Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)
inzwischen aus Böhmen: Jan Hus, Geistlicher und Rektor der Prager Universität. Seine Verbindungen zu Wyclif und den Lollarden sind historisch erwiesen. Wie später Luther wurde Hus zu seiner Rechtfertigung vor ein kirchlich-weltliches Gericht geladen, aber anders als bei dem deutschen Reformator endete dieser mutige Versuch einer Verteidigung mit dem Tod im Feuer.
Die Verbindung Wyclif-Hus-Konzil habe ich durch eine weitere fiktive Figur hergestellt: Ciaran (sprich: Kiärän). Der Lollardenspross wächst in Irland auf, im berühmten Kloster Clonmacnoise am Shannon. Ein ehemaliger Mönch, hin- und hergerissen zwischen seinem Glauben und den Verführungen des weltlichen Lebens, drängte sich als Alternative zu dem ehrlichen, geradlinigen, ritterlichen Ezzo förmlich auf. Das Vermächtnis Wyclifs hat natürlich nie existiert. Die Idee, ein geheimes Schriftstück in den Roman mit einzuweben, ist an einem schönen Sommerabend bei einem Sachsenhausener Italiener entstanden, wo ich mit Dr. Cordelia Borchardt – der besten Lektorin von allen – unversehens in ein gemeinsames Brainstorming geraten bin. Danke, Cordelia, für Deine inspirierenden Ideen und die kritisch-hilfreiche Begleitung aller meiner Bücher!
Und noch einmal zurück zum Konstanzer Konzil. Es war ein Vergnügen, über diesen »Mammut-Event« des 15. Jahrhunderts zu schreiben, weil hier die Quellenlage hervorragend ist. Allein die Chronik von Ulrich Richental bietet so viele Informationen über die damaligen Verhältnisse, die Zustände in der Stadt, die Verhandlung von Jan Hus, dass einem Historiker das Herz aufgeht. Dazu noch die vielen erhaltenen Dokumente – was will eine Romanautorin mehr? Alle Details über Konstanz und das Konzil in diesem Buch sind historisch, oft habe ich Hus oder anderen Figuren wörtlich überlieferte Sätze in den Mund legen können. Und besonderen Spaß hat es gemacht, Oswald von Wolkenstein auftauchen zu lassen. Der ritterliche Sänger und geniale Dichter mit dem blinden Auge war tatsächlich Teilnehmer am Konzil, und die im Roman eingeflochtenen Lieder sind authentisch wie überhaupt alle Beispiele ritterlicher Minnedichtung und Liedkunst im Buch. Das Konzil, das wir mit Sara und den Fahrenden im Jahr 1415 verlassen, dauerte übrigens noch bis April 1418.
Noch ein paar Worte zum Thema »mittelalterliche Medizin«. Schon immer hatte ich ein Faible für Medizingeschichte, und wer meine Bücher kennt, hat das sicherlich längst entdeckt. Ich bin hier – wen es vor blutigen Operationen graut, der möge mir meine Realitätsliebe nachsehen und die Passagen überblättern – nicht im Vagen geblieben. Es gibt unzählige zeitgenössische Beschreibungen medizinischer Eingriffe; einige habe ich verwertet. So sind zum Beispiel die Brustkrebsoperation in Konstanz, der »Hämatothorax« des Wirtssohns aus Kaub sowie etliche andere medizinische Fälle und Heilmethoden Saras in den Quellen belegt. Auch so die ketzerische »Migränebehandlung« oder die Austreibung des »Zahnwurms« durch den Quacksalber Hiltprand. Die immer wieder als Sonderkapitel eingeflochtenen Behandlungsmethoden oder Arzneirezepte sind authentisch – nicht allerdings das Buch von Saras Onkel Jehuda. Auch die Medizin, die mit Mitteln aus der mittelalterlichen »Drecksapotheke« arbeitet, ist hinreichend im Roman thematisiert – oft wird vergessen, dass z. B. Hildegard von Bingen, die in mancher Hinsicht zu Recht heute noch als Heilerin verehrt wird, selber noch Vertreterin dieser damals anerkannten »Drecksmedizin« war.
Ganz zum Schluss noch einige kurze Bemerkungen zum Luther-Epilog. Ob er als Augustinermönch jemals eine Schrift von Wyclif in den Händen gehalten hat, ist nicht nachweisbar. Ich glaube allerdings, dass Luther ohne Wyclif und Hus nicht denkbar gewesen wäre. Das, was er im letzten Kapitel niederschreibt oder mit seinem Freund Staupitz bespricht, besteht zum großen Teil aus eingearbeiteten historischen Zitaten. Und, diese kleine Wendung sei einer Romanautorin gestattet, die Sätze, mit denen im Roman Wyclifs Vermächtnis beginnt, entstammen eigentlich der Feder des großen Reformators, sind sein eigener Abschied …
Zum Schluss noch ein Dankeschön an meine kritischen Korrekturleserinnen Angela, Sandra und Ursula, die unermüdlich meine dicken Manuskripte durchackern. Und das Wichtigste: Danke all meinen treuen Leserinnen und Lesern, denen ich immer wieder auf Lesungen in ganz Deutschland begegne. Ohne Euch würde die Schreiberei keinen
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