Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
glaubte im ersten Moment, auf einen Scheiterhaufen geworfen zu werden und zu verbrennen, aber die Hitze steigerte sich nicht weiter. Dafür sah er nach dem ersten Schritt nach draußen das brennende Inferno. Das Feuer schien zu leben. Es zischte, knallte und fauchte wie eine dämonische, tanzende Bestie, die wütend das Wohnhaus zerreißen wollte. Flammenfinger umgarnten die Mauer bis hinauf zum Dach und versengten alles, was sie berühren konnten. Johann hatte ein solches Feuer noch nie gesehen. Aber er kannte die Beschreibungen. Und sie stimmten, nur war die wahrhaftige Flammenhölle größer und gefährlicher, aber auch auf eine eigentümliche Art faszinierend. Die Hitze war wie ein Sturm, ein Sog, der Asche, Staub und kleine Strohhalme vom Boden aufwirbelte. Idas und Johanns Haare wirbelten im Glutwind durcheinander. Johann sah sich einer menschlichen Urangst gegenüber. Er wollte nicht verbrennen. Aber es waren nur wenige Schritte bis zum Tor. Wenige Schritte, aber Johann bekam kaum Luft. Er versuchte, den Atem anzuhalten, aber jeder weitere Schritt wurde zur Qual. Die Trockenheit und der Gestank zogen die Lungen zusammen wie ein Laubblatt im Kaminfeuer, es kratzte in der Nase und stach in den Augen. Auch Ida hustete. Sie hielt sich ein Stück des Stoffes ihres Mantels vor den Mund und zog Johann an der Hand in Richtung Tor, als plötzlich Johanns Hand aus ihrer gerissen wurde und sie sah, wie Johann der Länge nach neben ihr zu Boden ging. Sie wirbelte herum und glaubte, einen einäugigen Dämon aus der Hölle vor sich zu haben. Der entstellte Mann fuchtelte mit einer Fackel dicht vor ihren Augen herum, schwenkte sie hin und her. Ida wich zurück. In seiner anderen Hand sah sie ein Schwert. Der Mann holte aus, bereit den am Boden liegenden Johann aufzuspießen.
Gottfried kämpfte wie ein Löwe. Seine Welt stand in Flammen und ging unter. Er sah, die Flammenzungen, die aus dem Palas leckten. Dort war all sein Hab und Gut. Nur das nackte Leben war ihm noch geblieben und dies war verwirkt durch seinen Aufstand gegen seinen Souverän. Gottfried wusste das. Doch es machte nichts. Es gab hier nichts mehr für ihn. Nur noch Erinnerungen. An eine Zeit, die Eberhards Sieg in Worringen beendete. An seinen Sohn, der im Kampf gegen Eberhard gefallen war. An Walram, der ihn an Eberhard verraten hatte! Blind vor Wut hieb er mit seinem Schwert auf die Schilde der Männer, die nun über drei Sturmleitern versuchten, die Mauer der Burg zu erklimmen. Gottfried und seiner Hand voll Männern war es gelungen eine Leiter der ersten Angriffsgruppe abzuwehren und mit allen kletternden Soldaten in den Graben zu stoßen. Die Männer fielen in den Graben, die Leiter zerbrach. Für einen Moment hatte Gottfried Oberwasser. Er frohlockte. In ihm jauchzte es.
„ Deus vult!“, schrie er und feuerte seine Männer an.
Gott will es. Ich werde Eberhard nicht meine Burg überlassen.
Aber die zweite Kampfgruppe eilte ihren Kameraden hier zu Hilfe. Die Leitern wurden erneut angelegt und im zielgenauen Feuer der Bogenschützen Eberhards hatte Gottfried keine Möglichkeit aus seiner Deckung zu kommen und die Leitern ein zweites Mal abzuwehren. Erst jetzt, als die Männer Eberhards die Mauerkronen fast erreicht hatten und der Pfeilbeschuss stoppte, stürmten Gottfried und seine Männer wieder hervor und gingen die Angreifer an. Mann gegen Mann. Auge in Auge. Wieder hämmerte Gottfrieds Klinge auf das bereits stark deformierte Schild seines Gegners, der trotz der heftigen Gegenwehr Sprosse für Sprosse der Sturmleiter erklomm und nun die Zinnen erreicht hatte. Ein Soldat
Gottfrieds kam seinem Vogt zur Hilfe. Ein dröhnender Schlag von seiner Seite und der Angreifer verlor das Gleichgewicht. Mit einem Angstschrei fiel er in den Graben und prallte auf dem Boden dreißig Fuß unter ihm auf. Aber der Strom der Feinde versiegte nicht. Schon war der nächste Mann vor ihnen. Dieser war flinker und Gottfrieds Kräfte versiegten allmählich. Das Schwert in seiner Hand wurde mit jedem Schlag schwerer. Er zwang sich wieder auf den Gegner einzuschlagen, aber der Schlag war viel zu schwach. Der Soldat Eberhards wischte den Schlag zur Seite und stand auf der Zinne. Einen Augenblick später war er auf dem Wehrgang. Der erste Angreifer hatte das Innere der Vorburg erreicht. Gottfried und sein Helfer gingen den Mann an, aber schon war ein zweiter auf dem Wehrgang. Die Situation entglitt Gottfrieds Händen. Mit ihren Schilden drängten sie den Vogt und seine
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