Die Sekte Satans
Bauernhofs in den Talsenken gehaldet — und dann den Umweltdreck
fleißig begrünt, was die Pflanzen eine Weile aushielten.
Aber dann hatte man das
Verbrechen entdeckt. Und festgestellt, dass rund ums Hasental und den dort
ansässigen Kleinweiher-Hof der Giftmüll über die Natur siegte. Die Beseitigung
half wenig. Was hier angebaut wurde, konnte als Nahrung nicht mehr verwendet
werden. Der Kleinweiher-Hof wurde aufgegeben. Die Familie des Bauern wurde
entschädigt — nach einem langen Gerichtsverfahren, bei dem der Chemie-Fabrikant
beinahe gewonnen hätte. Seitdem war diese Gegend Sperrgebiet. Sie wurde
gemieden von jedermann — ausgenommen die Teufelsanbeter der Sekte Babylon.
Glänzer-Delirius, der hohe
Priester, hatte schlau erkannt: Wo wir ungestört sind, können wir schalten und
walten, wie wir wollen. Und weil Satan seinen Daumen persönlich dazwischen
hält, sind wir gefeit gegen das Gift. Uns kann nichts passieren.
Heimlich nahmen die
Teufelsanbeter Besitz vom Kleinweiher-Hof und niemand erfuhr davon. In
SATANSHOF wurde das nun schon baufällige Gehöft umbenannt. Die Ställe füllten
sich wieder mit tierischem Leben, und zwar mit den geraubten Opfertieren. Ein
Satansjünger namens Oswald Krause, der als ehemaliger Seilbahnmaschinist
arbeitslos war, hatte die Aufsicht. Er fütterte die Tiere fett. Denn am so
genannten Mephistopheles-Tag, dem höchsten Feiertag der Teufelsanbeter, sollten
die Tiere nicht nur geopfert, sondern auch verzehrt werden — sofern es sich um
Schlachttiere handelte.
Als der graue Kastenwagen vor
dem ehemaligen Bauernhaus hielt, trat Krause vor die Tür.
Seine gedrungene Gestalt füllte
den Raum zwischen den Pfosten. Er hatte ein rotes Gesicht und den Kampf gegen
seine Pubertätspickel aufgegeben. Er war 29. In seinen blassblauen Augen stand
entweder ein blöder oder ein fanatischer Ausdruck.
Hugo stieg aus. Claudia nickte
dem Sekten-Kumpel durchs geöffnete Fenster zu.
„Zwei Zugänge bringen wir“,
sagte Hugo, „kleinen Köter und wilden Kater. Ist noch genug Futter da?“
Oswald nickte. „Aber einige
Hunde fressen nicht. Und der Esel stellt sich an wie ein Esel. Haben wir nicht
bald genug? Es sind über 30 Viecher.“
„Je mehr wir unserem Gebieter
opfern“, belehrte ihn Hugo, „um so großzügiger erweist er sich. Mit Macht über
andere stattet er uns aus. Heil Satan!“
„Heil Satan!“, echote Oswald.
Er spreizte fünf Finger bodenwärts, wie es dem offiziellen Satansgruß
entspricht.
Damit war dem Fürst der
Finsternis Genüge getan und Hugo holte die beiden Säcke aus dem Wagen.
Der kleine Hund winselte —
soweit ihm das möglich war mit zugebundener Schnauze. Humphrey, das Katerchen,
hatte beschlossen, sich zunächst einmal tot zu stellen. Und abzuwarten.
Oswald übernahm die Säcke und
trottete zum ehemaligen Kuhstall, wo er Käfige aufgestellt und Verschläge
gebaut hatte. Kein freudiges Gebrüll begrüßte ihn, als er eintrat. Keine Katze
stellte schnurrend den Schwanz auf. Selbst die Kälbchen wichen vor ihm zurück.
Obwohl er die Tiere fütterte, schien Bedrohung ihm anzuhaften wie übler
Gestank. Humphrey wurde in einen engen Käfig geworfen, der kleine
Mischlingshund nebenan eingesperrt.
*
Die Selligs fuhren zur Stadt
zurück und Hugo lenkte den Kastenwagen durch eine enge Seitenstraße im
südwestlichen Vorort Neustetten. Glänzers ,Unternehmen’ befand sich in der
Pfarrer-Frömmig-Straße, Haus Nr. 13. Das war sicherlich Zufall. Und der
Oberpriester mochte es auch nicht, wenn seine Sekten-Gefolgschaft über die
Adresse lächelte. Er residierte im Obergeschoss eines rotverputzten Gebäudes —
dem ansehnlichsten in einer trostlosen Häuserzeile.
Hugo und Claudia stiegen die
Treppe hinauf. Manchmal roch’s hier etwas schweflig und sie wussten natürlich,
was die Ursache war. Aber ihnen zeigte Satan sich nie. Das war Auserwählten
vorbehalten wie dem Oberpriester.
Im Vorzimmer saß Petulia, ein
fettes Mädchen von 17 oder 18 Jahren, das unentwegt Kekse aß. Sie gehörte zur
Sekte.
„Heil Satan!“, grüßten die
beiden.
Petulia nickte nur. Sie hatte
sich die Backen gefüllt und in der Sekte galt es als ganz schlechtes Benehmen,
Satans Namen mit vollem Mund auszusprechen.
Sie klopfte an Glänzers Tür,
dreimal — und ließ die beiden dann eintreten.
Glänzers ,Anwendungsraum’, wie
er ihn nannte, hatte schwarze Wände, eine schwarze Decke und — als Zugeständnis
für die Raumpflegerin — einen grauen Teppichboden. Neun
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