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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Erkenntnisse mitgeteilt, die einem Magister einen magischen Vorteil über seine Brüder verschaffen konnten? Das war in dieser Bruderschaft so gut wie ohne Beispiel. Magister waren immer zuerst Rivalen, und alles andere musste dahinter zurückstehen.
    Ein Beweis dafür, dass er die Gefahr sehr ernst nimmt. Der Gedanke jagte Fadir kalte Schauer über den Rücken. Und dafür, dass wir in seinen Augen womöglich bis zum Äußersten gehen müssen, um sie abzuwenden. »Du glaubst also, Danton stünde unter zu starkem magischem Einfluss? Sein vermeintlicher Wahnsinn rühre in Wirklichkeit daher, dass sich jemand an seinem Bewusstsein zu schaffen macht?«
    Ramirus’ Augen glitzerten unheilvoll. »Du hast das Wesentliche nicht begriffen, Bruder. Kostas hat den Wahnsinn nicht ausgelöst. Kostas ist der Wahnsinn.«
    Wieder stand er auf und ging ans Fenster. Die untergehende Sonne schickte ihre rötlichen Strahlen durch die Brandlöcher im Labyrinth und schien sie an den Rändern zu entflammen. »Die Frage ist nur: Wie will Colivar, ohne das Magistergesetz zu brechen, an das wir alle gebunden sind, mit einem Magister verfahren, der die Grenze zur Unzurechnungsfähigkeit bereits überschritten hat, und mit einem König, der seinem Beispiel bald folgen wird?«

Kapitel 36
    Das Mädchen/der Junge/die Göttin war eine Hexe.
    Als Andovan das endlich herausgefunden hatte, war es ihm peinlich, dass er nicht früher darauf gekommen war. Wie sonst wäre die Selbstverständlichkeit zu erklären, mit der sie ihm versprochen hatte, ihn in Netandos Karawane aufnehmen zu lassen, so als würde jede ihrer Bitten natürlich sofort gewährt? Wer anders als eine Hexe könnte es wagen, von solchen Voraussetzungen auszugehen? Eine hochgestellte Dame vielleicht, aber Liannas Benehmen passte nicht zu einer Frau von Adel. Obwohl sie gelegentlich einen Stolz an den Tag legte, der dem Hause Aurelius gut zu Gesicht gestanden hätte.
    Tatsächlich hatte Netando zunächst nicht gerade begeistert zugestimmt, als sie ihn fragte, ob Andovan mitkommen könne. Dabei war es natürlich nicht hilfreich gewesen, dass er sich geweigert hatte, irgendetwas über seine Herkunft preiszugeben. Jeder Kaufmann, der diesen Namen verdiente, hätte den »großen Unbekannten« bestenfalls für ein Risiko gehalten. Viele Konkurrenten würden nur zu gerne einen Spitzel in ein so florierendes Unternehmen einschleusen, und was Banditen an Schaden anrichten konnten, wenn sie einen Verbindungsmann hatten, der sie von innen heraus mit Hinweisen versorgen konnte, mochte man sich gar nicht erst vorstellen. Trotz alledem hatte der Karawanenführer Andovan fast ohne Widerrede aufgenommen. Einen so drastischen Sinneswandel konnte nur eine Hexe bewirken.
    Dennoch hatte Andovan erst am Ende des ersten langen Reisetages überhaupt an übernatürliche Kräfte gedacht, geschweige denn geargwöhnt, dass sie solche Kräfte besitzen könnte. Bis dahin war er vollauf mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. Er hatte sich bereit erklärt, auf Kundschaft zu reiten, was seinen Fähigkeiten entgegenkam, aber dabei war er der Karawane meistens voraus und hatte zudem wenig Gelegenheit, sich mit dem Rätsel zu beschäftigen, das er Lianna getauft hatte. Oder um nähere Bekanntschaft mit ihr zu schließen, wohin das auch führen mochte.
    Die Karawane war sehr groß, denn sie bestand aus den Reisegesellschaften zweier erfahrener Kaufherren. Netandos Gruppe wurde flankiert von schwarzhäutigen Kriegern aus seiner Heimat, die so wild aussahen, als könnten sie es mit einer Banditenhorde nicht nur aufnehmen, sondern den Banditen auch gleich mit den Zähnen das Fleisch von den Knochen reißen. Der zweite Kaufherr, ein Südländer namens Ursti, beförderte Gewürze, weshalb seine Gruppe stets von einer Wolke fremdartiger und oft verwirrender Düfte umweht war. Auch Ursti hatte Bewacher dabei, aber sie waren wie Diener gekleidet, fuhren dieser Rolle entsprechend die Fuhrwerke und luden die Waren auf und ab wie gewöhnliche Arbeiter, die eine Ladung Holz oder Steine auf die nächste Baustelle zu liefern hatten. Damit wollte man wohl erreichen, dass jeder, der Urstis Leute beobachtete, ihre tatsächliche Kampfkraft unterschätzte, dachte Andovan, und wenn doch ein Angriff erfolgte, würde die Falle zuschnappen. Die Strategie stand in krassem Gegensatz zu Netandos Vorgehensweise, die auf Abschreckung setzte, und aus diesem Blickwinkel fand er es erstaunlich, dass sich die beiden entschlossen hatten, gemeinsam zu

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