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Die Seelenzauberin - 2

Die Seelenzauberin - 2

Titel: Die Seelenzauberin - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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war in seinem Herzen kein Platz mehr für Gebete, denn an ihre Stelle war etwas gleich Starkes getreten. Die Bereitschaft zu sterben. Vielleicht sogar die Sehnsucht danach.
    Er stieß einen Kampfschrei aus, der die Wände des Turms erzittern ließ, und führte seine Kameraden zu einem Sturmangriff die Treppe hinunter, um Gwynofar mit seinem Tod so viel Zeit zu erkaufen, wie er nur konnte.

    Als Gwynofar sich durch den schmalen Spalt zwängte, sah sie das weite Land Alkal unter sich liegen. Sie musste ihre ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht zurückzuzucken. Aber der Wunsch zu überleben – und der Wille der Götter – ließen ihr keine Wahl.
    Männer haben ihr Leben geopfert, um mich hierherzubringen. Ich darf sie nicht enttäuschen.
    Sie drehte sich zur Seite, hielt sich an der Felssäule neben dem Fenster fest, flüsterte ein Gebet und zog sich nach draußen. Dort krallte sie sich mit den Zehen in eine Ritze, bei der sie erst gar nicht daran denken durfte, wie klein sie war, und streckte sich, um mit den Händen ein schmales, waagerechtes Sims über sich zu erreichen und sich daran festzuhalten. Hinter ihr ertönte ein gellender Kriegsschrei – war das Rhys? –, dann hörte sie die Schritte von Kriegern unter dem Fenster, durch das sie den Turm soeben verlassen hatte. Sie presste sich gegen die Felsfassade und bat die Götter, die Männer zu beschützen. Zugleich hoffte sie, der Feind würde sie nicht entdecken. Wie käme er auch dazu? Wer wäre schon wahnsinnig genug, ohne geeignete Ausrüstung, ohne Planung und ohne Erfahrung aus dem Fenster nach draußen zu steigen? Das wäre doch glatter Selbstmord, nicht wahr?
    Zunächst blieb sie einfach, wo sie war, klammerte sich mit aller Kraft an den Stein und sammelte Mut. Ihr Herz schlug so wild, dass sie es bis in die Fingerspitzen spürte. Nicht nach unten schauen , ermahnte sie sich und kämpfte die Höhenangst nieder, die sie schon beim Gedanken daran jäh überfiel. Bloß nicht nach unten schauen.
    Als sie glaubte, den Kopf bewegen zu können, ohne dass ihr übel wurde, suchte sie nach einem Halt in der Nähe, um sich von dem Fenster zu entfernen. Die Größe dieser Aufgabe erschien ihr so ungeheuerlich, dass ihr alle Kraft aus den Gliedern strömte; eine unerwartete seitliche Bö raubte ihr fast das Gleichgewicht. Wie sollte sie auch noch nach oben klettern? Auf welcher Route konnte sie bis zur Spitze gelangen? Zitternd rief sie sich die Detailzeichnungen in Erinnerung, die sie in der Planungsphase von dem Monument gesehen hatte, aber aus dieser Perspektive wusste sie nicht einmal, durch welches Fenster sie herausgekommen war. Wie sollte sie sich bloß orientieren?
    Ein Rauschen von oben erschreckte sie. Sie fürchtete schon, ein Seelenfresser sei im Anflug. Aber nein, das Geräusch kam von ganz in der Nähe und war weniger laut. Mit pochendem Herzen drehte sie vorsichtig den Kopf, um zu sehen, woher es stammte.
    Kamala.
    Der grau-schwarze Vogel hockte ein Stück über ihr auf einem schmalen Sims und schlug mit den Flügeln, um die Aufmerksamkeit der Königin auf sich zu ziehen. Als Kamala bemerkte, dass Gwynofar zu ihr heraufschaute, trippelte sie seitwärts bis zu einer Stelle in der Mitte zwischen zwei schmalen Fenstern und blieb mit schief gelegtem Kopf dort sitzen. Gwynofar wurde aus dem seltsamen Tanz nicht schlau und starrte sie nur an. Doch dann nickte sie, zum Zeichen, dass sie begriffen hatte. Kamala sah das gesamte Monument aus ihrer Vogelperspektive und hatte den besten Weg für sie ausgesucht. Sie musste ihr vertrauen.
    Gwynofar holte tief Atem, trocknete sich so gut wie möglich erst eine, dann die andere Hand an ihrem Hemd ab und begann zu klettern. Zoll für Zoll kämpfte sie sich vorwärts, um einen Griff zu finden, ihre schlanken Finger bohrten sich in Risse und legten sich um Vorsprünge, wo immer sie sie finden konnten. Sie rief sich ins Gedächtnis, wie sich die anderen Kletterer bewegt hatten, und zwang ihren Körper, es ihnen nachzutun. Ihre künstlich verstärkten Muskeln schmerzten von der ungewohnten Anstrengung, aber sie versagten ihr nicht den Dienst. Im Stillen dankte sie Ramirus.
    Wie sie die Kletterer um ihre Seile beneidete! Sie wäre so froh gewesen, wenigstens irgendeine Sicherung zu haben, die Andeutung eines Fangnetzes, auch wenn es nur Illusion gewesen wäre.
    Der Wind wurde stärker, immer heftiger rissen die Böen an ihr; irgendwo, nicht allzu weit entfernt, braute sich wohl ein Sturm zusammen. Sie wollte sich

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