Die Spur des Blutes (German Edition)
stehende Gebäude … in vielen war sie schon gewesen, aber in diesem hier nicht. Von ihrem Platz aus in der Mitte der großen offenen Halle konnte sie eine Tür sehen. Vielleicht ein Ausgang. Vielleicht auch nur ein Büro oder eine Toilette.
Alles, was sie brauchte, war eine Gelegenheit, zu dieser Tür zu gelangen … vorausgesetzt, es war keine Sackgasse.
Wie ein alter Filmstreifen spulten sich in ihrem Kopf Bilder davon ab, was dieses Monster seinen anderen Opfern, allesamt Frauen, angetan hatte. Hoffnungslosigkeit nagte an ihrem Mut.
Spears packte den einzigen anderen Stuhl in der Halle und zog ihn hinter sich her bis zu der Stelle, wo sie saß – an Handgelenken, Knöcheln und Taille mit reißfestem Klebeband an einen schweren Metallstuhl gefesselt. Er schob seinen Stuhl dicht an sie heran und setzte sich breitbeinig hin, sodass seine Knie neben ihren waren. Sie presste die Beine fester aneinander, wollte nicht, dass er irgendetwas von ihr berührte. Wollte nicht einmal seinen Geruch einatmen.
So wie sein dezentes Aftershave zeugte auch seine Kleidung von unaufdringlicher Eleganz. Die dunkelblaue Anzugjacke kam nicht von der Stange, so etwas gab es nicht in Läden, wo die Männer einkauften, die sie kannte. Das weiße Hemd war frisch und blütenrein, als hätte er es eben erst aus der Reinigung abgeholt. Die Jeans saßen wie maßgeschneidert. Die perfekte Verpackung für seine klassisch attraktive Gestalt mit dem blonden Haar und den blauen Augen.
Wenn du wissen willst, wie das Böse aussieht, schau in den Spiegel.
Jess Harris hatte absolut recht damit. Eric Spears alias der Spieler sah ganz und gar nicht aus wie der perverse Mörder, der er, wie Lori wusste, war. Warum machte er sich die Mühe, Frauen zu entführen, wo er sie doch mit diesem umwerfenden Lächeln, dieser tiefen, weichen Stimme ganz einfach in seine Höhle locken konnte?
Die Jagd. Das war es, was ihn reizte … was seine abscheulichen Begierden anfachte.
Lori wünschte, sie wüsste nur die Hälfte von dem, was Jess über ihn wusste. Dann könnte sie vielleicht mehr tun als nur ein verdammtes Opfer sein.
Sie erinnerte sich noch sehr gut, wie sie, noch bevor sie Jess kennenlernte, in den Nachrichten gehört hatte, dass nicht ein einziges Opfer des Spielers ihm jemals lebend entkommen war.
Ihre Brust tat weh. Sie wollte nicht sterben. Ihre Schwester brauchte sie. Ihre Mutter brauchte sie. Sie tröstete sich mit dem Gedanken, dass sie vermutlich in Sicherheit waren. Sobald Chief Burnett und Jess entdeckten, dass sie vermisst wurde, würden sie alle Hebel in Bewegung setzen, um ihre Familie zu schützen.
Und Chet Harper. Lori dachte an den Detective, den Mann, der so viel mehr von ihr wollte, als sie ihm bisher gegeben hatte. Hätte sie ihn wohl auch dann so hartnäckig abgewiesen, wenn sie gewusst hätte, was ihr bevorstand?
Spears gab ihr einen Stups unters Kinn, damit sie ihn ansah.
»Lassen Sie uns eines klarstellen, Detective. Egal, wie sehr Sie mich auch in Versuchung führen mögen, hier geht es nicht um Sie«, erklärte er ihr in dem ruhigen, abgeklärt wirkenden Ton, den jede seiner Taten Lügen strafte. »All Ihre harte Arbeit, um den angesehenen Rang des Detectives früher zu erreichen als die meisten Ihrer Generation, bedeutet mir nichts.« Er zupfte an einer Locke ihres Haars, drehte sie zwischen den Fingern. »Dass Sie äußerst attraktiv sind, bedeutet mir gar nichts.«
Mit klopfendem Herzen wartete Lori darauf, dass er aussprach, was er von ihr wollte – abgesehen von ihrem Leben.
»Ich habe Sie hierhergebracht, damit Jess mir ihre Aufmerksamkeit schenkt«, flüsterte er und lehnte sich so weit vor, dass er Nase an Nase mit ihr war. »Glauben Sie, dass ich ihre Aufmerksamkeit nun bekomme?«
Angst strapazierte ihre Selbstbeherrschung, drohte übermächtig zu werden, doch Lori zeigte keinerlei Regung. Sie würde sich nicht von ihm benutzen lassen, um Jess zu treffen. Auf keinen Fall.
Ich bin vielleicht ein Opfer, aber ich werde mich nicht als Werkzeug hergeben, damit er an Jess herankommt.
»Sie hat mir alles über Sie erzählt.« Lori zwang sich zu lächeln, neigte den Kopf und musterte sein Gesicht, so, wie er ihres studiert hatte. »Was ist passiert? Hat Mommy Sie nicht beschützt, wenn Daddy Sie ihr vorgezogen hat? Ist das der Grund, warum Sie Frauen so sehr hassen?«
Seine Hand fuhr an ihre Kehle; starke Finger drückten zu, schnitten ihr die Luft ab. »Spielen Sie nicht mit mir, Detective. Es gibt Dinge, die
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