Die Smaragdreihe 1 - Der Zauberer der Smaragdenstadt
sind sie ja, im grünen Topf. Das wird ein prächtiger Trank! . . . Jetzt will ich's den verfluchten Menschen heimzahlen! Wie ich sie hasse! . . . Sie haben sich über die Welt verbreitet, die Sümpfe trockengelegt und die finsteren Wälder abgeholzt! . . . Alle Frösche haben sie ausgerottet! . . . Sie vernichten die Schlangen! Keinen Leckerbissen haben sie auf der Erde gelassen! Soll ich mich jetzt nur noch mit Würmern und Spinnen laben? . . ."
Gingema schüttelte drohend ihre knochige Faust und warf Schlangenköpfe in den Kessel. „Uh, diese verhaßten Menschen! So, nun ist der Trank fertig. Auf daß ihr an ihm verrecket! Ich werde Wald und Feld damit besprengen, und ein Sturm wird ausbrechen, wie ihn die Welt noch nicht erlebt hat!“
Gingema faßte den Kessel an den Henkeln und trug ihn keuchend aus der Höhle. Dann tauchte sie einen großen Besen ein und begann das Gebräu um sich zu verspritzen. „Entlade dich, Sturm! Brause durch die Welt wie ein reißendes Tier. Zerbreche, zermalme, zerschmettre! Stürze die Häuser um, heb sie in die Luft! Sussaka, massaka, lema, rema, gema! . . . Burido, furido, sema, pema, fema! . . ."
Sie stieß die Zauberworte hervor und fuchtelte mit dem zerzausten Besen. Der Himmel verfinsterte sich, Wolken zogen herauf, der Wind heulte, Blitze zuckten in der Ferne... „Zerschmettre, zerbrech, zermalm!" gellte die Hexe. ,,Sussaka, massaka, burido, furido! Vernichte, Sturm, die Menschen, die Tiere, die Vögel. Nur die Frösche, die Mäuse, die Schlangen, die Spinnen verschon! Sie sollen sich über die ganze Welt verbreiten, damit ich, die mächtige Zauberin Gingema, mein Vergnügen daran hab. Burido, furido, sussaka, massaka!"
Immer stärker blies der Wind, Blitze zuckten, ohrenbetäubend krachte der Donner. Wie besessen drehte sich Gingema im Kreise, und die Schöße ihres langen schwarzen Mantels wallten im Winde.
* * *
Durch die Hexenkunst ausgelöst, wälzte sich der Sturm nach Kansas und kam dem Häuschen Johns immer näher. Am Horizont verdichteten sich die Wolken, Blitze durchzuckten sie.
Totoschka lief mit gerecktem Kopf unruhig umher und bellte herausfordernd die Wolken an, die schnell am Himmel dahinsegelten.
,,Totoschka, bist du aber komisch!" sagte Elli. „Du willst die Wolken erschrecken und hast doch selber Angst!"
Das Hündchen hatte wirklich große Angst vor den Gewittern, die es in seinem kurzen Leben schon sooft gesehen hatte.
Mutter Anna sagte unruhig:
„Da stehe ich und schwatze mit dir, Töchterchen, und dabei zieht ein schweres Gewitter auf..."
Schon heulte drohend der Wind. Der Weizen auf dem Feld hatte sich zur Erde geneigt und wogte wie ein Meer.
Farmer John kam aufgeregt vom Feld gelaufen.
„Ein Sturm, ein schrecklicher Sturm naht", schrie er, „lauft schnell in den Keller, ich will noch rasch das Vieh in den Stall treiben."
Mutter Anna lief auf den Keller zu und warf den Deckel zurück.
,,Elli, Elli! Komm her, schnell!" rief sie.
Totoschka war vom Heulen des Windes und dem unaufhörlichen Krachen des Donners so entsetzt, daß er in das Häuschen flüchtete und sich unterm Bett verkroch. Elli, die ihren Liebling nicht allein lassen wollte, stürzte ihm nach.
In diesem Augenblick geschah etwas Unbegreifliches:
Das Häuschen drehte sich zwei-, dreimal im Kreise wie ein Karussell und wurde von einem Wirbelwind erf aßt, der es emporhob und forttrug.
In der Tür stand, starr vor Schreck, Elli mit Totoschka im Arm. Was sollte sie tun?
Hinausspringen? Dazu war es zu spät, denn das Häuschen flog bereits hoch über der Erde...
Mit wirrem Haar stand Mutter Anna vor dem Keller, streckte die Arme aus und schrie verzweifelt. Aus dem Stall stürzte, von Entsetzen gepackt, Farmer John. Er lief auf die Stelle zu, wo das Häuschen gestanden hatte . . . Die Eltern starrten lange in den finsteren Himmel, den Blitze immer wieder erhellten . . .
Der Sturm tobte weiter, und das Häuschen flog, hin und her schaukelnd, durch die Luft. Aufgeregt über das Treiben, lief Totoschka ängstlich kläffend im dunklen Zimmer umher. Elli saß ratlos auf dem Fußboden und preßte die Hände gegen den Kopf. Sie fühlte sich einsam und verlassen. Der Wind heulte entsetzlich. Es schien, als würde das Häuschen im nächsten Augenblick zur Erde stürzen und zerschellen. Doch die Zeit verrann, und das Häuschen flog immerfort weiter. Elli kroch aufs Bett und legte sich hin, Totoschka an sich drückend. Unterm Geheul des Windes, der das Häuschen gleichmäßig
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