Die Spur des Blutes (German Edition)
nachgeben und es offen eingestehen würde.
24
20:31 Uhr
Jess tigerte im Zimmer auf und ab. Es war ihr unmöglich, still zu sitzen. Man hatte Dan weggebracht, um ein MRT zu machen, nur um sicherzugehen, dass bei den anderen Tests nichts übersehen worden war. Sie hatte geduscht und eine OP-Uniform angezogen, die ihr eine der Krankenschwestern in der Notaufnahme freundlicherweise besorgt hatte. Mit einem Anruf bei ihrer Schwester hatte sie sich vergewissert, dass alle immer noch in Sicherheit waren und den Ausflug genossen. Die Kinder hatten so viel Spaß, dass sie beschlossen hatten, noch das Wochenende in Pensacola zu bleiben.
Der Mann, der Lori und Howard entführt und Agent Miller ermordet hatte, war tot. Soweit sie feststellen konnten, war Matthew Reed verantwortlich für alles, was hier stattgefunden hatte. Außer für Dans Stichwunde. Wenn das Blut an der Klinge Dans war und sie feststellten, dass Spears’ Fingerabdrücke mit denen an dem Messergriff übereinstimmten, würden sie endlich Beweise haben, die ihn in Verbindung mit einem Verbrechen brachten. Vielleicht versuchter Mord. Das war natürlich sehr viel weniger, als er verdiente, aber es war besser als nichts.
Die gute Nachricht war, rief Jess sich in Erinnerung, dass Dans Verletzungen nicht annähernd so schlimm waren, wie sie hätten sein können. Die Klinge hatte nichts Lebenswichtiges getroffen. Durch ein CT waren Frakturen an der Wirbelsäule oder ein anderer permanenter Schaden praktisch ausgeschlossen worden – es sei denn, mit dem MRT wurde jetzt noch etwas entdeckt. Er würde eine Weile höllischen Wundschmerz haben, aber er wurde wieder gesund. Der Arzt bestand darauf, ihn über Nacht dazubehalten, für den Fall, dass Schwellungen oder andere unerwartete Komplikationen auftraten. Auch Lori behielten sie über Nacht hier. Jess und Chet hatten vor ein paar Stunden Bäumchen-wechsel-dich gespielt. Er hatte ein paar Minuten bei Dan verbracht, während sie Lori einen Besuch abstattete.
Wann immer Jess die Augen schloss, sah sie Dan in der Luft baumeln – in diesen wenigen Sekunden, bevor sie den Tisch unter ihn gebracht hatte.
Sie schüttelte die quälende Erinnerung ab. Es ging ihm gut jetzt. Es ging ihnen allen gut.
Doch Eric Spears war davongekommen.
Wut stieg in ihr hoch bei der Vorstellung, dass er noch irgendwo da draußen war statt in der Hölle, wo er hingehörte.
Gant hatte angerufen, während sie und Dan auf dem Weg in die Notaufnahme gewesen waren. Spears’ Cessna war um zwei Uhr nachmittags vom Montgomery Regional Airport gestartet. Das FBI hatte jeden Flughafen des Landes alarmiert. Laut offiziellem Flugplan war das Ziel Richmond, und es gab nur einen Passagier, Eric Spears. Vier Stunden später war jeder Kontakt mit dem Piloten abgerissen, und es hatte keine Meldung von einem Absturz oder einer Landung gegeben.
Aber das Flugzeug musste ja irgendwann herunterkommen.
Jess blieb vor dem Fenster stehen und lehnte sich gegen den Rahmen. Sie starrte hinaus, zum dunklen Himmel hoch. Vor einer Woche war sie wie ein begossener Pudel hierher zurückgekommen, und ihre Karriere war dabei gewesen, den Bach runterzugehen. Jetzt, nach der Folter von drei Geiseln und einem abscheulichen Mord, hatte das FBI endlich die notwendigen Beweise, um die Untersuchung der Dienstaufsicht gegen sie einzustellen. Nur zu gern wäre sie einfach bloß wütend darüber, dass dies alles dazu nötig gewesen war. Doch die Wahrheit sah so aus, dass Spears kein gewöhnlicher Krimineller war. Er war hochgradig clever und ein ungemein bösartiger Narzisst, dem auch noch endlose finanzielle Ressourcen zur Verfügung standen. Er tat dies schon seit langer Zeit. Sehr viel länger, vermutete Jess, als sie alle wussten. Er führte jeden Schritt sorgfältig durch und hatte möglicherweise etliche Partner wie Matthew Reed, die bereit waren, wenn nötig für ihn zu sterben, um ihn zu schützen.
Doch trotz allem war Spears nicht ganz so brillant gewesen, wie er gedacht hatte. Sonst wäre er nicht das Risiko eingegangen, sich hier zu zeigen, wenn auch nur, um seinem Protegé Mut zuzusprechen. Als sie sich daran erinnerte, wie er sie beobachtet hatte, und an diese eine Berührung während der Befragung letzten Monat, schauderte sie vor Abscheu. Es gab nichts, was sie gegen seine kranke Obsession tun konnte. Er war fort, und wenn er nur halb so clever war, wie sie annahm, würde er nicht zurückkommen.
Von jetzt an war er das Problem des FBI. Er hatte weitreichende
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