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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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überstanden, die ich nicht näher beschreiben will, und musste mich gegen die niedrigsten Instinkte der Menschheit behaupten … und ich habe alles überlebt.« Sie strich ihm sanft mit schwieligem Finger über die Wange; ihre Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. »Und Ihr traut mir nicht zu, mit einer Horde Magister fertig zu werden? Vielleicht wäre der Spaß ja auch auf meiner Seite?«
    Er fing ihre Hand ein und drückte sie. Nun hielt sie seinen Blick fest, und aus ihren Augen sprach eine Zärtlichkeit, die nicht in Worte zu fassen war. Einen Moment – nur einen Moment lang – stand sie als Frau vor ihm, und alle Schranken, die er aufgerichtet hatte, um es ihnen zu ermöglichen, ihre Rollen als Lehrer und Schüler zu spielen, brachen zusammen. Mit einem Mal nahm er ihren Körper mit allen Sinnen wahr – die Wärme ihrer Hand, den schwachen Kiefernduft, der an ihren Fingerspitzen haftete, das Auf und Ab ihres Atems – und sah in ihren Augen eine Frage, die umso eindringlicher war, weil sie nicht ausgesprochen wurde.
    Nein, keine Frage. Ein Angebot.
    Vergiss mich nicht , flehte ihr Blick. Bewahre, was ich dir bin. Und was ich sein könnte.
    Behutsam löste er seinen Griff und ließ ihre Hand sinken. Auf seiner Haut blieb ein feuchter Glanz zurück, der nach ihrem Schweiß duftete. Er versagte es sich, die Hand an die Nase zu führen und den Duft einzuatmen. Schon drohte sich ihre Ausstrahlung zu verlieren, und für einen Moment wünschte er sich nichts mehr, als darin zu versinken, um sie niemals zu vergessen.
    Dann erwachte er wie aus einem Traum und schüttelte leicht den Kopf – als Antwort auf seine wie auf ihre Gefühle.
    »Du warst mein begabtester – und mein anstrengendster – Schüler respektive Schüler in . So werde ich dich stets in Erinnerung behalten.«
    »Das entspricht nicht der Magistertradition«, sagte sie leise.
    »Nein«, antwortete er. »Tradition ist es nicht.«
    Er zog sich einen Ring vom Finger, einen schmalen Silberreif, den er vor vielen Jahren zum Geschenk bekommen und mit wenigen anderen Stücken behalten hatte, als er Ulran verließ. Diesen ließ er in ihre Hand fallen und schloss ihre Finger darüber. »Mit diesem Ring kannst du zu mir sprechen, wenn du mich brauchst, er bringt dich sogar zu mir, ohne dass du dafür einem ganzen Heer von Männern ihr Athra entziehen müsstest.«
    »Und wir werden keine Rivalen sein? Keine Gegner?« Ihre Augen neckten ihn, aber ihre Stimme klang ein wenig unsicher. Was davon war die Sprache ihres Herzens? »Ist nicht auch das Magistertradition?«
    »So ist es.« Er nickte. »Und für die Morati wäre es sehr viel besser, wenn es nicht so wäre.« Er erhob sich, nahm die beiden Becher und schwenkte sie noch einmal, um zu sehen, ob die Blätter vielleicht eine letzte Botschaft für ihn hätten. »Aber wir beide stellen ohnehin schon Ausnahmen von der Regel dar, ich durch meine Lebensweise und du durch deine Existenz, und so wird ein weiterer Regelbruch wohl keine größeren Auswirkungen haben.« Er zog eine Augenbraue hoch und sah sie an. »Was dich ja ohnehin nicht kümmern würde.«
    Sie grinste, und das gestohlene Feuer ihrer Seele loderte ihr aus den Augen und wärmte sein Gesicht wie mit echten Flammen.
    Ja , dachte er, und das Herz wurde ihm schwer, es ist Zeit, du musst gehen. Dein Feuer ist zu stark, es würde jedes Haus verbrennen, in dem man es einschließen wollte.
    Und wenn dich die Magister zu ihrem Feind machen, mögen ihnen die Götter gnädig sein.

Kapitel 10
    Mitternacht.
    Der Wind hatte sich längst gelegt, und im Burghof staute sich die Hitze des Sommers. Der Wachwechsel vollzog sich ohne viele Worte, neue Gardisten übernahmen Hellebarden und Fahnen und machten sich zum Dienst bereit.
    Auf dem Wohnturm, ganz oben auf dem Gang hinter den Wällen, der den Angehörigen der königlichen Familie vorbehalten war, bewegte sich eine Gestalt. Die Gardisten hätten sie sehen können, aber sie schauten nicht nach oben. Sie hatten darauf zu achten, dass keine Feinde versuchten, bis zu den schmalen, zinnenbewehrten Wehrgängen hinaufzuklettern, um von dort aus den Palast zu erstürmen. So lauteten jedenfalls ihre Befehle. Doch da kein Feind jemals über die Außenmauern hinausgelangt war, gestalteten sich die Aufgaben in Wirklichkeit weniger romantisch, und der Hauptmann der Garde seufzte schwer bei dem Gedanken, wieder einmal die ganze Nacht Liebespaare aus den Winkeln und Nischen verscheuchen zu müssen, wo die Diener des Königs

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