Die Sprache unserer Organe
selbstverständlich gut, sich aufrecht zu halten, und doch ist eine zu gerade Körperhaltung nicht natürlich. Wie wir bereits gesehen haben, ist dies die Haltung eines Menschen, der dominieren und den Raum anderer einnehmen möchte. In bestimmten Berufen lernen Menschen, eine solche Körperhaltung einzunehmen. Soldaten sind hierfür ein gutes Beispiel. Solch eine übertriebene Positur sieht man gelegentlich auch bei Personen, die damit gegen ihre Schüchternheit ankämpfen möchten. Eine extreme
Streckung des Rückens in Kombination mit einem nach vorn geschobenen Becken führt dazu, dass sich die Lendenwirbelsäule zu stark biegt und die Muskeln ständig etwas angespannt sind. Der Betroffene leidet an Lumbalgie, die sich im Tagesverlauf verstärkt und nachts nachlässt, wenn er gut schläft.
Die Kyphose und die Nieren
Unsere Nieren reichen tief im Inneren unseres Rumpfes an das Zwerchfell heran. Eine Niere filtert jeden Tag 1500 Liter Blut und entzieht ihm 1,5 Liter Urin. Allerdings schwankt die Menge an Harn, je nachdem, wie viel wir trinken, wie hoch die Außentemperatur ist und wie aktiv wir sind. Ein Rundrücken führt zu einer ständigen leichten Kompression von Nieren und Harnleitern. Damit verbunden sind alle Risiken eines gestörten Harnabflusses. Die Harnleiter kann man sich als lange Schläuche mit einer Länge von 25 bis 40 Zentimetern vorstellen. Sie verbinden die Nieren mit der Blase, und durch sie fließt der Harn ab. Bei einer Kyphose biegen sich diese Röhren, was einen Risikofaktor für Steinbildung (Lithiase) und Infektionen darstellt. Jede stehende Flüssigkeit im Körper ist schädlich. Man kann aber durch eine manuelle Behandlung erstaunliche Ergebnisse erzielen, indem man beispielsweise den Harnleiter durch Längszug streckt.
Das Problem der Kompression wird auf Röntgenbildern oder bei Ultraschalluntersuchungen nicht erkannt. Die Aufnahmen und Untersuchungen erfolgen vor allem im Liegen, sehr selten im Stehen und nie im Sitzen, sodass die Biegungen auf den Bildern nicht sichtbar werden.
Die Kyphose und der Blutkreislauf
Was für Nieren und Harnleiter gilt, trifft auch auf unsere großen arteriellen, venösen und lymphatischen Gefäßstämme zu. Eine Kyphose beeinflusst zum Beispiel die Aorta, wodurch der Blutdruck steigen und das Herz ermüden kann. Dabei handelt es sich um ein Phänomen der Strömungsmechanik: Tritt in einem
geschlossenen durchströmten Gefäß ein Hindernis auf, wodurch sich der Durchmesser des Gefäßes verringert, muss der Druck steigen, damit die Strömung in gleicher Geschwindigkeit aufrecht erhalten wird. Bei einer Kompression der unteren Hohlvene weiten sich unter dem dann entstehenden Druck die anderen Venen in den Beinen und im Becken und lassen Krampfadern und venöse Gefäßerweiterungen entstehen.
Das Lymphsystem scheint davon weniger betroffen zu sein. Hier ist die Diagnose jedoch schwierig, da dieser Mikrokreislauf weder manuell noch optisch wahrnehmbar ist. Wenn Beine und Füße geschwollen sind, weiß man, dass dieser Kreislauf gestört ist. Solche Ödeme können auch auf ein schwaches Herz hinweisen. Das nimmt nur wenig Flüssigkeit auf, da es sie nur mit Mühe weitertransportieren kann.
Die Kyphose und der Magenreflux
Bei einem Rundrücken befindet sich der Hiatus, also die Öffnung, die eine Verbindung zwischen Speiseröhre und Magen herstellt, in einer schlechten Position. Dies begünstigt den Reflux. Denn die kleinen Klappen, die verhindern, dass die Magensäure in der Speiseröhre nach oben steigt, können nicht mehr effizient arbeiten.
Astrid führt ein kräftezehrendes Leben. Familie und Arbeit überlasten sie. Sie sagt mir: »Ich lasse die Arme sinken und beuge mich immer mehr.« Sie leidet unter Sodbrennen, einem Schmerz in der Speiseröhre, der sich tatsächlich anfühlt, als brenne der Brustkorb. Als Therapeut hilft man dem Organismus, sich zu verteidigen. Man kann jedoch nicht die Lebensweise des Patienten verändern. Ich gebe ihr einige grundsätzliche Empfehlungen: »Richten Sie sich auf, und bringen Sie Ihrem Körper bei, den Dingen zu trotzen. Sie werden sehen, dass sich das Sodbrennen dann bessern wird.« Es ist merkwürdig, wie viel eine Botschaft manchmal ändern kann. Astrid hat sich klargemacht, dass ihre Körperhaltung nicht nur den Reflux förderte, sondern auch den Missmut, der von ihr Besitz ergriffen hatte.
»Ich habe mich dazu gezwungen, mich aufzurichten und nach vorn zu blicken. Das hat natürlich meinem Magen gut getan,
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