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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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marschierte, ohne ihn ständig anzutreiben. Eigentlich sollte er erleichtert sein. Oder doch nicht? Ließ ihn die seltsame Anziehungskraft dieses rothaarigen jungen »Hexers« sein eigentliches Ziel aus den Augen verlieren?
    Colivar sagte, sein Zauber würde mich so lange führen, wie ich ihn brauchte. Wenn er jetzt verblasst, brauche ich ihn also nicht mehr. Das heißt, die Gesuchte ist wahrscheinlich in Sankara oder dorthin unterwegs. Ich bin also auf dem richtigen Weg.
    Und wenn die Gesuchte nun die Hexenkönigin selbst wäre? Ein unheimlicher Gedanke. Colivar hatte ihm versichert, sie hätte nichts mit seiner Krankheit zu tun, aber Colivar war ein Feind seines Vaters, er durfte ihm nicht blind vertrauen. Die politischen Spannungen zwischen Danton und Siderea waren ebenso bekannt wie Dantons Drang, die reichen Freien Lande in seine Gewalt zu bringen, und Sidereas Entschlossenheit, ihn daran zu hindern. Könnte die Hexenkönigin im Zuge eines ausgeklügelten Komplotts zum Sturz Dantons ihre Macht eingesetzt haben, um Andovan zu schwächen? Oder war die Schwundsucht nur ein Ablenkungsmanöver, damit der Großkönig seine Energien darauf verwendete, Heilung für seinen Sohn zu suchen, anstatt Pläne zur Annexion Sankaras zu schmieden?
    Wenn es tatsächlich Siderea wäre, würde Andovan Bescheid wissen, sobald er sie sähe. Daran zweifelte er nicht. Er erinnerte sich, wie stark er Colivars Macht vor Gansang gespürt hatte, als die Gesuchte zum letzten Mal in seiner Nähe gewesen war, und war überzeugt, wenn er erst tatsächlich vor der Urheberin seiner Krankheit stünde, würde er sie auch erkennen, so wie ein Lachs den See erkannte, in dem er geboren worden war.
    Und was dann? , fragte er sich.
    Bis Sankara war es noch weit. Ihm bliebe genügend Zeit, einen Plan auszuarbeiten. Auch wenn ihm das Blut in den Adern gefror, sobald er sich vorstellte, dass seine Gegenspielerin nicht nur über Hexenkräfte, sondern auch über politische Macht gebieten könnte. Andererseits war auch er ein Prinz, er brauchte die nötige Unterstützung nur anzufordern, und wenn er erst wusste, wogegen er kämpfte, würde er auch die entsprechenden Entscheidungen treffen.
    Die Sonne war fast untergegangen, als sie ihr Ziel erreichten, und auch Andovan war mit seinen Kräften fast am Ende. Das Gasthaus, zu dem Netando sie geführt hatte, war keine so behagliche, freundliche Herberge wie der Dritte Mond . Der Steinbau thronte auf einem kahlen Granitrücken über einer Felswand, die so steil war, dass sich nur wenige harte Sträucher darauf hatten ansiedeln können. Eine breite Steinmauer mit befestigtem Tor sicherte das Anwesen auf der Südseite, aber nur dort; nach allen anderen Richtungen war der Boden so tückisch, dass ein bewaffneter Überfall nahezu unmöglich war.
    Dennoch gab es, wie Andovan feststellte, einen hohen Wachturm, von dem aus der gesamte Gipfel und seine Umgebung zu überblicken waren, und eine niedrige, mit Zinnen bewehrte Barrikade am Felsrand, hinter der sich bei Bedarf auch Bogenschützen verschanzen konnten.
    Die Karawane wurde bereits erwartet. Ein Diener öffnete das schwere Tor, sobald sie sich bemerkbar machten. Netando zeigte den bewaffneten Wächtern einige Papiere, gleich darauf durfte die ganze Gruppe in den Innenhof einfahren, und Pferd um Pferd und Fuhrwerk um Fuhrwerk passierte den schmalen Eingang.
    Rings um den Innenhof reihten sich Stallungen und kasernenähnliche Gebäude, man war offensichtlich auf die Unterbringung solch großer Gruppen eingerichtet. Die Herberge selbst war ein Steinbau und erhob sich wie ein natürlicher Felsvorsprung über den Granit. Andovan begutachtete die Verteidigungsanlagen mit dem Blick seines Vaters und nickte beifällig zu den Schieferplatten auf dem Dach, den schmalen, zum Innenhof gelegenen Fenstern und den beiden Eingangstüren, die so schwer waren, dass nur sehr entschlossene Eindringlinge sie überwinden konnten. Man rechnete nicht damit, dass die Außenmauer durchbrochen werden könnte, aber notfalls wäre man dafür gewappnet. Andovan nahm an, dass es auch unterirdische Fluchtwege gab, die wahrscheinlich weit unten an der Felswand, wo man es von dem ummauerten Anwesen aus nicht sehen konnte, ins Freie führten.
    So viel Schutz hatte seinen Preis. Er sah, wie Netando und Ursti dem Wirt prall gefüllte Börsen überreichten und der sie entgegennahm, ohne den Inhalt zu zählen. Natürlich. Kein erfahrener Kaufmann, der Wert darauf legte, auch in Zukunft hier wieder

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