Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Seelenquelle

Die Seelenquelle

Titel: Die Seelenquelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Lawhead
Vom Netzwerk:
nicht, oder?«
    »Nein. Nur mit dir.«
    »Die Sache ist die, mein Liebes – das Letzte, was wir gebrauchen können, ist ein Haufen von Amateuren und Spinnern, die herumstochern und die Angelegenheit erschweren. Nach dem, was du mir erzählt hast, ist Sedona voll von diesen Leuten.«
    »Glaubst du wirklich …«
    »Auf Wiederhören, Cassie. Ich muss ein paar Telefongespräche führen. Unternimm nichts, bis ich dort bin. Ich liebe dich!«
    Klick. Die Verbindung war tot.
    »Ich liebe dich auch, Dad.« Einen Augenblick hielt sie noch das Telefon in der Hand, dann klappte sie es zu und warf es auf den Nachttisch.
    »Großartig«, murmelte sie. Dann dachte sie: Nun, du Depp, was hast du erwartet? Du wolltest, dass man dich ernst nimmt – was hast du geglaubt, wie das aussehen würde?

DRITTES KAPITEL

    D ie Kälte drang durch den gefrorenen Untergrund bis ins Mark seiner Knochen hoch, während Kit zitternd im Schnee lag. Er hatte das Gefühl, dass er seit Tagen, wenn nicht noch länger, dort zusammengekauert – als ein langsam sich abkühlenden Haufen – verweilt hatte. Doch es konnten höchstens nur ein paar Minuten gewesen sein. Beweg dich , sagte er zu sich selbst, oder du wirst dort, wo du liegst, erfrieren .
    Ganz langsam rollte sich Kit auf die Seite und schaute sich um. Sein Kopf schmerzte, und seine Muskeln waren steif. Und er war zurück – zurück auf der Waldlichtung, zurück im tiefsten Winter, zurück in der prähistorischen Vergangenheit. Der Himmel war wolkenverhangen und dunkel; aus niedrigen, schweren Wolken rieselte sanft und leise Schnee herab, der die Umrisse des Knochenhauses weicher erscheinen ließ. Diese Konstruktion bestand vollständig aus ineinandergefügten Knochen: große, gekrümmte Mammutstoßzähne; Geweihe und Hörner, Wirbelsäulen und Becken von Elchen, Büffeln, Antilopen und Schweinen; mindestens ein Rhinozerosschädel; unzählige Rippen und Beinknochen von kleineren Tieren – und wer konnte schon wissen, von wem sonst noch Skelettteile da waren. Alle Knochen waren ineinander verschlungen wie bei einem verrückten Puzzlemuster und bildeten eine Behausung, die wie ein sanft ansteigender Erdhügel gestaltet war und die irgendwie mehr war als die Summe seiner verschiedenen Teile.
    Errichtet im Zentrum einer kreisrunden Lichtung mitten im Wald, übte die merkwürdige, wie ein Iglu geformte Hütte eine unbestreitbare Kraft aus – eine erdhafte, urtümliche Macht wie der Magnetismus oder die Schwerkraft. Sie war unterschwellig, doch spürbar. Der bloße Anblick der Konstruktion brachte die Vision in all ihrer Herrlichkeit zurück: Kit hatte die Seelenquelle gesehen; und auf irgendeine Weise, die er noch nicht zu begreifen vermochte – und die er auch nicht ansatzweise beschreiben konnte –, wusste er, dass sich sein Leben verändert hatte.
    Er schloss seine Augen, sodass er im Geiste alles von Anfang an wieder erleben konnte. Zuerst war er innen im Knochenhaus gewesen und hatte die Ley-Lampe gehalten: Er spürte, wie sie sich in seiner Hand erwärmte, als sie aktiv wurde. Erneut sah er, wie in dem eigenartigen Halbdunkel des Knochenhauses die kleinen Lichter hellblau leuchteten. Dann stürzte er auf unerklärliche Weise durch den schneebedeckten Boden und gelangte in ein Reich voller blendendem Licht und Wärme – ein Reich von atemberaubender Klarheit, wo selbst die kleinsten Dinge einen beinahe leuchtenden Glanz besaßen. Sein erster Eindruck war der einer Welt von solcher Schönheit, Eintracht und Harmonie, dass er einen schmerzhaften, sehnsuchtsvollen Stich in seinem Herz spürte. Kit, den die beinahe berauschende Stille ins Taumeln brachte, wankte einen Pfad entlang. Der Weg war von Pflanzen und Bäumen gesäumt, die sich durch ein erlesenes Ebenmaß und so strahlende Farben auszeichneten, dass seine Augen davon schmerzten. Jedes einzelne Blatt von jedem Baum und jeder Pflanze schien voller Lebenskraft zu schimmern; und jeder Grashalm strahlte die gleiche unauslöschliche Lebensenergie aus. In einem Zustand andächtigen Staunens spazierte Kit durch diesen üppigen grünen Garten-Wald und erreichte schließlich den Rand eines Sees, der jedoch keinem anderen Gewässer ähnelte, das er je zuvor gesehen hatte: eine Fläche aus einer durchsichtigen, gläsernen Flüssigkeit mit leicht zähflüssiger Beschaffenheit, wie die von Olivenöl oder Sirup. Der See strahlte ein schwaches milchiges Leuchten aus; und seine sich sanft kräuselnde Oberfläche schimmerte – es war die ruhelose

Weitere Kostenlose Bücher