Die Skelettbande
abzieht.« Klößchen zog das Wort »düster«
derart in die Länge, dass es sich schauerlich anhörte.
Der Saal leerte sich
allmählich. Die Pause war zu Ende. Für Tim und Karl standen jetzt noch zwei
Stunden Sportunterricht auf dem Stundenplan. Dann war die Schule für heute
vorbei.
Klößchen konnte sich dank eines
ärztlichen Attests, das ein enger Freund seines Vaters für ihn ausgestellt
hatte, vor den ungeliebten Leibesertüchtigungen drücken. »Während ihr euch
gleich beim Fußballspiel die Lunge aus dem Leib hustet, werde ich in die Eisdiele
gehen und die neue Sorte, die sie seit gestern im Angebot haben, ausprobieren.
Schokosplitter in Bourbon Vanille. Mmmh.« Er leckte sich dabei genüsslich über
die Lippen.
Die vier standen auf und gingen
zu ihren Fahrrädern, die angekettet vor dem Schulgebäude standen.
»Wir sehen uns nach dem
Sportunterricht«, sagte Gaby. Sie legte ihre Tasche in den Korb vorne am Lenker
und drückte Tim zum Abschied noch einen Kuss auf die Wange.
Klößchen hantierte an seinem
Schloss herum, bekam es aber nicht auf, weil er wieder einmal die Kombination
vergessen hatte. Wütend jammerte er vor sich hin: »Wie waren noch mal die
Zahlen?«
Wie aus einem Mund sagten Tim,
Karl und Gaby: »Dreimal Nuss, viermal Erdbeer, dreimal Schokolade und viermal
Vanille.«
»Das ist die Eselsbrücke! Der
Freundschaftseisbecher! 3434!« Klößchen grinste übers ganze Gesicht. »Wie
konnte ich das vergessen!« Er drehte an den Zahlenrädchen und, schwups, ging
das Schloss auf.
Tim, Karl, Klößchen und Gaby
hatten gar nicht den großen, sportlichen Typen bemerkt, der neben ihnen
aufgetaucht war und nun plötzlich fragte: »Wollt ihr euch etwa jetzt schon den
Bauch mit Eis vollschlagen?«
Die vier Freunde drehten sich
um.
»Hallo Nils«, antwortete Tim.
»Nein, das Eis hat noch etwas Zeit. Wir haben Klößchen nur etwas auf die
Sprünge geholfen.«
»Ach so«, sagte Nils, obwohl er
immer noch nicht ganz verstanden hatte, worum es ging. Dann wechselte er das
Thema und fragte Tim: »Willst du heute ins Mittelfeld oder soll ich?«
»Lass uns abwarten, wie die
Mannschaft aufgestellt ist«, antwortete Tim und boxte ihm kameradschaftlich in
die Rippen.
Nils war ungefähr so groß wie
Tim, aber blond und mit raspelkurzen Haaren. Seine klassisch-schöne Nase und
seine strahlend blauen Augen wirkten auf die meisten Mädchen ungemein attraktiv.
Er trug ein schwarzes, enges T-Shirt. Auf dem rechten Arm hatte er ein schlecht
gestochenes Tattoo in Form eines Adlers. Nils war bekannt dafür, dass er sich
immer wieder gegen den Willen seiner äußerst strengen Eltern stellte, um sie zu
provozieren. Manche dieser Protestaktionen war nicht besonders klug. So hatte
er sich das Tattoo von einem seiner Kumpels stechen lassen, was zu einer
schlimmen Infektion geführt hatte, die im Krankenhaus behandelt werden musste.
Auf der anderen Seite war er aber auch diszipliniert und ein guter Sportler, so
wie Tim. Trotz seiner Eskapaden war er ein guter Kamerad. Tim mochte ihn.
»Ich muss noch schnell einen
Brief einwerfen.« Nils zog aus seiner Hosentasche einen Schlüsselbund hervor,
schloss sein Fahrradschloss auf und schwang sich auf seinen Drahtesel. Bevor er
durch das Schultor fuhr und auf der Straße verschwand, rief er Tim noch zu:
»Wir sehen uns dann gleich in der Halle!«
»Habt ihr auch gesehen, was ich
gesehen habe?«, fragte Gaby die anderen.
»An seinem Schlüsselanhänger
baumelt ein Plastikskelett!«, stammelte Klößchen.
Karl putzte aufgeregt seine
neue Brille. »Und das sah genauso aus wie das von dem Einbrecher!«
Karl hasste es, im Tor zu
stehen, weil er immer damit rechnen
musste, einen Ball an den Kopf, in den Magen oder sonst wohin geschossen zu
bekommen. Vorsichtshalber hatte er seine Brille beiseitegelegt, sah aber alles
verschwommen und kam sich vor wie ein blindes Huhn. Nils war der Stürmer der
gegnerischen Mannschaft und fegte nun auf das Tor zu. Karl schloss die Augen
und betete, dass das Spiel bald vorbei war.
Nils dribbelte an einem
Abwehrspieler vorbei und schoss. Der Ball zischte mit der Geschwindigkeit einer
Langstreckenrakete durch die Luft und landete treffsicher in Karls Magengrube.
Ein dumpfer Schmerz durchfuhr ihn. Er ächzte und sackte zusammen.
Tim kam sofort herbeigerannt
und half ihm, sich aufzurichten. »Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
Karl versuchte ein Lächeln,
verzog dabei aber voller Schmerzen das Gesicht.
Der Sportlehrer unterbrach
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