf.«
    Er nickte knapp. »Zumindest darin sind wir uns einig.«
    Sie seufzte tief auf; eine Hand zuckte in die Höhe und legte sich auf ihren Leib, wie um einen geheimen Schmerz unter dem Seidengewand zu hüten. »Ich brauche Antworten, Ramirus. Auf Fragen, die ich keinem Fremden anvertrauen kann. Was sollte ich denn tun?«
    »Und mich haltet Ihr für vertrauenswürdig?«
    Die blauen Augen hefteten sich flehentlich auf ihn. Er wollte sie hassen, wie er Danton hasste, wollte seine Verbitterung auch auf sie ausdehnen und sie genauso brutal fallen lassen, wie Danton es mit ihm getan hatte, aber er brachte es nicht über sich. Sie hatte seinen Hass nicht verdient. Mitgefühl lag sicher nicht in seinem Charakter – Magister kannten kein Mitgefühl –, aber er war stolz auf seinen Gerechtigkeitssinn. Und es wäre nicht gerecht, diese Frau nur deshalb mit seinem Zorn zu strafen, weil ihr Gatte ihn gekränkt hatte.
    »Ihr seid sehr töricht«, sagte er endlich und seufzte. »Vertraut nie einem Magister. Habe ich Euch das nicht beigebracht?«
    »Ich bin töricht«, stimmte sie ihm zu. »Und eigensinnig, auch das habt Ihr oft genug festgestellt.«
    »So ist es. Aber in Eurem Eigensinn so verführerisch, dass Euch kaum ein Mann widerstehen könnte.«
    Ein schwaches Lächeln, traurig und umschattet. »Wollt Ihr mir dann nicht helfen, Ramirus? Denn glaubt mir, wenn Ihr mich abweist, weiß ich nicht mehr, wohin ich mich wenden soll.«
    »Ihr dürft die Gefahr nicht unterschätzen«, warnte er. »Indem ich im Geiste mit Euch in Verbindung trete, dringe ich in das Hoheitsgebiet eines anderen Magisters ein, und mit jedem Moment, den wir gemeinsam in diesem Traum verbringen, verzehnfacht sich das Risiko, ertappt zu werden. Wenn Danton davon erfahren sollte … es würde Euch den Kopf kosten. Und das wäre noch das Mindeste.«
    »Das weiß ich«, flüsterte sie. »Ich wusste es bereits, als ich Leute ausschickte, um nach Euch zu suchen.«
    »Ist die Lage denn so verzweifelt?«
    »Ja«, hauchte sie. »Ja, Ramirus.«
    Hätte sie in diesem Augenblick versucht, ihn unter Druck zu setzen, hätte sie mit einer Bewegung, einem Zungenschlag angedeutet, dass er ihr in irgendeiner Weise verpflichtet wäre, dass sie aus seiner früheren Zuneigung irgendwelche Rechte für sich ableitete, er hätte die Traumlandschaft in einen qualmenden Trümmerhaufen verwandelt und sie darin allein gelassen. Tatsächlich war er mehr oder weniger mit dieser Absicht zu ihr gekommen. Aber er spürte nur Demut und Bescheidenheit, keinen Stolz, keinen

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