Die Spiele des Herrn (Johann Von Der Morgenpforte) (German Edition)
durchgebrannt waren, würde sich die Feuerhölle auch auf die Innenräume ausbreiten. Das Sterben des Palas hatte begonnen.
Die Menschen in der Burg hatten nach der ersten Salve
begonnen, in Panik zu verfallen. Jeder war sich selbst der Nächste. Jeder wollte seine eigene Haut retten. Gottfried war auf die Mauern geklettert. Er wollte seine Männer antreiben, die Burg zu verteidigen, aber es war für den Moment sinnlos. Solange Eberhards Männer nicht vorrückten, hatte es
keinen Sinn, Pfeile zu vergeuden. Die Angriffsmaschinen waren außerhalb der Reichweite der Bogen. So lauerten Gottfrieds Soldaten hinter den Zinnen der Wehrmauer und warteten auf die Verteidigungsmöglichkeit. Ida wuchs derweil über sich hinaus.
„ Beruhigt euch alle! Wir müssen das Feuer löschen! Nehmt die Eimer!“, schrie sie. Sie nahm selbst einen, der an den Trögen der Schweine stand. Der Brunnen der Burg lag in der Hauptburg. Sie rannte los, als donnernd und zischend die zweite Salve ihr Ziel fand. Die Bomben zerschlugen an der Mauer und auf dem Hof, kurz bevor Ida ihn erreichte. Das Öl auf dem Boden fing sofort Feuer und brannte in kniehohen Flammen. Schwarzer Rauch stieg auf und machte das Atmen in der Nähe des Feuers unmöglich. Ida war als erste am Brunnen. Der Rauch biss in den Augen und zerrte an ihrer Lunge. Jeder Atemzug schmerzte. Ida wollte husten, aber sie unterdrückte den Reflex. Wasser! Der Eimer, der an der Seilwinde des Brunnens befestigt war, sauste in die Tiefe. Der Brunnen war an dieser Stelle gut zwei dutzend Klafter tief. Ida hörte aus dem Prasseln der Flammen das Aufklatschen des Eimers auf der Wasser Oberfläche. Sie begann, die Kurbel der Brunnenwinde zu drehen. Schon waren helfende Hände da. Gemeinsam zogen sie den schweren, mit Wasser gefüllten Eimer nach oben. Ida beobachtete das Feuer derweil. Es durfte sich nicht ausbreiten, nicht die Vorratsräume erreichen. An diesen Räumen hing ihr Leben. Denn sollten sie diese Burg verteidigen, waren sie ohne Vorräte verloren. Bei der Belagerung oder spätestens im Winter. Der Wassereimer erreichte den Brunnenrand und wurde schnell umgeschüttet. Dann sauste er wieder nach unten. Ida sah sich um. Wo sollte sie anfangen? Mit voller Körperkraft schüttete sie das Wasser über den lodernden Ölsee, beinahe warf sie den Inhalt in seine Mitte. Aber nicht das erwartete geschah. Das Öl verdünnte sich und breitete den Ölteppich nur noch weiter über den Hof. Ida sah es mit Entsetzen! Was sollte sie tun, wenn sie nicht mit Wasser löschen konnten? Da unterbrach das bekannte Summen in der Luft ihre Gedanken. Eine dritte Salve flog heran. Ida konnte von ihrer Position so nahe an der Mauer nicht erkennen, in welche Richtung die Geschosse flogen. Aber instinktiv suchte sie mit den anderen Schutz an der Mauer. Sie kauerten sich zusammen, hockten an der Mauerunterkante, zogen die Köpfe tief zwischen die Knie, als die Ölbomben über ihren Köpfen explodierten und einen Funken- und Feuerregen auslösten. Ida sah nach oben. Das Holzdach des Palas hatte Feuer gefangen. Jetzt gab es nicht mehr viel zu tun! Das Haus würde sie nicht löschen können. Dorthin reicht ihr Wasser nicht! Auch die anderen waren wie paralysiert.
„ Zurück! Wir müssen in die Vorburg. Hier brennt gleich alles.“
Wieder strömten sie aus dem Tor in den Hof der Vorburg. Conradus hatte noch versucht, die panischen Menschen zu beruhigen. Eine Frau schrie in Todespanik. Conradus wandte sich ihr zu und versuchte, sie zu beschwichtigen. Die Panik und die Angst der Frau übertrugen sich auch auf die anderen. Ida und ihre Helfer erschienen auf der Brücke.
Gott sei Dank, Ida ist nichts passiert.
Albert war bisher voller Angst nicht von Conradus Seite gewichen, Jetzt aber lief er auf Ida zu. Knapp hinter der Zugbrücke über den Hofgraben trafen sie sich. Als der Junge die dritte Salve gesehen hatte, sah wie drei Flammenbälle vom Dach und vom Hof aufsteigen, hatte er geglaubt, Ida nie
wieder zu sehen. Albert weinte. Die Soldaten hatten ihre
Faszination verloren.
„ Was machen wir nun?“, fragte Ida. Wir können nicht mehr in den Haupthof. Der Palas brennt. Der Bergfried?“
„ Nein, das halte ich nicht für richtig. Das ist zu gefährlich. Wir müssen raus aus dieser Burg. Wir haben nur noch eine Möglichkeit. Eberhard hat es nicht auf uns abgesehen. Nur auf diese Burg. Wir müssen die Grabentür nehmen.“
Conradus spielte auf den schmalen Durchlass im inneren Graben an. Dort gab es eine
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