Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
Worten hält.
»Tut mir leid«, sagt sie kopfschüttelnd. »Das genügt mir nicht.« Ihr Blick ist finster und sie wirkt niedergeschlagen. »Er war so begabt, und trotzdem ist er gestorben.«
»Jeder stirbt irgendwann –«
»Und damit gibst du dich zufrieden? Er hat uns eine Notiz hinterlassen, Clay . Eine Notiz .« Sie schreit es, und ein Haferkrümel sprüht von ihren Lippen. Oliver Grone steht bei den A NTHROPOLOGIE -Regalen und schaut mit hochgezogener Braue zu uns herüber. Kat starrt auf ihre Schuhe. Leise sagt sie: »Nenn so was nicht Unsterblichkeit.«
»Und wenn es nun das einzig Positive an ihm war?«, sage ich. Ich entwerfe diese Theorie gerade in Echtzeit: »Was, wenn, naja – wenn der Umgang mit Griffo Gerritszoon nicht immer so toll gewesen ist? Was, wenn er seltsam und verträumt war? Was, wenn seine größte Leistung die Formen waren, die er aus Metall geschnitten hat? Dieser Aspekt seiner Person ist wirklich unsterblich. Unsterblicher geht’s gar nicht.«
Sie schüttelt den Kopf, seufzt und beugt sich ein wenig zu mir vor, dabei schiebt sie sich den letzten Rest des Kekses in den Mund. Ich habe das alte Wissen, das OK , nach dem wir geforscht haben, gefunden, aber was es aussagt, gefällt ihr nicht. Kat Potente wird weitersuchen.
Einen Moment später lehnt sie sich wieder zurück, atmet entschlossen ein und steht auf. »Danke, dass du mich eingeladen hast«, sagt sie. »Bis irgendwann mal.« Sie zieht sich den Blazer über, verabschiedet sich mit einem Winken und strebt Richtung Tür.
Jetzt ruft mich Penumbra zu sich.
»Es ist unglaublich«, sagt er begeistert, und er ist wieder er selbst, mit leuchtenden Augen und einem breiten Lächeln. »Die ganze Zeit waren wir Figuren in Gerritszoons Spiel. Mein Junge, seine Buchstaben standen dick und breit auf unserem Schaufenster!«
»Clark Moffat hat das herausbekommen«, sage ich zu ihm. »Ich habe keine Ahnung, wie, aber das hat er. Und dann schätze ich mal … hat er einfach beschlossen, mitzuspielen. Das Rätsel aufrechtzuerhalten.« Bis jemand entdeckte, dass es in seinen Büchern schlummerte.
Penumbra nickt. »Clark war genial. Er ging immer seinen eigenen Weg, folgte seiner Intuition, wohin sie ihn auch führte.« Er hält inne, neigt den Kopf und lächelt dann. »Er hätte dir gefallen.«
»Also sind Sie nicht enttäuscht?«
Penumbras Augen weiten sich erstaunt. »Enttäuscht? Unmöglich. Es ist nicht, was ich erwartet hatte, aber was habe ich denn erwartet? Was haben wir alle erwartet? Was ich nicht erwartet habe, war, die Wahrheit zu Lebzeiten zu erfahren. Es ist ein unermessliches Geschenk, und dafür bin ich Griffo Gerritszoon dankbar und auch dir, mein Junge.«
Nun naht Deckle, strahlend, geradezu hüpfend. »Du hast es geschafft!«, sagt er und klopft mir auf die Schulter. »Du hast sie gefunden! Ich wusste, es könnte dir gelingen – aber ich hatte keine Ahnung, welche Tragweite das Ganze haben würde.« Die Schwarzroben hinter ihm diskutieren lebhaft. Sie wirken aufgeregt. Deckle schaut sich vorsichtig um. »Darf ich sie mal anfasssen?«
»Sie gehören dir«, sage ich. Ich ziehe die Gerritszoon-Patrizen in ihrer Arche aus Pappe unter einem Stuhl in der ersten Reihe hervor. »Du musst sie der Con-U offiziell abkaufen, aber ich habe die Unterlagen, und ich glaube nicht, dass –«
Deckle hebt eine Hand. »Kein Problem. Glaub mir – kein Problem.« Eine der New Yorker Schwarzroben kommt zu uns, und der Rest schließt sich an. Sie beugen sich unter lauter Ahs und Ohs über den Karton, als läge ein Baby darin.
»Also du hast ihn auf diese Fährte gelockt, Edgar?«, sagt Penumbra und sieht ihn fragend an.
»Ich hatte so ein Gefühl, Sir«, sagt Deckle, »dass uns hier ein seltenes Talent zur Verfügung steht.« Er hält inne, schmunzelt, dann: »Sie haben tatsächlich ein Händchen für die richtigen Verkäufer, Sir.« Penumbra prustet und grinst. Deckle fährt fort: »Es ist ein großer Erfolg. Wir werden eine frische Schrifttype erstellen und ein paar von den alten Büchern nach drucken. Dagegen kann Corvina nichts einwenden.«
Penumbras Miene verdüstert sich bei der Erwähnung des Ersten Lesers – seines alten Freundes.
» Was ist mit ihm?«, frage ich. »E r – naja, er wirkte verärgert . «
Penumbras Gesicht ist ernst. »Du musst dich um ihn kümmern, Edgar. Er ist zwar alt, aber er hat mit Enttäuschung wenig Erfahrung. So stark er wirkt, so zerbrechlich ist er in Wahrheit. Ich mache mir Sorgen um ihn,
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