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Die Seelenzauberin

Die Seelenzauberin

Titel: Die Seelenzauberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celia Friedman
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voller Rauch! Mit jeder Nacht waren die Visionen schlimmer geworden, doch niemand hatte sie zu deuten gewusst. Was immer die Seher dafür an Ereignissen oder Gegenständen gebraucht hätten, befand sich auf der anderen Seite des Heiligen Zorns und war keinem Hexer und keiner Hexe zugänglich. Auf dieser Seite gab es nur verwirrende Träume.
    Anukyat hatte Hüter in den Norden geschickt, um den Speeren ein Opfer zu bringen. Sie waren nie zurückgekehrt.
    Er hatte weitere Hüter ausgeschickt, damit sie herausfänden, was der ersten Gruppe widerfahren war.
    Auch sie waren nicht wiedergekommen.
    Vielleicht hätte er an dieser Stelle um Hilfe rufen sollen. Eines Tages bliebe ihm wahrscheinlich kein anderer Ausweg mehr, dann musste er den anderen Meistern mitteilen, dass in Alkal etwas Schreckliches geschehen war, womit er allein nicht fertig würde. Aber noch war es nicht so weit. Erst wollte er dem Feind, gegen den sie kämpften, einen Namen geben können. Das verlangte sein Stolz, aber derselbe Stolz hatte ihm auch den Mut verliehen, so lange standzuhalten, und mit diesem Stolz hatte er seinen Männern stets Kraft gegeben. Er würde sich nicht leichtfertig davon trennen. Die Hüter des Meisters von Alkal würden herausfinden, was es mit dieser Erscheinung auf sich hatte, sie würden in Erfahrung bringen, was den Vermissten widerfahren war, und wenn er danach noch Hilfe von außen benötigte, würde er sie so anfordern, wie es sich für einen Obersten Hüter geziemte: von einem Befehlshaber zum anderen. Kein Fremder sollte die Hüter von Alkal – oder ihren Meister – verachten dürfen, weil sie zu schwach waren, um ihre Arbeit zu tun.
    War es derselbe Stolz, der ihn jetzt dazu trieb, die Rüstung anzulegen und sich auf die Suche nach seinen vermissten Männern zu begeben? Eine handverlesene Gruppe von Männern sollte ihn begleiten, acht von seinen wildesten Hütern, ebenso stolz und entschlossen wie er selbst. Männer alkalischen Geblüts, die sich schon seit vielen Jahren unter den harten Bedingungen des Nordens bewährten. Sie hatten den Schneestürmen in den Tiefen des Winters getrotzt, um die erforderlichen Rituale für die Instandsetzung der Speere zu vollziehen, und wenn es zum Schutz der Monumente erforderlich war, hatten sie blutige Schlachten geschlagen. Anukyat hatte auch Hüter gemischter Herkunft, aber die nahm er nicht mit, denn niemand konnte es mit dem leidenschaftlichen Mut eines reinblütigen Alkal-Kriegers aufnehmen.
    Der Ritt nach Norden wurde selbst für Männer zum Albtraum, deren tägliches Brot es war, die Quelle aller Albträume zu hüten. Am Ende verweigerten die Pferde jeden weiteren Schritt, und die Männer mussten notgedrungen absteigen und den Weg zu Fuß fortsetzen. Ob die Tiere wohl die Kraft hätten, sich bis zur Rückkehr der Reiter ihren Verstand zu bewahren? Niemand konnte es vorhersagen.
    Der Boden war eisig und glatt, und auf den Berghängen lag immer noch Schnee. Die Männer kamen nur mühsam voran, in der unbewegten Luft gefror ihnen der Atem vor dem Mund. Niemand sprach ein Wort; sie mussten sich das letzte Fünkchen an Kraft abpressen, um gegen den Widerstand des Heiligen Zorns weiterzugehen. So dicht an der Barriere konnte kein Zweifel mehr bestehen, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Der Fluch, der immer fest an seine Wahrzeichen gebunden gewesen war, sickerte nun über die Landschaft und vergiftete sogar die Luft, die sie atmeten. Jeder Schritt war eine ungeheure Anstrengung, und sie hatten noch viele Schritte vor sich. Auch die ehernste Entschlossenheit geriet ins Wanken, als das Ziel unerbittlich immer näher kam.
    Ich hätte die Reise früher antreten sollen , dachte Anukyat verbissen. Aber woher hätte er wissen sollen, dass seine Heiligen Hüter – diese sorgfältig ausgewählten, schonungslos geprüften Männer – der Aufgabe nicht gewachsen sein würden?
    Bald würden sie den Speer erreichen. Dann würden sie die Wahrheit erfahren.
    Das Tal, dem sie seit Stunden folgten, stieg allmählich an. Anukyat wusste, dass sie einen schroffen Grat überwinden mussten, um die Hochebene mit dem nächstgelegenen Speer zu erreichen. Hoffentlich fanden sie dort eine Erklärung für die Geschehnisse. Wenn nicht, nun, es gab noch andere Speere in Alkal, und wenn er sie alle nacheinander aufsuchen musste, um das Rätsel zu lösen, dann war er auch dazu bereit. Das war er den vermissten Männern schuldig – und es war seine Pflicht gegenüber den

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