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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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leiser, flog herab, ließ sich unweit von ihr nieder und flüsterte: »Bleib hier.«
    Sie nickte.
    Kamala begann, das Monument zu umrunden. Dabei spähte sie vorsichtig um jedes Hindernis herum, als suchte sie nach etwas Bestimmten. Ihr Gefieder war so vollkommen auf die Farbe und die Struktur des Turms abgestimmt, dass sie aus einer Entfernung von mehr als zehn Metern so gut wie unsichtbar war. Als sie schließlich in die Schatten eines tiefen senkrechten Risses eintauchte, verlor Gwynofar sie ganz aus den Augen.
    Warte , ermahnte sie sich. Warte einfach ab. Sie weiß schon, was sie tut.
    Seit sie selbst still dastand, trug ihr der Wind auch andere Geräusche zu. Laute Schläge. Waffengeklirr. Schreie. Sie musste an die Männer denken, die sie zurückgelassen hatte und die nun im Inneren des Monuments um ihr Leben kämpften. Sie vergossen ihr Blut, um ihr Zeit zu verschaffen, damit sie den obersten Raum erreichen konnte.
    Das Opfer durfte nicht vergebens sein.
    Irgendwann verriet ein leises Scharren über ihrem Kopf, dass Kamala zurückgekehrt war.
    »An einigen der Fenster stehen Wachen«, flüsterte sie Gwynofar zu. »Sie halten Ausschau nach Gefahren auf dieser Seite des Turms. Ich glaube nicht, dass sie dich entdeckt haben. Es gibt kaum Stellen, von denen man den Kamin im Blick hat, du müsstest fast bis ganz an die Spitze kommen können.«
    »Die Kämpfe. Sind sie …?« Gwynofar konnte die Frage nicht beenden.
    »Ich weiß es nicht«, sagte der Vogel knapp, breitete die Flügel aus und suchte sich einen anderen Platz. Zu weit entfernt für weitere Fragen.
    Gwynofar holte tief Luft und setzte ihren Aufstieg fort. Seit sie sich gegen die feste Wand des Kamins stemmen konnte, kam sie besser voran, aber die Arme schmerzten von den Strapazen, außerdem hatte sie sich die Handfläche aufgeschürft, und das Blut quoll immer wieder hervor. Sie wischte es meist an ihrer Kleidung ab, aber manchmal war das einfach nicht möglich.
    Vor Erschöpfung zitternd, erreichte sie das obere Ende der schmalen Spalte, und dort machte eine überhängende Felsformation jede Hoffnung auf weitere Fortschritte zunichte. Sie klemmte sich in die enge Lücke darunter, um ein wenig zu verschnaufen, während der Vogel abermals davonflog. Ihre Muskeln waren so überanstrengt, dass sie zuckten; sie flehte zu den Göttern, dass Ramirus’ Stärkungszauber lange genug vorhalten würde, um sie an ihr Ziel zu bringen.
    Dann kehrte der Vogel zurück. »Hier entlang«, flüsterte er und fügte hinzu: »Keine Wachen.«
    Quer zur Rinne verlief ein Sims, das fast so breit war wie ihre Füße. Sie tastete sich langsam weiter, bis sie unter ihrer ausgestreckten Hand keinen Fels mehr spürte, sondern nur noch Leere. Ein Fenster. Auf wackeligen Beinen schob sie sich hinüber, bis sie die Kante sicher umgreifen und sich hineinziehen konnte. Die Öffnung war eng, enger, als sie gedacht hatte, und ihre Begleiter mit den schweren Harnischen hätten auf keinen Fall hindurchgepasst. Sie musste sich ebenfalls zuerst von ihrem Harnisch befreien und zerrte mit unsicheren Fingern an den Bändern, bis sich die Knoten lösten. Auch dann war das Fenster noch so schmal, dass sie sich an dem rauen Stein schmerzhafte Abschürfungen holte und ihr das warme Blut den Rücken hinunterlief.
    Doch sie war drin.
    Sie ließ sich auf den Boden fallen und rang verzweifelt nach Luft. Aber nur für einen Moment. Allein die Götter wussten, wie viel Zeit ihr blieb, bevor die Bewohner der Zitadelle hier auftauchten und sie fanden; bis dahin musste sie ihren Auftrag erfüllt haben.
    Mit zitternden Händen stemmte sie sich hoch und sah sich um. Ein runder Raum mit hohen, schmalen Fenstern in unregelmäßigen Abständen; wenn sie von Menschenhand gemacht waren, so hatte man sich keine Mühe gegeben, sie einheitlich zu gestalten. Nun sah sie erst, dass Kamala sie zur breitesten Öffnung von allen geleitet hatte; ob sie durch eine der anderen gepasst hätte, war fraglich. Zerstreut bemerkte sie eine schwere Falltür auf einer Seite, sie führte sicherlich zu dem Beobachtungsstand hinab, den die Männer zu stürmen versucht hatten. Aber sie kümmerte sich nicht weiter darum, sah sich auch nicht weiter um, sondern steuerte geradewegs auf das zu, was in der Mitte stand.
    Das Ding war in schwarzes Öltuch und eine dicke Staubschicht gehüllt, es war in der Höhe mindestens so groß wie sie und breiter als die Spannweite ihrer Arme. Erregung durchzuckte sie, als sie die Hand ausstreckte und nach

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