Die Sprache unserer Organe

vor allem jedoch mein Bewusstsein geweckt. Mir ist klar geworden, dass man mich im wahrsten Sinn des Wortes »aufgefressen« hat. Wenn man das Leben mit rundem Rücken, eingesunkenen Schultern und eingezogenem Kinn betrachtet, sieht man es aus der Haltung eines Opfers heraus. Mit aufrechtem Körper betrachtet man es anders. Ich habe meine Familie in die Verantwortung genommen. Sie hilft mir jetzt viel, und ich sehe den Dingen ins Auge!«
    Das passende Wort im rechten Moment hat manchmal einen größeren Wert als die beste Behandlung. An diesem Beispiel sieht man aber auch sehr schön die Verknüpfung zwischen dem körperlichen Ausdruck eines Problems und der Einstellung und Körperhaltung, die daraus entstehen.
    Die Lendenwirbelsäule
    Meine Generation hat noch gelernt, dass ein Hohlkreuz für den Rücken schlecht und die Ursache von Lumbalgien und Ischias sei. Das stimmt allerdings nicht, ganz im Gegenteil, natürlich je nach Tätigkeit des Einzelnen und seiner Lebensweise. Ein Hohlkreuz ist bis zu einer gewissen Ausprägung normal und verschafft den Urogenitalorganen eine gute Lage.
    Bei der Frau
    Wenn die Lendenwirbelsäule kyphotisch ist, neigt die Gebärmutter dazu, sich zu senken, und es kommt zu Kongestion, übermäßigem Blutandrang. Damit sind Beckenvarikosen, also knotig erweiterten Krampfadern im Beckenbereich, und prämenstruellen Schmerzen Tür und Tor geöffnet. Langfristig kann es unter gewissen Umständen auch zu Uterusfibromen kommen. Zudem wird die Blase komprimiert, wodurch der Druck in ihr zunimmt. Die Patientin muss häufiger auf die Toilette gehen, weil der
Harndrang unerträglich ist. Schließlich tritt bei körperlicher Anstrengung sogar Harninkontinenz auf, denn die Schließmuskeln der Blase haben Mühe, dem erhöhten Druck standzuhalten.
    Beim Mann
    Die Prostata ist beim Mann das Organ, das weit unten und am tiefsten im Beckenraum liegt. Sie ist von zahlreichen Venen umgeben, in denen es bei einer ungünstigen Haltung zur Kongestion kommt. Es ist davon auszugehen, dass dies ein Faktor ist, der die Entwicklung einer benignen (gutartigen) Prostatahypertrophie fördert. Wir dürfen allerdings die hormonellen Faktoren nicht außer Acht lassen, die dieses Organ für Kongestion und Vergrößerung empfänglich machen.
    Hämorrhoiden
    Für Hämorrhoiden lassen sich zahlreiche Ursachen finden. Sie sind insbesondere auf eine schlechte Ernährung zurückzuführen, welche die Leber angreift. Vor allem Alkohol, Schokolade, Sahne und Käse tragen zur Bildung von Hämorrhoiden bei. Auch eine schlechte Haltung im Bereich der Lenden und des Beckens kann ihre Entstehung begünstigen. Bei starker Kyphose wird der Winkel am Übergang zwischen Sigmoid und Rektum immer steiler. Die Venen und das Lymphsystem werden komprimiert und können einen guten Abfluss nicht mehr gewährleisten. Durch die Erweiterung der Venen entstehen Hämorrhoiden.
    Die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule
    Unsere Körperhaltung hat einen großen Einfluss auf die Bandscheiben, insbesondere auf die der Lendenwirbelsäule. Dabei geht es vor allem um den Druck auf die Bandscheiben. Wenn Sie sich beispielsweise zu stark nach vorn oder nach hinten geneigt halten, konzentriert sich Ihr Körpergewicht auf nur einen kleinen Teil der Bandscheibe, anstatt einen gleichmäßigen Druck auf die gesamte Fläche zu erzeugen. Dieser kleine Teil der Bandscheibe wird allmählich gegen die Nervenwurzeln geschoben, was unerträgliche Schmerzen verursacht. Der Prozess erstreckt sich über Jahre, und der Bandscheibenvorfall selbst tritt dann häufig als Folge einer kleinen Anstrengung auf. Das macht den Patienten dann ratlos: »Ich habe doch gar nichts Besonderes gemacht«, höre ich in diesen Fällen häufig.

    Ist der Mensch für den aufrechten Gang geschaffen?
    Diese Frage kann man sich ernsthaft stellen, ohne dafür philosophische und religiöse Betrachtungen anstellen zu müssen. Die Gelenke und Organe unseres Körpers scheinen für eine vierbeinige Position mit durchgestreckten Beinen besser geeignet zu sein. Die Bedingungen einer menschlichen Schwangerschaft zeigen deutlich die Nachteile des aufrechten Gangs. Durch den aufrechten Gang der Mutter sackt das Baby mit zunehmender Größe immer tiefer in das Becken der Mutter hinein. Dies ist mit zwei bedeutenden Nachteilen verbunden: Sein Kopf wird im Becken »eingeklemmt« und komprimiert zudem Rektum und untere Hohlvene, die eine der größten Venen unseres Organismus ist. Die Kompression des Rektums ist