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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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geblieben ist.«
    Am anderen Ende des Versammlungshauses stand ein Tisch mit mehreren kleinen Segeltuchbündeln. Rhys ging hinüber und schlug das erste Bündel auf. Die Hüter scharten sich um ihn. Vier lange, dünne Knochenplatten kamen zum Vorschein; die Außenkanten waren so scharf, als hätte ein Meisterschmied sie über Monate immer wieder zugeschliffen, die dicken Innenränder waren verfärbt, die verwesenden Fleischreste, die ihnen noch anhafteten, zerfielen zu Staub, als Rhys die Stücke auslegte, damit die anderen sie begutachten konnten.
    »Die stammen vom Schwanz des Ungeheuers. Magister Colivar riet mir, sie sofort nach dem Tod des Wesens abzutrennen. Als dann später der Rest so schnell verrottete, dass man keine Proben mehr nehmen konnte, wollte ich ihn fragen, warum diese Teile verschont geblieben waren. Ob es an einer besonderen Eigenschaft gerade dieses Materials läge oder nur daran, dass ich sie vom Körper entfernt hatte, bevor der Fäulnisprozess einsetzte. Aber da war Colivar schon nicht mehr da, und niemand sonst konnte mir meine Fragen beantworten.« Er drehte eine der langen Klingen so, dass sich das Licht darin spiegeln konnte; saphirblaue Reflexe spielten über die scharfe Kante, und von der Oberfläche ging ein schwacher Moschusgeruch aus. »Aus diesen Teilen fertigten unsere Vorfahren Messerklingen und Speerspitzen, um die Haut der Bestien zu durchbohren. Colivar sagte, das Material sei besser für diesen Zweck geeignet als Stahl, und wir würden wahrscheinlich Diamanten brauchen, um es zu bearbeiten.«
    Meister Favias nickte finster. Er war in der Rüstkammer gewesen, wo die alten Waffen der Protektorate lagerten, und hatte gesehen, dass viele davon aus einem fremdartigen glasähnlichen Material gemacht waren. Sie waren tatsächlich härter als Stahl und gegen Rost und Verfall in jeder Form gefeit. So sehr es ihn befriedigte, endlich zu wissen, was für ein Stoff das war, so wenig gefiel es ihm, für die Bewaffnung ausgerechnet auf die Seelenfresser angewiesen zu sein. »Die Erzprotektoren werden uns Diamanten geben, sofern wir sie brauchen«, sagte der Oberste Hüter. »Was hast du sonst noch mitgebracht?«
    Rhys öffnete das zweite Bündel und enthüllte ein halbes Dutzend langer, gekrümmter Stacheln, die schwach nach verfaultem Fleisch rochen. »Die habe ich vom Rücken der Bestie entfernt. Sie sind von der Form her den Hörnern anderer Lebewesen ähnlich, aber innen sind sie mit einer schwammigen Masse gefüllt. Davon ist allerdings inzwischen kaum noch etwas übrig.« Er drehte eine der Stacheln und zeigte den Hütern, dass sie hohl war und an der Innenseite einige Fäden einer fasrigen Substanz hafteten. »Königin Gwynofar vermutete, im Körper des Seelenfressers befinde sich möglicherweise ein hochwirksames Gift oder ein anderer Fäulnis erzeugender Stoff, dessen Wirkung zu Lebzeiten der Kreatur unterdrückt würde. Nach dem Tod würde das Gift sofort freigesetzt, durchdringe das Fleisch und zerstöre es von innen heraus.« Er legte den Stachel zurück. »Es versteht sich von selbst, dass wir den Prozess viel gründlicher beobachten müssten, um eine solche Mutmaßung zu bestätigen.«
    Er sprach nicht aus, was alle dachten: Mögen die Götter verhüten, dass in unseren Landen genügend Seelenfresser ihr Unwesen treiben, um solche Studien zu ermöglichen.
    Vorsichtig öffnete Rhys das dritte Bündel. Es enthielt im Gegensatz zu den anderen nicht einfach einen Teil eines Seelenfresserkörpers, sondern eine breite, flache Holzkiste. Er klappte sie auf und legte sie in die Mitte des Kreises, damit alle sehen konnten, was sie enthielt.
    »Das stammt von einer Schwinge des Ungeheuers.«
    Selbst in abgelöstem Zustand war das Flügelfragment von geradezu entsetzlicher Schönheit. Als Rhys es hin und her drehte, wogten Edelsteinfarben über seine Oberfläche, als wäre es aus flüssigen Juwelen gemacht. Die schlanken schwarzen Streben und die zarten Adern schienen besser zu einem Insektenflügel als zur Schwinge eines großen Fleischfressers zu passen. Das Gerüst wirkte zu zart, um ein so großes Gewicht tragen zu können.
    »Als ich diese Probe entnahm«, erklärte Rhys, »musste ich meine ganze Kraft aufwenden. Ich konnte die scheinbar so zerbrechliche Flügelmembran kaum mit dem Messer durchstoßen. Doch nur wenige Stunden nachdem der Seelenfresser verendet war …«
    Er hob das Flügelstück auf, hielt es kurz in der Hand, schloss die Faust und drückte zu. Als er die Finger

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