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Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die silberne Burg: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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lernt. Jüdische Ärzte standen im Mittelalter in allerhöchstem Ansehen; es ist erstaunlich, wie viele arabische und europäische Herrscher und Fürsten, ja sogar Päpste, jüdische Leibärzte hatten. Das lag vielleicht daran, dass über die Juden das herausragende medizinische Wissen der Araber nach Europa getragen wurde.
    Der Pogrom, den ich zu München stattfinden lasse, ist nicht belegt, Hinweise auf ein Blutgericht für das Jahr 1513 ließen sich nicht verifizieren. Aber das schreckliche Ereignis steht stellvertretend für viele solche Massenmorde, die spätestens seit Ende des 11. Jahrhunderts immer wieder verübt wurden und als ständige Bedrohung über den jüdischen Gemeinden überall im Reich schwebten. Ein vermeintlicher Ritualmord, wie ich ihn stattfinden lasse, war häufig Anlass für solche Gewaltausbrüche – an ihrem Ende standen oft ausgelöschte Judengemeinden, zufriedene Kreditnehmer, die nichts mehr zurückzahlen mussten, und in bester Innenstadtlage frei gewordene Immobilien. Gerne baute man dann an der Stelle zerstörter Synagogen Marienkirchen – zur nachträglichen Demütigung der Juden, die ja die Gottesmutter nicht verehrten, weil sie Jesus Christus nicht als Gottes Sohn ansahen.
    Auf der Suche nach ihrer Familie stelle ich Sara an die Seite einer weiteren Außenseitergruppe in der damaligen Zeit: die Fahrenden. Rechtlos, ehrlos, gefürchtet und verachtet, aber stets doch willkommen als eine der wenigen Quellen von Kurzweil und Unterhaltung in einer Zeit ohne Radio, Fernsehen, Theater und Schriftmedien. Bei den Spielleuten findet Sara eine vorübergehende Heimat, mit ihnen erreicht sie die Stadt, die damals für einige Jahre zum Nabel der christlichen Welt wird: Konstanz.
    Das Konstanzer Konzil ist denkwürdiges Ergebnis eines langen Prozesses des Niedergangs und Werteverfalls in der christlichen Kirche. Man stelle sich vor: Drei Päpste, einer zu Rom, einer zu Pisa, einer zu Avignon, jeder von ihnen mehr oder weniger rechtmäßig gewählt, nehmen jeweils für sich in Anspruch, der einzig wahre Heilige Vater zu sein! Was das zu dieser Zeit für den einzelnen, gläubigen Christen bedeutet, können wir heute kaum mehr abschätzen: Wer ist nun der rechte Stellvertreter Gottes? Wem soll man anhängen, wem die eigene ewige Seligkeit anvertrauen? Kommt man in die Hölle, wenn man dem Falschen folgt? Wenn schon die Führung der Christenheit nicht verlässlich ist, stürzt dann bald die ganze Welt ins Chaos? Warum lässt Gott dieses Unheil zu? Und: Wie furchtbar wird die Rache des Herrn sein für das, was die Menschen aus seiner Kirche gemacht haben? Dieser Zustand ist als »Großes Abendländisches Schisma« – als »Kirchenspaltung« in die Geschichte eingegangen. Und nachdem die drei Päpste jeweils von verschiedenen Herrschern in Europa unterstützt wurden, bedrohten diese Wirren das Reich von innen und außen.
    Beenden wollte die unwürdige Rangelei der Päpste und deren politische Folgen ein Mann, der dieses Ziel ins Zentrum seines eigenen Machtstrebens stellte: König Sigismund aus dem Geschlecht der Luxemburger.
    Wenn wir uns der weltlichen Macht um den Anfang des 15. Jahrhunderts zuwenden, so finden wir kaum bessere Zustände vor als beim Papsttum. Nach dem Tod von König Rupprecht im Jahr 1410 stritten sich seine Söhne Wenzel (König von Böhmen), Sigismund (König von Ungarn) und deren Vetter Jobst von Mähren um die deutsche Königswürde. Jobst wurde zunächst von den Kurfürsten gewählt, starb aber kurz darauf. Danach fiel die Wahl auf Sigismund, obwohl Wenzel als der ältere Sohn stets auf der Königswürde beharrte. Aber, seinem Beinamen »der Faule« Tribut zollend, entschloss er sich, nicht um die Krone zu kämpfen und mit Böhmen zufrieden zu sein.
    Sigismund, der tatsächlich, wie ich ihn im Buch beschreibe, zumindest äußerlich das Idealbild eines deutschen Königs war, hatte in zweiter Ehe die zwanzig Jahre jüngere Barbara von Cilli geheiratet, Exponentin eines böhmischen Adelsgeschlechtes. Man kann sich denken, dass der Grund für diese Ehe nicht Liebe war, sondern politisches Kalkül: Mit einer Böhmin und deren Adelspartei an der Seite ließ sich die böhmische Krone nach dem Tod des älteren Bruders leichter übernehmen. Zu Sigismunds Leidwesen entwickelte sich die kleine Barbara zur »Skandalkönigin« ihrer Zeit. Die zeitgenössischen Quellen nennen sie ein »schentlich boßhaftig weib«. Wie ihr Mann – bei dem dies allerdings toleriert wurde – nahm sie

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