Die Seelenkriegerin: Roman (German Edition)
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Als der menschliche Wirbelwind noch näher heran war, wendeten Nasaans hinterste Reihen ihre Pferde und stellten sich ihm in den Weg. Nasaan schickte ein verzweifeltes Stoßgebet an den Kriegsgott Alwat, er möge ihm und seinen Kriegern gnädig sein, und ritt geradewegs auf die Feinde zu. Es hieß, Alwat sei auf der Seite der Mutigen, die auch aussichtslose Kämpfe nicht scheuten. Wenn dem so war, dann müsste er an Nasaans jetziger Lage Gefallen finden.
Plötzlich fiel genau über der vordersten feindlichen Linie ein großer schwarzer Schatten vom Himmel, und Nasaans Gegner gerieten ohne ersichtlichen Grund ins Stocken. Es war ein seltsamer Anblick, als ginge eine Welle des Zauderns durch die feindlichen Reihen und erfasste einen Mann um den anderen. Selbst die Pferde wurden von der Verwirrung angesteckt, einige stolperten und wurden für die Folgenden zum gefährlichen Hindernis. Nasaan hatte so etwas noch nie erlebt. Aber ein Geschenk der Götter hinterfragte man nicht. Er stieß einen Kriegsruf aus, der weithin über die große Ebene schallte, und gab seinen Männern das Zeichen zum Angriff.
Das seltsame schwarze Geschöpf schwebte auf der Stelle, als die beiden Gegner aufeinandertrafen. Seine riesigen Schwingen waren vor dem dunklen Himmel kaum zu erkennen. Nasaan hatte keine Zeit, um hinaufzuschauen, aber er spürte es über sich, während er sich für die Feindberührung wappnete. Es beobachtete das Geschehen. Und wartete ab. Das spürte er ebenso deutlich, wie ihm sein Gefühl sagte, dass dies kein gewöhnliches Tier war und dass auch seine Wirkung auf den Feind nicht natürlich zu erklären war.
Dann klirrte Stahl auf Stahl, und von der kahlen Ebene stiegen riesige Staubwolken auf. Doch die Feinde waren bis ins Mark geschwächt und konnten Nasaans Leuten nicht standhalten. Der erste Gegner, auf den Nasaan traf, bewegte sich träge und schaffte es weder, sein Schwert beiseitezuschlagen, noch genügend Kraft in seine eigenen Hiebe zu legen. Nach allem, was Nasaan aus dem Augenwinkel sah, während er den Mann erledigte, erging es den anderen ähnlich. Die feindlichen Pferde stolperten herum wie Fohlen, die noch nie eine Schlacht gesehen hatten. Einige bäumten sich auf, wollten in Panik die Flucht ergreifen und stießen dabei mit anderen zusammen, sodass ein heilloses Chaos entstand. Auf der gegnerischen Seite gab es keine Schlachtordnung mehr. Nasaan stieß dem dritten feindlichen Krieger sein Schwert in die Seite und fragte sich, was für eine schreckliche Macht wohl diese Wirkung hatte erzielen können.
Und dann hatte er eine Vision. Vielleicht war es auch gar keine Vision. Vielleicht stand tatsächlich eine Frau mitten auf dem Schlachtfeld in einer Zone vollkommener Ruhe. Vielleicht stand sie tatsächlich wie ein Fels im reißenden Wasser, und der Strom der Gewalt teilte sich vor ihr, ohne dass irgendjemand dies bewusst wahrgenommen hätte.
Auf den ersten Blick schien die Frau aus der Wüste zu kommen, sie hatte die goldene Haut und die feinen Züge einer Stammesprinzessin, aber ihre Haltung verriet, dass das nicht alles war. Ihr Körper war von vielen feinen Seidenschleiern verhüllt, lange Ärmel umflatterten ihn wie rastlose Flügel, während sich die Männer ringsum auf Leben und Tod bekämpften. Und ihre Augen! Schwarze Facettenaugen, die wie Edelsteine glänzten, unmenschlich und wunderschön zugleich.
Sie sahen ihn unverwandt an.
Nasaan wusste, dass es Wüstendämonen gab, die Djiri genannt wurden, wilde Geister, die manchmal den Stammeskriegern im Kampf beistanden. Er wusste auch, dass sie für ihre Hilfe einen hohen Preis verlangten. An den Lagerfeuern wurde von Kriegern erzählt, die von solchen Geschöpfen vor dem Tod gerettet worden waren, nur um hinterher zu erfahren, dass als Gegenleistung ihr erstgeborenes Kind, eine Lieblingsfrau … oder gar die eigene Männlichkeit gefordert wurden. Die Djiri waren als launisch, grausam und völlig unberechenbar verschrien. Einer von Nasaans eigenen Vorfahren war angeblich von einem solchen Dämon unterstützt worden, als er seinen Stamm in den Kampf gegen die Tawara führte, und die alten Lieder deuteten an, der Preis dafür sei so grauenvoll gewesen, dass er gemütskrank wurde und sich letztlich selbst das Leben nahm.
Keiner von Nasaans Männern schien die Djira wahrzunehmen, auch das Pferd konnte sie offenbar nicht sehen. Dennoch teilte sich vor ihr der Strom der Kämpfenden wie Wasser vor einer Insel. Um sie herum kämpften,
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