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Die Seelenjägerin

Die Seelenjägerin

Titel: Die Seelenjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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Entares Savresi und Gemahlin Tandra beehren sich, anlässlich der Namensgebung Ihres Sohnes in der Nacht der Zwei Monde zu einem Fest in den Savresi-Turm in Gansang einzuladen. Die Feierlichkeiten beginnen um sechs Uhr abends.
    Kamala wurde in ein Festgewand gesteckt, ein wahres Kunstwerk aus schwerer goldbestickter Seide, um ein Vielfaches mehr wert als alles, was sie in ihrem ganzen Leben verdient hatte. Es war in einem Stil gehalten, dessen Namen sie nicht aussprechen konnte, was es (wie man ihr versicherte) noch wertvoller machte, und von einem Schneider angefertigt worden, der sonst (wie man ihr sagte) nur für Angehörige des Königshauses arbeitete. Tatsächlich brachte das wunderschöne Tannengrün die Farbe ihrer Augen besonders gut zur Geltung … aber trotzdem. Es war ein Fest gewand und verkörperte damit alles, was sie an Frauenkleidung hasste.
    Sie hatte sich fast einen vollen Tag lang erbittert und wortreich gewehrt, aber die Dienerschaft hatte darauf bestanden, wenn sie als Ravis Begleiterin ein Fest besuchen wolle, käme nichts anderes in Frage. So fügte sie sich schließlich in ihr Schicksal und ließ sich die Robe anpassen. Sie hatte eine Schleppe, über die sie immer wieder stolperte, und mit den weiten Ärmeln blieb sie bei jedem Schritt irgendwo hängen, aber die Zofen versicherten ihr, sie sehe großartig aus, und ein junges Ding, das eigens von der Küche heraufgesprungen war, um die Anprobe mitzuerleben, beteuerte, es hoffe nur, eines Tages genauso schön zu sein wie Kamala. Daraufhin wäre es taktlos gewesen, sich noch weiter zu beschweren.
    Am Tag des Festes schickte ihr Ravi eine Haarkünstlerin, die sich fast zwei Stunden lang mit ihrem kurzen Haar herumplagte und es schließlich in lockeren Wellen über eine üppige Perücke aus hochgesteckten, mit Perlen besetzten Zöpfen drapierte. Die Perücke sei aus echtem Menschenhaar gemacht, teilte ihr die Künstlerin voller Stolz mit, nicht aus gekämmter Wolle oder Rosshaar wie für weniger vornehme Kunden. Kamala krampfte sich der Magen zusammen, als sie das hörte, und ihr Blick wurde so finster und drohend, dass die Frau unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Was sollte Kamala darauf sagen? Dass sie selbst unter Menschen gelebt hatte, die so verzweifelt Geld brauchten, dass sie für ein paar Kupferstücke sogar einen Arm oder ein Bein verkauft hätten? Dass die langen roten Locken, die so gut zu ihren eigenen passten, wahrscheinlich der Stolz eines jungen Bauernmädchens gewesen waren, das sich ihretwegen hatte scheren lassen wie ein Schaf? Sie hatte sich freigemacht von dieser Welt und war eine andere geworden, heute trug sie so selbstverständlich das Haar eines anderen Menschen, wie Kamala die Hure einst Schafwolle getragen hatte.
    Als Ravi sie abholte, pries er ihre Schönheit. Es klang sogar ehrlich, wobei er vermutlich die gleichen Worte gebraucht hätte, wenn sie wie ein Warzenschwein mit Schnurrbart ausgesehen hätte, dachte Kamala. Es war das erste Mal, dass ihr ein Mann in diesem Ton Komplimente machte, und obwohl es ihr völlig gleichgültig war, was dieser gerupfte und gepuderte Tor von ihr hielt, fühlte sie sich doch irgendwie geschmeichelt.
    Laut Ravi würden auch Magister das Fest besuchen. Sie seien nicht sehr gesellig, hatte er gewarnt, und er rate ihr, sich von ihnen fernzuhalten. Das klang verdächtig, als fürchte er, sie könnte nach einem Gespräch mit einem Magister sofort ihren Kontrakt mit ihm auflösen. Das ist kaum zu erwarten , dachte sie trübe. Aethanus hatte ihr unmissverständlich klargemacht, dass die meisten Magister die gewöhnlichen Sterblichen tief verachteten und sich eher über einen derart kläglichen und selbstzerstörerischen Kontrakt amüsieren würden, als zu versuchen, sie davon abzubringen.
    Sie spielen mit den Morati, um sich die Jahrhunderte zu vertreiben , hatte Aethanus erklärt, und sind sich nicht zu schade, unterlegene Wesen in den Tod zu hetzen, um sich ein wenig Zerstreuung zu verschaffen.
    Ob sie mit der Zeit wohl auch so würde, fragte sie sich. Nicht nur bereit zu töten, sondern im Tod schwelgend, ohne Skrupel, andere leiden zu lassen, um selbst der Langeweile zu entfliehen? Aethanus hatte gemeint, das sei wahrscheinlich, und dabei waren seine Augen traurig geworden, als bedauere er schon im Voraus, wie sehr sie sich verändern würde. Damals war ihr zum ersten Mal der Verdacht gekommen, er könnte sich gerade deshalb, um sich seine Menschlichkeit zu bewahren, bevor sie ihm

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