Die Sonne war der ganze Himmel
den Tod betteln ließen.
Wir folgten einem Soldaten, der sich nach Westen wandte, in Richtung der flachen Uferhänge des Tigris, eine Entscheidung, so gut wie jede andere. Die Minarette einer Moschee schienen uns zum Narren zu halten, denn sie ragten überall auf, wohin wir schauten.
Die Sonne ging langsam auf, und ihr fahler Lichtschein erfüllte die Stadt mit matten Farben, Abstufungen von Grau und Gold, verwaschene Pastelltöne. Auf dem Weg zum Fluss schwoll unser Gehirn durch die Hitze des frühen Morgen an. Wir wussten, dass auch andere Einheiten nach Murph suchten. Wir hörten Gewehrfeuer, manchmal den hallenden Krach von Sprengfallen, stießen aber auf keinen Widerstand. Wenn wir Leute erblickten, flohen sie im Eiltempo. Wir marschierten auf beiden Seiten einer breiten Straße, gesäumt von Autos, die in einer noch nicht lange zurückliegenden Vergangenheit in Brand gesteckt worden waren.
In den Außenbezirken der Stadt kam ein offener Platz in Sicht. Dort umstrichen zwei Promenadenmischungen die Füße ihres Herrchens. Die schwarzen Hunde und das weiße Gewand des Mannes stachen in der grauen Leere hervor. Er spannte ein Maultier, das anstelle des rechten Vorderbeins eine selbstgebastelte Holzprothese hatte, vor einen Karren. Wir waren zwanzig schwerbewaffnete Soldaten, aber der Mann warf uns nur einen achtlosen Blick zu, hantierte weiter an seinem Karren. Wir schickten unseren Dolmetscher zu ihm, um herauszufinden, ob er etwas wusste, setzten uns auf den Platz, richteten die Waffen auf die offenen Fenster und leeren Nebenstraßen und warteten.
Der Dolmetscher wechselte einige Worte mit dem Mann. Dieser drehte sich zu einer Nebenstraße um und deutete auf eines der Minarette der Moschee, an der wir vorbeigelaufen waren. Sie ragte mit ihrer fleckigen Steinkuppel gefährlich schief über dem Fluss auf. Wir waren nur durch eine Straße und verwahrloste Felder von ihr getrennt.
Sergeant Sterling fummelte am Sichtgerät herum, schaltete zwischen Nachtsicht und Tagsicht hin und her, während er einen Beschluss zu fassen versuchte. Schließlich spuckte er auf die staubige Straße und sagte: »Die Leute hier bauen auch immer das Gleiche an, hmm?« Er verstummte kurz. »Was sagt er?«, fragte er den Dolmetscher.
»Er hat letzte Nacht gesehen, wie fremde Männer in das Minarett gegangen sind.«
»Wie viele?«
»Fünf. Vielleicht auch sechs.«
»Haben sie auffällig ausgesehen?«
Der Dolmetscher wirkte verwirrt. »Verglichen womit?«
Sterling hockte sich hin. »Also gut, Jungs: Ihr geht hier in Stellung. Bartle und ich sehen uns um. Ist wahrscheinlich falscher Alarm.«
Der Mann, ein Stellmacher, bot an, uns zu dem Minarett zu bringen. Er führte das Maultier, das den Karren mit seinem gesamten irdischen Besitz zog. Das Tier trottete geduldig, der Hufschlag seiner drei Beine ein klapperndes Stakkato. Das Holzbein war unten mit verschimmeltem Leder umwickelt. Hinten auf dem Karren lag eine abgenutzte Gebetsdecke über Töpfen aus Ton und Steingut. Gusseiserne Gerätschaften klapperten zwischen einer Sammlung von Strohpuppen, die mit Perlen in Türkis-, Rot- und Grüntönen geschmückt waren.
Die Zweige eines auf einem öden Acker stehenden Baumes schwankten im lauen Wind. Je näher wir dem Minarett kamen, desto eindringlicher wurde der Geruch des Flusses, eine herrliche Kühle, die wir längst vergessen hatten. Hinter Baum und Fluss ragte das Minarett auf, schief und von einem verwitterten Rosa, eine alles beherrschende Senkrechte, die wir keine Sekunde aus dem Blick verloren. Der Mann klopfte mit einer langen Hakenstange aus verkohltem Zedernholz auf die Hinterbacken des Maultiers. Das Tier verlangsamte seine Schritte und hoppelte, während der Karren ein Stückchen weiterrollte, auf dem Holzbein dahin, seine Miene ein Bild von Ruhe und Gelassenheit.
Der Mann zog die Sandalen aus und legte sie hinten auf den Karren. Er wackelte behäbig mit den Zehen, als würde er sich auf einen langen Fußmarsch vorbereiten, sah sich mehrmals um, als wollte er sich seines Platzes auf dieser Welt versichern, und ging dann zu dem ruhig atmenden Maultier. Er gab ihm eine Birne zu fressen und streichelte die Nüstern, während es kaute und ihn aus dunklen Augen betrachtete. Er ging über das staubige Feld zu dem einsamen Baum, suchte sich eine große, passend gekrümmte Wurzel und ließ sich im Schatten der tiefhängenden Zweige nieder.
Ich sah Sterling an, zuckte mit den Schultern. Er erwiderte meine Geste, rief dem Mann
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