Die Seraphim
überlegte, was sie ihn fragen wollte.
„ Geht es ihnen einigermaßen gut, Seline? Ich hätte nicht gedacht, dass sie so schnell wieder aus dem Krankenhaus entlassen würden.“
„ Wieso haben sie mich dann angerufen?“
Michael kam und stellte zwei Weingläser hin, dann öffnete er eine dunkle Flasche und goss einen schönen Rotwein ein.
„ Zum Wohle.“
„ Ich bin ehrlich gesagt ziemlich verwirrt.“, gestand sie ihm während er ihr ein Glas reichte. Sie stießen kurz an. Seline nahm einen Schluck und lies die rote Flüssigkeit kurz auf ihrer Zunge verharren. Sie war keine Weinkennerin, doch eindeutig zählte dieser Wein zu einem der besonders edlen Tropfen.
Nachdem sie bei Michael etwas zu Essen bestellt haben, wand sie ihre Aufmerksamkeit wieder Magnus zu.
„ Also was wollen sie von mir?“, fragte sie gedehnt.
„ Sie beschützen.“, antwortete Magnus knapp.
„ Mich? Wieso?“
Das Ganze wurde in Selines Augen immer grotesker und sie verfluchte sich nochmals, hierher gekommen zu sein. Vielleicht war dieser gut aussehende Mann auch einfach nur ein Irrer, der einer jungen schönen Frau wie ihr hinterher spionierte, sie verfolgte?
„ Sagen sie es mir.“, antwortete er und sie schaute ihn verblüfft an.
„ Ich habe keine Feinde.“, wimmelte sie ab und wurde etwas sauer.
„Keine von denen sie wüssten, jedenfalls.“
„ Was meinen sie denn?“
„ Fühlen sie sich bedroht, Seline? Kam ihnen in letzter Zeit irgendetwas außergewöhnlich vor?“
„ Machen sie Witze?“
„ Nein.“, erwiderte er trocken und schaute sie forschend an.
Sie nahm schnell noch einen Schluck ihres Cocktails und fixierte ihn dann ebenfalls forschend.
„Wieso sollte ich in Gefahr sein?“
„ Sie wissen es.“
„ Nein weiß ich nicht. Verraten sie es mir.“
Kurz herrschte Schweigen während er mit einem Finger am Rand des Glases entlang fuhr. Sie betrachtete seine Hand, diese fast bronzefarbene Haut und die geschmeidigen Finger. Er hatte sehr gepflegte Hände.
„ Ist ihnen schon einmal etwas Außergewöhnliches aufgefallen in ihrer Kindheit? Als sie ein Teenager waren?“
„ Was meinen sie?“
„ Dinge die sie nicht erklären können, Erscheinungen die sie mit dem weltlichen Bekannten nicht überein bringen konnten?“
„ Sie meinen Geister oder so etwas?“
Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals und ihr wurde plötzlich ein wenig flau im Magen.
„ So etwas, ja.“
Sie schwieg und nahm noch einen Schluck ihres Cocktails. Normalerweise hätte sie ihn für einen Spinner gehalten und wäre gegangen, doch so wie er da saß, wirkte er überhaupt nicht verrückt. Geheimnisvoll, aber nicht verrückt.
„ Vielleicht.“, gestand sie leise.
Er nickte nur.
„Die Welt ist nicht das, was sie scheint, Seline. Und das wissen sie. Es gibt Dinge, Wesen, die man sich mit dem menschlichen Geist nicht erklären kann. Eine andere Welt in dieser Welt, wenn sie es so sagen wollen. Wesen, die unter den Menschen weilen ohne dass man sie bemerkt.“
Einen Moment lang schwieg er, nippte kurz an dem Wein und fuhr dann ruhig fort.
„ Einige Menschen haben die Gabe, diese Wesen zu sehen. Wenn sie nicht für verrückt erklärt werden, vertuschen sie meistens ihre Gabe aus Angst. Angst vor der menschlichen Welt und vor der anderen Welt. Denn obwohl die meisten Menschen fasziniert sind vor dem übernatürlichen, wie sie es nennen, haben sie doch zugleich Angst davor. Die Menschen mit der Gabe geben den normalen Menschen oft einen versteckten Einblick in diese Welt, ohne dass jemand Verdacht schöpft. “
„ Wie?“
„ Filme, Bücher, Computerspiele. Viele der Wesen und Erscheinungen in so genannten Phantasiefilmen sind nichts anderes als ein Wesen, dass es wirklich gibt, nur das keiner sehen kann oder möchte.“
Sie nahm noch einen Schluck des Cocktails und spürte langsam dessen Wirkung. Schmerztabletten und Alkohol waren eine schlechte Mischung.
„Sie, Seline, konnten auch dies alles sehen. Als Kind. Sie haben die Wesen gesehen und man hat es zuerst als kindliche Spinnereien abgetan, eine blühende Phantasie. Als sie älter wurden hat man sie untersucht und mit Medikamenten abgestempelt. Danach haben sie sich selbst nicht mehr erlaubt, das alles zu sehen.“
Seline schluckte. Ihr war plötzlich kalt, ein Schauer lief ihr über den Rücken und sie war blass geworden. Sie sah ihre Kindheit wieder vor sich und alles traf zu, was er da sagte.
„ Woher wissen sie das?“
„ Ich weiß vieles, Seline. Das spielt keine
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