Die Sekte Satans
Verein? Die Dame ist doch offensichtlich
Teufelsanbeterin. In der Zeitung habe ich gelesen, dass es in der Stadt einen
Babylon-Club gibt, der mit schwarzen Messen sein Unwesen treibt. Falls Sie Satan-Fan
sind, ändert das natürlich die Sachlage. Sie könnten sich vorm Verkehrsgericht
auf Schwachsinn berufen. Haben Sie überhaupt einen Führerschein?“
Sellig griff in seinen
Hemdkragen, öffnete zwei Knöpfe. Der schwarze Riemen, an dem seine Teufelsmaske
hing, reichte sicherlich bis zum Nabel. Sellig musste eine Weile zuppeln, bis
er das Amulett in der Hand hielt.
Dann streckte er Tim das
seltsame Ding entgegen. Die andere Hand spreizte fünf Finger in seine Richtung.
Sellig bleckte die Zähne und
sprach: „Um den Knaben dreht euch rund, werft das Gift in seinen Schlund.
Abgekühlt mit Ochsenblut, wird der Fluch besonders gut.“
„Heh!“, rief Tim. „Das klingt
nach dem englischen Dichtergenie Shakespeare. Macbeths Hexen? Aber verstümmelt,
mein Lieber. Nicht gut zitiert.“
Doch damit war die Verwünschung
noch nicht zu Ende. Auch Gaby kriegte ihr Fett ab.
Claudia besorgte das. Und in
ihren schwarzen toten Augen glühte jetzt ein Funke, als fresse der Neid an
ihrer Seele.
„Und besonders werden Frauen“,
spie sie Gaby entgegen, „sich an Satans Gunst erbauen. Doch er vernichtet
ihresgleichen. Dieses Wort nimm als sein Zeichen.“
„Huch!“, meinte Gaby. „Da stand
wohl Herr von Goethe Pate. Hoffentlich hört er nicht, wie Sie seine schönen
Zeilen verhunzen. Da er 1832 gestorben ist, kann man davon ausgehen.“
Aber sie konnte nicht lachen.
Ihr war plötzlich ganz jämmerlich zumute.
Komisch!, dachte Tim. Die
beiden sind beknackt wie Kokosnüsse. Trotzdem läuft’s mir kalt über den Buckel.
Vielleicht weil man spürt, wie ernst die das meinen. Sie wollen uns schaden.
Wer weiß, was die beiden Flüche bedeuten — in ihrem Teufelsgebetbuch.
Vielleicht sollen Gaby die Haare ausfallen, und ich verliere demnächst jedes
Volleyballspiel.
Und weiter dachte er: Wie
kommt’s nur, dass dieser scheußliche Wagen mich so anzieht? Ich würde gern mal
reinsehen. Vielleicht sitzt der Teufel drin und poliert seine Hörner.
Die Frau ließ das Amulett
sinken.
Der Jeansjackenärmel war bis
zum Ellbogen hochgerutscht. Tim sah die blutige Kratzwunde: drei tiefe Schrammen.
Wenn sie sich selbst da
gekratzt hat, dachte er, war der Juckreiz aber stark.
Die beiden Teufelsanbeter
stiegen ein. Seltsam hölzern waren ihre Bewegungen, als hätten sie sich
eigenhändig eine Hypnose verpasst.
„Schön langsam fahren!“,
ermahnte Tim. „Stellenweise 60! Sonst holt euch der Teufel.“
Der Wagen fuhr ab.
In den Motorenlärm mischte sich
ein kaum hörbarer Laut.
Tim reckte den Kopf.
Miaute hier irgendwo eine
Katze?
Er sah sich um, konnte aber
keine entdecken. Und der Klagelaut wiederholte sich nicht.
„Wir sind verflucht, Tim“,
sagte Gaby. „Wie sollen wir das aushalten? Merkst du schon was?“
„Ich merke, dass man sich über
nichts wundern sollte. Es kommt immer noch schlimmer. Diese Teufelsanbeter —
meinte die Zeitung — seien eigentlich harmlose Spinner. Jedenfalls solange sie
nicht unter Jugendlichen und Kindern Mitglieder werben. Aber das ist sowieso
allen Sekten verboten — egal, wen sie anbeten.“
„Bei mir hätte da keiner
Glück.“ Gaby pustete gegen ihren Pony. „Mir genügt es völlig, dass ich Mitglied
bin bei TKKG.“
6. Auf der richtigen Spur
„Ruhe bewahren!“, sagte Dr.
Klaus Petersen und presste die Zähne zusammen.
Natürlich!, dachte Tim.
Trotzdem male ich mir aus, wie ich den Kerl auseinander nehme. Aber erst mal
muss ich ihn erwischen. Wie? Was können wir tun, was Kommissar Glockner nicht
kann? Verdammt! Wäre ich doch hier geblieben. Ich hätte den Tierfänger
erwischt. Für Frau Inge war das nicht möglich — ein saublöder Umstand!
Sie hatten sich im Wohnraum
versammelt: Inge, ihr Mann und TKKG — denn inzwischen waren auch Karl und
Klößchen eingetroffen. Die beiden weiblichen Anwesenden waren schreckensbleich.
Bei Dr. Petersen und den Jungs war kaltes Blut angesagt.
„Wir können nur planlos rundum
suchen“, sagte Klaus, „und auf einen glücklichen Zufall hoffen.“
„Ist auf jeden Fall besser, als
hier tatenlos Däumchen zu drehen“, nickte Gaby.
„Aber wir dürfen nicht losgehen
wie die Politessen an Schönwettertagen“, meinte Karl. „Die sieht man manchmal
zuhauf — jedenfalls zu dritt — , damit sie sich unterhalten können, was
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